Zypern im November (09): Das Kykkos-Kloster

Es ist der einzige Regentag unseres Urlaubs, für November auch im östlichen Mittelmeer nicht ungewöhnlich und vor allem dringend ersehnt, wie uns Zyprer erzählt haben. Auch wenn im Inselinneren alles grün ist, müssen die vielen Trinkwasserspeicher, die Talsperren dringend aufgefüllt werden. Zeit für das Kykkos-Kloster.

Zwar hat sich am Meer der Regen bereits verzogen, der Sonnenaufgang lockt uns noch in der Dämmerung an den Strand, das frühe Aufstehen hat sich gelohnt.

Wir nutzen den Tag, um auf engen, kurvigen oft mit Steinen und kleineren Felsbrocken übersähten Straßen hinauf ins Gebirge zu fahren. Beruhigenderweise ist im Gegensatz zu den Orten am Meer im Gebirge kaum bis gar kein Verkehr. Manch Ladung ist nämlich eher abenteuerlich gesichert, manch Fahrzeug möchte man auf solchen Straßen nicht unbedingt vor sich haben:

Kaum aber haben wir die letzten Orte hinter uns gelassen sind wir allein, das lässt ein entspanntes Fahrtempo zu.

Das Kykkos-Kloster ist unser Ziel, eine beeindruckende Klosteranlage mit einer griechisch-orthodoxen Kirche und einem Klostermuseum, das uns einiges über Land, Leute und vor allem ihren Glauben erzählen kann.

Schon die Fahrt ist ein Erlebnis, es geht durch ein überwiegend mit Kiefern, Stileichen und einigen Zedern zerklüftetes Gebirge. Immer wieder gibt es Aussichtstellen und Wanderparkplätze, einen solchen werden wir auf der Rückfahrt auch ansteuern und uns ins Tal der Zedern begeben.
Jetzt aber heißt es zunächst, das abgelegene Kloster zu besichtigen.

Es besticht durch seinen Reichtum und vor allem durch viele Moasiken, die überall auf den Fluren der Laubengänge die Wände zieren. Alt sind sie nicht, sie stammen aus den 90er Jahren, kunsthistorisch vermutlich noch nicht von allergrößter Bedeutung, aber das kann ja noch kommen – und die Schätze aus hellenistischer, griechischer Antike und aus dem Mittelalter lagern ohnehin im Museum, in dem Fotografieren leider streng verboten ist.
Portal vom Kykkos-Kloster

Etwas abseits vom Kloster prasselt der Regen auf einen Parkplatz nieder, der Großteil der Souvenirbuden ist verrammelt, es ist die novembrige Trostlosigkeit, die Talsohle der Touristik, die auch hier spürbar ist.

Übertroffen wird das nur noch durch ein Restaurant mit Aussichtsplateau, das ganz offensichtlich auf Busgruppen und -touristen ausgerichtet ist. Nur, dass eben um diese Jahreszeit sich kaum Busse samt Tagesausflügerlern sehen lassen.  Und die paar Mietwagentoruis (so wie wir) verlieren sich in dieser Gastrohalle, deren Charme ein wenig an Autobahnraststätten der 70er erinnert.

Aber wir sind ja hier wegen des Klosters und nicht wegen der Souvenirläden oder Touri-Abspeisung, letztere nutzen wir nur für den Verzehr eines coffeinhaltigen Heißgetränks und einen kurzen Blick in die Landschaft.

Die Klosteranlage:

Leider ist auch das Fotografieren in der orthodoxen Kirche verboten, ein wohlplatzierter Mönch achtet auf die Einhaltung. Das ist zwar schade, aber zu akzeptieren, denn es ist eben in erster Linie ein Sakralbau, der auch fortwährend als solcher genutzt wird. Neben Einzel- und Gruppentouristen samt Führung finden sich auch immer wieder ein paar Menschen zum Beten hier ein.
Ich kann mich nicht auf der einen Seite über die Respektlosigkeit von Besuchern gegenüber Sakralbauten monieren und dann selbst heimlich aus der Hüfte heraus dort herumfotografieren. Das geht irgendwie nicht zusammen, so sehr es mich auch reizt.

Da mag wildes, hemmungs- und vor allem rücksichtsloses Fotografieren störend und aufdringlich sein, Diskretion beim Fotografieren ist nun mal nicht jedem gegeben und wegen eines vermeintlich guten Fotos, Winkels, Motivs, Selfies… ist schon mancher kreuz und quer durch Kirchen und die Altarstufen hinauf gestapft.

Als der Regen zunimmt, ziehen wir uns ins Museum zurück und das erste Mal bin ich  auf der Insel froh, als mir warme Heizungsluft entgegenströmt.

Abgesehen, dass es wie erwähnt auch hier zu fotografieren verboten ist, wäre es auch ein Ding der Unmöglichkeit. In Vitrinen zu fotografieren ohne Lichtreflexionen des Glases mit im Bild zu haben, ist eine echte Herausforderung und geht eben nicht unbemerkt en passant. Ein ausgeklügeltes Videoüberwachungssystem sorgt für das Gefühl peramnenter Beobachtung (wenn auch aus anderen Gründen), die Monitore stehen im Kassenraum, also höchst wahrscheinlich würde es auffallen, da kann ich die Kamera auch gleich im Rucksack lassen. Schade.

 

Die Mosakien:

Es gibt kaum einen Winkel in den offenen Gängen der Klosteranlage, kaum eine Wand, die nicht ein prächtiges Mosaik mit biblischen Motiven ziert. Hier kann ich mich endlich austoben.

Manch Bild ist selbsterklärend bzw. mit einigem Grundwissen biblischer Geschichten erkennbar, vom brennenden Dornbusch zum Beispiel haben die meisten wohl schon mal irgendwas gehört:

Mosaik im Kykkos-Kloster

Bei anderen Bildern braucht es ein wenig und dann erweist es sich  als hilfreich, die Reste altgriechischer Sprachkenntnisse zusammenzukratzen, um die Inschriften entziffern zu können.  Damit offenbart sich dieser beeindruckende Engel als Gabriel.

Mosaik im Kykkos-Kloster

Noch hilfreicher aber wäre es, nicht nur die Schrift zu entziffern sondern sich  auch an die Bedeutung der Wörter zu erinnern, zumindest der Schlüsselbegriffe. Fast schon peinlich ist es, dass es etwas dauert, das Wort παραβολή als „Parabolä“ nicht nur lesen zu können, sondern mich zu erinnern, dass das das altgriechische Wort für „Gleichnis“ ist. Das sind dann die Momente, in denen es einem quasi wie Schuppen von den Augen fällt.

Mosaik im Kykkos-Kloster

Aber hallo?
Es ist auch schon über dreißig Jahre her, dass ich mich damit beschäftigt habe – und ganz sicher weniger aus Leidenschaft denn aus Notwendigkeiten.

Mosaik im Kykkos-Kloster

 

Na, dann hat sich der ganze Aufwand für das Graecum am Ende doch noch gelohnt – und wenn nur für die Mosaiken im Kykkos-Kloster…

 


Zypern im November – alle veröffentlichten Teile:

Ankündigung
Teil 01: Im Tal der Zedern
Teil 02: Das Wrack, das Fels, das Meer
Teil 03: Ein Lost Place der lost Souls
Teil 04: Die Drachenhöhle
Teil 05: Die Akavas Schlucht
Teil 06: Von Flamingos, Mohammeds Tante und doofen Leuten
Teil 07: Auf dem Aphrodite Trail
Teil 08: Paphos, die Kulturhauptstadt Europas 2017
Teil 09: Das Kykkos-Kloster
Teil 10: Polis

Und als Special ein Beitrag in einem anderen Blog:
Ein kleiner Friedhof, wie es hunderte gibt… im Totenhemd-Blog


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