Zypern im November (#07): Auf dem Aphrodite Trail

Aphrodite Trail – das klingt doch fast verführerisch. Aber die griechische Göttin der Liebe war nur Namensgeberin dieses Rundwanderwegs. Selbst ist sie ihn wohl nicht abgeschritten – zumindest nicht in güldenen Sandaletten, so sie denn solche trug, so es sie überhaupt je gegeben hat.
Macht aber nichts. Einfach alles, was mit Zypern zu tun hat, ist mit Aphrodite verbandelt, Felsen, Bier, Restaurants, Grotten, Pfade, Straßen, Strände. Und wenn nicht mit ihr, dann mit Adonis.


Denn die Mythologie will, dass die beiden Schönheiten sich dereinst auf Zypern über den Weg gelaufen sind, ineinander verlieb haben und damit nahm das Drama seinen Anfang.

So wundert es nicht, dass heute ein kleines, feigenüberwachsenes Bassin am Rande des Akamas Nationalparks, eines ausgedehnten Naturschutzgebiets ganz im Norwesten der Insel, Aphrodites Bad heißt.


Ein schöner botanischer Garten schließt sich dem an und dahinter die Akamas-Halbinsel, die Sperrzone für touristische Erschließung in Form neuer und Ressorts wie auch für den ganz normalen Autoverkehr.
Ab Parkplatz geht nichts mehr – es sei denn per pedes, Rad oder als Insasse einer dieser Jeep-Safaris.
Aphrodites Trail ist nicht nur die dringende Empfehlung der oft und gern verwendeten App von Outdooractive.com. Auch an der Rezeption des Hotels empfiehlt man uns diese Wanderung. Knapp 8 Kilometer, knapp 3 Stunden (je nach Schritttempo und Fülle der Fotos), hinauf auf den Moutti tis Sotiras, einen nicht ganz 400 Meter hohen Berg, der eine phantastische Aussicht bietet und dann in Serpentinen auf engem Pfad wieder herab.

Wie gesagt: Aphrodites höchst persönlicher Wanderweg ist das wohl eher weniger.
Der Anstieg gestaltet sich bisweilen wunderschön, es geht über diverse Ebenen, bei denen man das Gefühl hat, auf Zypern sei der Frühling bereits im November angebrochen. Der Gewitterregen der Nacht verwandelt den lehmigen Boden allerdings bisweilen in einen Matschpfad, faustdicke Klumpen kleben an den Schuhen. Na und? Dann ist das eben so.

Frisches Grün, Tulpen spitzen überall aus dem Boden, es blüht, die Kiefern tragen neue, weiche und noch sehr helle Nadeln, es fällt schwer, auf dieser Insel mit unseren Parametern und den Erfahrungen aus dem eher nördlich und westlicher gelegenen Mittelmeerregionen die Jahreszeiten immer einzuordnen. Denn es ist natürlich Herbst, aber die Sommerhitze ist vorbei – eine Hitze, die mit großem Niederschlagsmangel einher ging – wie überall in Europa. Ein Zyprer erzählt, wie dringend man auf der Insel auf Regen wartet, im Südteil vermutlich sogar noch mehr.

Der Pfad der Aphrodite wechselt in ein schnurgerade bergauf verlaufendes trockenes Bachbett. Vom Regen der letzten Nacht ist hier gar nichts mehr zu sehen oder zu spüren. Es ist warm, aber nicht allzu heiß, vom Meer weht nur noch ein laues Lüftlein herauf.  Einmal mehr bewundern wir, dass der Weg bestens ausgeschildert ist, wie auch der Adonis Trail, der am Anfang identisch ist.

Es gibt Hinweisschilder, Wegweiser und es gibt reichlich Bänke zum Verschnaufen. Die Zyprer sind sich der Attraktivität dieses Wandergebiets am Rand der Halbinsel durchaus bewusst und tun ganz offensichtlich viel dafür. Und die Urlauber danken es – auch im November ist (wie üblich entgegen der Fotos) relativ viel Volk unterwegs.

Nach etwa zwei Drittel des Aufstiegs führt der Weg aus dem Bachbett wieder heraus. Von so manchem Wanderer, der im Affentempo hier hoch hechtet, wird diese Abzweigung übersehen. Es ist zwar nur ein „Schlenker“, der uns wieder auf den eigentlichen Weg zurückführen wird, aber der lohnt sich. Er führt uns auf eine parkähnliche Lichtung mit einer Quelle und einer riesigen und uralten Stieleiche führt. Was ein Baum.
Niedrig, gedrungen, aber mit einem meterdicken Stamm.

Was sind wir selbst doch für Winzlinge? Und wie schön ist es, dass dieser Baum und einige seiner Artgenossen daneben nicht dem hemmungslosen Roden für Schiff-, Haus- und Festungsbau zum Opfer gefallen ist.
Nahe der Eiche befinden sich die Ruinen eines alten Klosters, viel ist hier nicht mehr zu sehen.

Oder doch?

Oben auf dem Moutti tis Sotiras angekommen liegt wie hingeklebt eine Troodos-Eidechse auf einem Stein. Erst als ich mich ihr ungebührlich nähere, sucht sie ihr Heil in der Flucht. Vermutlich sind die Tiere auch ganz froh, wenn zur Abwechlsung mal eine halbe Stunde kein fotografierwütiger Wanderer wie ich vorbeiläuft, stehen bleibt und das Objektiv auf sie richtet. Aus Echsensicht ist das vermutlich eher unentspannt.

Das Reptil bildet nur den Auftakt einer Fotoorgie als wir ganz oben angekommen sind. Weit geht der Blick übers Meer.

Und weit die gesamte Halbinsel, damit auch den ganzen Nationalpark. Es ist kaum zum Aushalten, kaum zum Sich-satt-sehen. Der Reiseführer hatte Recht, die Hotelbesitzerin auch und Aphrodite sowieso. Es ist einfach göttlich.

Erst als es oben voller und voller wird, deutlich mehr Menschen erscheinen und Unruhe entsteht, machen wir uns auf den Abstieg. Es ist wenig spaßig, Leuten bei ihren Selfieorgien zuzuschauen oder darum gebeten zu werden, andere zu fotografieren, die dann noch von einem verlangen, man solle doch bitte so gut sein und noch hier oder dort hochzukraxeln.
Und die fröhliche Achtergruppe, bei der zu befürchten ansteht, dass hier gleich ein Riesenpicknick aufgebaut wird, möchten wir auch gern eher weiter entfernt als näher um uns haben.
Ein jeder hat das Recht, den erstapften Gipfel und den Ausblick so zu genießen, wie er das mag. Ein jeder hat aber auch das Recht, sich dann auf den Weg zu machen und ruhigere Orte aufzusuchen.

Der Rückweg ist nicht ganz ohne: Eng, schlangenlinienförmig, manchmal beschattet, manchmal mit ausgetretenen Steinstufen. Und es geht steil bergab. Für Menschen mit ausgeprägter und wohl gepflegter Höhenangst ist gelegentlich etwas schwierig. Da hilft nur Konzentration, ruhige Atmung und den Blick auf die Füße zu richten.
Dabei aber könnte man was verpassen. Also doch wieder in die Landschaft schauen, die umkrallte Kamera wieder schussbereit machen und fotografieren… fotografieren… fotografieren…

 


Zypern im November – alle veröffentlichten Teile:

Ankündigung
Teil 01: Im Tal der Zedern
Teil 02: Das Wrack, das Fels, das Meer
Teil 03: Ein Lost Place der lost Souls
Teil 04: Die Drachenhöhle
Teil 05: Die Akavas Schlucht
Teil 06: Von Flamingos, Mohammeds Tante und doofen Leuten
Teil 07: Auf dem Aphrodite Trail
Teil 08: Paphos, die Kulturhauptstadt Europas 2017
Teil 09: Das Kykkos-Kloster
Teil 10: Polis

Und als Special ein Beitrag in einem anderen Blog:
Ein kleiner Friedhof, wie es hunderte gibt… im Totenhemd-Blog


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1 Antwort

  1. Inga sagt:

    Danke für den schönen Bericht mit den tollen Fotos! Da waren wir auch, bildete ein Highlight unseres Urlaubs (Bericht folgt) . Den ersten Abschnitt des Rückwegs fand ich es auch ziemlich happig. Habe mir mehrmals überlegt, ob ich mich bei einem Sturz im dornigen Gebüsch festkrallen oder instinktiv loslassen würde 😉.

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