Zypern im November (#02): Das Wrack, der Fels und das Meer

Es ist, so lese ich und das wundert mich nicht, mittlerweile eine Touristenattraktion und ein beliebtes Fotomotiv: Das Wrack der Edro III. Im Dezember 2011 havarierte das mit Gipskartonplatten beladene Schiff bei schwerer See kurz nachdem es den Hafen von Limassol verlassen hatte und trieb manövrierunfühig zurück an die zyprische Küste.

Seitdem liegt es dort, ist „ausgeweidet“ und zumindest von allen Schadstoffen an Bord befreit. So rostet es vor sich hin – Zukunft unbekannt, erledigen durch liegenlassen?
Denn letztlich geht es wie üblich um die eine Frage: Wer kommt für die Beseitungskosten auf? Zypern will nicht, der Reeder kann nicht und die russische Versicherung sperrt sich.
Das alles steht im Wiki-Artikel, muss hier nicht wiederholt werden, aber Bilder vom Wrack möchte ich zeigen. Denn das mit der Touristenattraktion stimmt, und das mit dem beliebten Fotomotiv ebenfalls.
Schon von der gewundenen Straße, die uns vom Norden der Insel hinunter auf Pegeia führt, haben wir nicht nur einen atemberaubenden Blick über die Küste und das Meer, wir sehen auch das Wrack. Das weckt Neugier: Da will ich hin. Schauen und viel fotografieren.

Wrack der Edro III

Google Maps zeigt uns nicht nur den Weg, ich sehe auch viele Fotos von der Edro III: Von nah und fern, Bilder von Drohnen aufgenommen, Bilder in extremer Verzerrung und so manchen Schnappschuss, den zu veröffentlichen mir angesichts dessen, was schon online ist, eher peinlich wäre.
Es gibt auch Fotos mit Menschen an Bord und ich lese, dass sommers vor allem junge Burschen und gestandene Mannsbilder die kurze Distanz hinüberschwimmen, an ins Wasser hängenden Tauen die Bordwand erklimmen, um sich dort umzusehen und social-medial zu präsentieren.

Wrack der Edro III
Wie gut, dass November ist, da muss ich das nicht tun. Wie gut, dass ich zu alt für so einen Scheiß bin. Und davon mal ganz abgesehen: Selbst in jungen Jahren wäre das Hochklettern am Seil für mich vollkommen unmöglich. Das konnte ich noch nie, auch nicht beim Schulturnen, bei dem die, die das nicht zu Stande brachten, ungeschützt dem Hohn von den Sportcracks der Klasse ebenso ausgesetzt waren wie dem abschätzigen Blick des Lehrers, der irgendetwas in sein Notenbüchlein notierte. „Mangelhaft“ vermutlich. Heute bin ich froh, dass mir das mittlerweile sch…egal ist. Ist aber eine andere Story.

Wrack der Edro III

Das Wrack, so lese ich, ist dermaßen beliebt als Kulisse für Fotos, dass sogar Menschen auf dem Felsplateau in direkter Nachbarschaft dort heiraten. Nun ja: Man kann sich fragen, was das aussagen soll, wenn ein Brautpaar vor der Kulisse eines Schiffswracks steht. Der Hafen der Ehe wird in meinen Vorstellungen irgendwie anders symbolisiert. Aber jeder, wie er will!

Wrack der Edro III

Ich beschränke mich auf zig Fotos, bloß keine Selfies, nur das Wrack, nur die Gegend.
Also ist nichts für Instagram dabei, aber da bin ich sowieso nicht, viel fürs Blog und für Spontanposts auf Mastodon, Twitter und Facebook. Dazu kommt eine kleine Fotoorgie, bei der ich die vom Meer in den Kalkstein gespülten Höhlen und die Brandung, wie sie sich über den Felsen bricht, ins Visier nehme.

Eines meiner „Standardmotive“, ich  probiere es wieder und wieder – wann und wo immer ich am Meer bin. Felsen, die spritzende, schäumende Gischt, der unermüdliche, Jahrtausende dauernde Kampf des Felsens und des Meeres, ein Kampf, in dem der Fels das Meer zerreißt und den am Ende der Stein trotzdem verliert: Denn das stete Wasser höhlt den Stein. Und irgendwann bricht es ihn.

Beim Weg über den Felsen sehe ich einen kleinen Hardun, nicht der erste in diesem Urlaub, aber doch der erste, den ich vor die Kamera bekomme. Es gibt auf Zypern viele dieser Agamen. Die meisten sind allerdings so scheu, dass sie Reißaus nehmen, sobald sie bemerken, dass sie wahrgenommen werden.


Mit diesem Abstecher nach Pegeia auf dem Weg nach Pafos sind gleich zwei meiner geheimen Vorhaben in diesem Urlaub erledigt: Reptilien sehen und fotografieren sowie besonders interessante, fotogene Orte zu entdecken, die etwas mehr oder zumindest etwas Anderes zeigen als die übliche Strandidylle oder die klassischen Touristenattraktionen.

Wrack der Edro III

Obwohl… Nun ja.
Das Wrack, es ist nicht das einzige an Zyperns Küste, aber das Einzige, das wir angesteuert haben.
Also doch eine Touristenattraktion.
Irgendwie.

 


Zypern im November – alle veröffentlichten Teile:

Ankündigung
Teil 01: Im Tal der Zedern
Teil 02: Das Wrack, das Fels, das Meer
Teil 03: Ein Lost Place der lost Souls
Teil 04: Die Drachenhöhle
Teil 05: Die Akavas Schlucht
Teil 06: Von Flamingos, Mohammeds Tante und doofen Leuten
Teil 07: Auf dem Aphrodite Trail
Teil 08: Paphos, die Kulturhauptstadt Europas 2017
Teil 09: Das Kykkos-Kloster
Teil 10: Polis

Und als Special ein Beitrag in einem anderen Blog:
Ein kleiner Friedhof, wie es hunderte gibt… im Totenhemd-Blog


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1 Antwort

  1. manni sagt:

    Wow tolle Aufnahmen von dem Wrack und der Brandung ! Super

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