Kein schöner Land – zweiter Anlauf für die Goldene Stunde (Challenge 2019/24)

So leicht gebe ich es nicht auf, lasse es nicht gut sein. Nachdem der erste Versuch, auch dieses Jahr wenigstens einmal während der Goldenen Stunde im Weiher zu sein, gescheitert ist, wage ich es einige Tage später noch einmal. Dieses Mal sollte alles passen – ein nahezu wolkenloser Spätsommer- oder Frühherbsttag ist es, als ich mich abends zum Schwimmen ins Wasser begebe. Eigentlich optimale Voraussetzungen.

Und doch funktioniert es nicht.
Wieder nicht.
Zwei Faktoren habe ich nicht bedacht. Das Wasser ist viel kälter als angenommen, ich bin zu früh drin um bis zu dem Moment auszuharren, in dem die Sonne alles gülden einfärbt. Also friert es mich, noch ehe die Sonne tief genug am Himmel steht. Und zwar so gewaltig, dass mir die Lust am Weiterschwimmen ebenso verloren geht wie die Lust, einfach nur zu baden, mich etwas treiben zu lassen und darauf zu warten, dass langsam alles nach und nach die Farbe wechselt. Der lange Neo hätte vielleicht geholfen, aber nun ist es zu spät. Neo und Sommer-Feeling passen irgendwie auch nicht recht zusammen. Auf eine Unterkühlung habe ich keine Lust, auf eine Erkältung schon gar nicht. Etwas wehmütig sinniere ich darüber, dass das vielleicht der letzte Freiwasserbesuch des Jahres ohne Neoprenanzug gewesen sein könnte.

Abenstille überall - auch über dem Weiher

Am Kiesstrand vor dem Kronthaler Werk haben Angler zahlreiche Ruten ausgestreckt. Genau dort, wo mich mein geplantes Dreieck, das genau einen Kilometer Strecke ausmacht, vorbei führt. Mit Rufen warnen sie mich, ich solle besser woanders schwimmen, wolle ich nicht plötzlich am Haken hängen. Das ist nett und rücksichtsvoll, in ändere die Strecke und damit meinen ganzen „Wegplan“, dessen, was ich heute schwimmen will. Natürlich weiß ich jetzt nicht mehr, auf welche Distanz ich komme, aber das ist an solchen Tagen auch egal.

Ein Haubentaucher zieht seine Bahn vor dem Sonnenuntergang

Ich passiere ein Ruderboot, auch hie warnen mich die beiden Angler vor ihren Schnüren und Haken. „Danke“, rufe ich und ändere meine Schwimmrichtung.
An diesem Abend gehört der Weiher zu später Stunde ihnen.
Als mir wieder einmal viel zu früh kalt wird, heißt es: Raus aus dem Wasser, abtrocknen, anziehen und die Goldene Stunde erneut vom Ufer aus genießen. Ich wäre ohnehin der Letzte gewesen, der sich noch schwimmend im Weiher befindet. Nein; nicht ganz!

Der Herr Haubentaucher und seine Familie sind auch noch unterwegs.. Der Vogelvater kreuzt im Licht der untergehenden Sonne unaufhörlich hin und her, ebenfalls auf Fischfang wie die Angler. Nur, dass seine Bemühungen erfolgreicher sind, aber er ist ja auch nicht auf die dicken Fische aus. Immer wieder nähert er sich mit Beute im Schnabel den Jungvögeln, die in der Nähe ihrer Mutter geblieben sind. Es ist einfach wunderbar, dem Treiben zuzusehen, während die Sonne immer tiefer sinkt.
Ein knappes Dutzend Menschen am Ostufer lassen sich von diesem Moment gefangen nehmen, sitzen, staunen. Oder fotografieren. Das machen sie immer. Wieder und wieder. So wie ich auch.
Wo vorher noch eifriges Geplauder herrschte, wird es zunehmend stiller. und stiller. Fast jeder spürt wohl, dass in solchen Momenten Gespräche nur noch stören. Und schließlich wird es für ein paar Minuten golden – rotgolden.

Und dann wird es golden. Rotgolden

Von Ferne wehen Stimmen und ein wenig Musik in Fetzen heran, auf der großen Liegewiese im Süden wird sicher noch gegrillt, Party gemacht und Schischa geraucht. Dort hält man es nicht so mit abendlicher, die Seele Gemüt streichelnder Sonnenuntergangsromantik. An dem kleinen Badeplatz im Nordosten des Weihers allerdings schon. Hier wäre, wenn schon Musik, „Kein schöner Land“, „Abendstille überall“, „Gute Nacht, Freunde“ oder „Nehmt Abschied Brüder“ geeignetes Lagerfeuer-Liedgut, um Stimmungsbild und Gemütslage einigermaßen wiederzugeben.

Fast versunken - die Sonne. Goldene Stunde am Weiher

Unmerklich und doch unübersehbar ist der Übergang von der Goldenen zur Blauen Stunde erreicht. Und was ist besser geeignet, als das fotografisch mit dem Baum festzuhalten, den ich schon hunderte Male fotografiert habe?

Goldene Stunde - mein Lieblingsbaum

Leise klatschen ein paar kleine Wellen ans Ufer, die das Boot der Wasserwacht hervorgerufen hat. Die Wasserwachtler nämlich drehen, als der Weiher menschenleer ist, mit ihrem Rettungsboot ein paar schnelle Runden. So nutzt eben jeder den Abend auf seine Weise.

Und dann ist dieser magische Moment vorbei. Wieder einmal.

„Kein schöner Land in dieser Zeit,
als hier das unsre weit und breit,
wo wir uns finden
wohl unter Linden
zur Abendzeit.“

“ Geht summend ab.


Noch zu erledigen:

  • Und außerdem: Jahressoll 480 km / Ranking aktualisieren / Badehosen ausmisten / Vollmond-Schwimmen / Herbstlaubschwimmen

Erledigt:


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