Vom Federvieh am Fasaneriesee – (Challenge 2019/18)

Die Lust auf den Fasaneriesee, diesen noch einmal zu beschwimmen, hielt sich in den vergangenen Jahren schon arg in Grenzen. Einmal war ich dort: 2015. Besonders gut schnitt er nicht ab in meiner Beurteilung und daher ist es mehr Pflichtprogramm als echtes Interesse, dem See eine zweite Chance einzuräumen.  Zwei Dinge hatte ich seit dem ersten Besuch bleibend in Erinnerung: Eine kunterbunte Mischung von Menschen aller Nationen auf der Liegewiese und am Grillplatz – und ein Einkaufswagen, der kunstvoll im Wasser stand. Nun: Der Einkaufswagen ist vier Jahre später verschwunden und auch von den Menschenmassen am Ufer ist wenig zu sehen – falscher Tag, falsche Uhrzeit, Regen am Vortag, trotz Sonne eher kühl und windig, Ferien, wochentags, früher Nachmittag… was weiß denn ich?Stille am Fasaneriesee
Die Lust zum Schwimmen, so verführerisch der See auch vor mir liegt, hält sich arg in Grenzen, ich sitze auf der Bank am Ufer, ringe mit dem inneren Schweinehund. Nicht ins Wasser zu gehen ist natürlich keine Option, schließlich bin ich extra dafür hergekommen.

Freizeitanlage am Ostufer des Sees Mein Zaudern wird unterbrochen, als ein alter Mann sich auf der Bank neben mir niederlässt. Er kaut einen Zigarillo-Stummel, hat eine fast leere geöffnete Flasche Bier in der einen, sein Hemd und eine Nylon-Einkaufstasche in der anderen Hand. Aus der Tasche klimpert es verräterisch, als er sie auf die Bank neben sich stellt. Flaschen schlagen aneinander. Weiteres Bier.
Er zieht eine Tüte Haferflocken aus der Tasche und nähert sich dem Ufer. Den Wasservögeln scheint es ein alter Bekannter zu sein, in nicht mal fünf Minuten hat sich alles, was Federn und Schwimmhäute hat, genähert, ist auf die Wiese gekommen, als der Mann im hohen Bogen Haferflocken ins Gras und in den See wirft: Enten, Schwäne und Blässhühner balgen sich ums Futter. Schwäne im AnmarschDie Schwäne allerdings lassen keinen Zweifel, wer hier das sagen hat. Sie verscheuchen Enten und Blässhühner, da fliegt die nächste Hand Haferflocken ins Gras. Der Man kaut seinen Zigarillo weiter, achtet gar nicht weiter auf das Treiben, schüttet schließlich den Rest vor sich aus und kehrt zur Bank zurück. Nach erfolgreicher Fütterung beschimpft er die Nachzügler.
„Du bist scho a bleds Weiberl“, muss sich nicht nur eine spät kommende Ente anhören. Und das gleich mehrfach.
Ein Schluck Bier, die Flasche ist leer, wird durch eine neue aus der Tüte ausgetauscht, dann macht sich der Mann davon. Dem großen Fressen schaut er gar nicht lange zu.Schwäne auf Beutesuche
Längst ist der Mann von dannen gezogen, doch hofft das Federvieh noch immer auf Nachschub – vergeblich. Die Schwäne nähern sich im Pulk, vielleicht hat der Typ auf der Bank – also ich – ja was Fressbares. Das ist in der Tat richtig, eine Tüte Haribo wartet auf Öffnung, aber das wird erst nach dem Schwimmen passieren. Und mit den Vögeln werde ich den Inhalt ganz gewiss nicht teilen. Ich erwähne das mehrfach, doch der Vogel will das einfach nicht kapieren.

Auf Armeslänge kommen Schwäne und Enten heran, aber sie müssen einsehen, dass alles Betteln nichts hilft. Da kann der Schwanerich noch so starren und lauern. Ich starre einfach vom meinen Sitzplatz zurück. Die Situation ist leicht angespannt:  Ein schneller Griff, ich könnte ihn am Hals packen. Andererseits: Ein schnelles Zuhacken und ich hätte den harten Schwanenschnabel im Oberschenkel.
Der Schwanenkönig

Das wissen wir beide. Aber wir sind ja erwachsen und keine Arschlochkinder, warum sollten wir einander bedrohen oder etwas antun wollen?

Irgendwann rücken sie ab. Das ist auch für mich der Zeitpunkt, mich nun endlich umzuziehen und ins Wasser zu gehen. Blöd wie Enten nun mal sein können, sehen sie mich ein paar Minuten später an andere Stelle am Ufer stehen, Schwimmbrille und Kappe ausrichtend. Besser mal hinschwimmen und nachschauen., wirft da vielleicht einer Brot?
Drei Enten nähern sich. Das wiederum ruft schlagartig nicht nur die Artgenossen sondern auch die Schwanfamilie auf den Plan. Ratzfatz kommen sie wieder auf mich zu und umkreisen genau die Stelle, in der ich in den See steigen will. Nein. Ich möchte nicht ausgerechnet dort mit dem Schwimmen starten, wo zwei Erwachsene und sieben Jungschwäne auf Brot gieren.  Einstiegstelle - von Schwänen belagert
Also warte ich, bis die sich endlich verzupfen – eilig habe ich es sowieso nicht. Meine Lust hält sich noch immer in Grenzen. Aber endlich starte ich doch. Grob 600 Meter misst der See in der Längsachse, so komme ich auf knapp 3 Kilometer.Ufer am Fasaneriesee
Im Norden sind die Bänke am Spazierweg mein Ziel, einladend sehen sie aus, wie gemacht für Augenblicke des Verweilens.UnterBäumen eine grüne Bank am Nordufer
Im Süden ist Ziel und Wendepunkt das betonierte Bollwerk mit dem Charme der DLRG Station, das einer heruntergekommenen Schulturnhalle der DLRG gleicht. Hübsch hässlich ist das, so wie vieles, was man damals in den 70ern und 80ern aus Beton hochgezogen hat.

DLRG-Station am Fasaneriesee

Ein paar Mal schwimme ich hin und her. Mehr pflichtschuldig als wirklich motiviert, doch dafür kann der Fasaneriesee wenig, mir fehlt es einfach an Elan.

Fasaneriesee Westufer
Selfie - ich war dort

Als ich schließlich zur Ausstiegsstelle zurückkomme, haben wieder die Schwäne alles in Beschlag genommen. Sie sitzen in der Sonne und blockieren den Ausgang. Das machen die doch mit Absicht!

und wieder die Schwäne am Fasaneriesee
Es reicht. So nicht Jungs. Nicht mit mir.
Missmutig rücken sie ein Stück zur Weite, als ich das Wasser verlasse. Der Senior faucht einmal pro forma, dann ist Ruhe.

Reicht dann auch wieder mit dem Fasaneriesee.  Trotz des hochdramatischen Himmels…

Dieser See und ich werden wohl keine großen Freunde. Müssen wir aber auch nicht.


Noch zu erledigen:

  • Und außerdem: Jahressoll 480 km / ein fremdes Freibad / Ranking aktualisieren / Badehosen ausmisten / Vollmond-Schwimmen / Goldene Stunde / 100km im Freiwasser / Herbstlaubschwimmen

Erledigt:


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