Summertime – ab in die Alz (Challenge 2019/15)
Ein Nachtrag:
Ab in die Alz, denn Flussschwimmen kommt irgendwie ein wenig zu kurz in meinen Aktivitäten. Viele geeignete, beschwimmbare Flüsse gibt es in meiner Region nicht, die vielen Bachläufe und kleinen, flachen Flüsse eignen sich ebensowenig wie die großen Isar oder Inn. In beiden kann schwimmen schnell lebensgefährlich werden und ist daher bis auf die Isarstrände in München verboten oder zumindest nicht angeraten.
Beim Blättern in Dorothea Steinbachers Ratgeber 111 Orte im Chiemgau, die man gesehen haben muss. (Affiliate Link führt zu Amazon) aber stoße ich auf das Alzbad in Truchtlaching.
Schwimmen kann man hier zwar auch nicht wirklich – es sei denn gegen den Strom – aber zumindest Baden, sich Treiben lassen, den Sommer genießen.
Mitten im Ort befindet sich das Alzbad, das keinen Eintritt kostet (dafür ist allerdings das Parken direkt daneben gebührenpflichtig). Auf meinem Rückweg vom Tachinger See mache ich in Truchtlaching Zwischenstopp, das Bad möchte ich kennenlernen. Allzu verlockend klingt, was im Ratgeber von Dorothea Steinbacher geschrieben steht und ich komme mehr oder weniger sowieso hier vorbei.
Geheimtipps und unbedingt sehenswerte Orte neigen dazu, schnell von Menschenmassen überrannt zu werden, wenn sie in Büchern veröffentlicht werden. Das weiß jeder. In Truchtlaching aber ist man noch immer unter sich. Vielleicht, weil der Chiemgau dermaßen viele Seen und Badeplätze zur Verfügung hat, dass es Ortsfremde, egal ob Urlauber oder Menschen aus der Region, eher seltener hierher zieht. Wozu auch?
So spektakulär ist das Bad nun auch wieder nicht – und so aufregend ist die ganze Flusstreiberei gar nicht, dass sich weite Anfahrten lohnen.
Vom Freibad kann man (und das mache ich auch), Richtung Flussmitte schwimmen. Schnell merkt man, dass die scheinbar behäbig dahinströmende Alz ganz schön Kraft abverlangt, will man sie queren ohne an Höhe zu verlieren. Ein Schwimmen gegen die Strömung ist möglich, aber mit der Zeit enorm kraftaufwändig und ein Kampf gegen einen übermächtigen Gegner. Einmal mehr wird mir klar, wie töricht Schwimmer sein können, wenn sie in schnell strömende Flüsse steigen und wie vermessen es meistens ist, zu glauben, mit seinen Fähigkeiten, seiner Kraft und seiner Kondition dem Fluss gegen die Strömung dauerhaft Herr werden können. Denn am Ende gewinnt immer die Fluss. Wir sind halt keine Lachse.
Also lasse ich mich einfach treiben, bewege mich anfangs in der Mitte der rund 50 Meter breiten Alz und passiere linkerhand einen Steg nach dem anderen. Drei Ausstiegsmöglichkeiten gibt es auf Höhe des Bades, eine vierte folgt kurz danach. Hier hängt ein unübersehbares Warnschild, dass es Zeit wird, die Alz zu verlassen. Denn in knapp 200 Metern stürzt der Fluss ein kleines Wehr hinunter, und das kann böse enden, wenn man da mit von der Partie ist.
Da sich aber etwa ein Dutzend anderer Menschen noch vor mir im Wasser befinden und sich weiter treiben lassen, mache ich das auch. Das menschliche Treibgut wirkt sehr entspannt, niemand sieht aus wie ein wagemutiger Kandidat sportlichen Heldentums, ein lebensmüder Zeitgenosse oder einfach nur ein leichtsinniges Großmaul mit einem Anspruch auf einen Darwin-Award in der Tasche.
Also passiere ich das Schild ebenfalls. Etwas mulmig ist mir dennoch, aber ich vertraue ich voll und ganz den Einheimischen, die wissen schon, was sie tun.
Längst ist das Rauschen des Wehres zu hören und es wird immer lauter. Die anderen halten sich nun in Ufernähe, die Fließgeschwindigkeit nimmt zu, aber es wird, da bin ich sicher, noch eine weitere Ausstiegsstelle kommen. Ab jetzt bleibe ich kaum mehr einen Meter vom Ufer und seiner Vegetation entfernt, lasse mich an Schilf entlangtreiben, an Prachtlibellen in großer Zahl, die auf den Zweigen von Weiden sitzen.
Etwa hundert Meter sind es noch bis zum Wehr. Die Strömung hat noch etwas zugenommen, am Ufer kommt die letzte Ausstiegsstelle in Sicht.
Gemacht ist sie eigentlich für Kanuten und Kajakfahrer, die auf der Alz unterwegs sind und das Wehr umgehen müssen.
Genutzt wird sie allerdings auch von den Schwimmern.
Ein Griff, ich bekomme die glitschige Leiter zu fassen. Ich werde also nicht auf Arschbacken das Wehr hinunterrutschen und mir dabei sämtliche Knochen brechen. Aber wäre das jemals passiert, hätte der Betreiber des Flussbades mit Sicherheit auflagengemäß ganz andere Sicherheitsmaßnahmen durchzuführen als nur ein Schild aufzuhängen. Oder der ganze Spaß hätte schnell sein Ende gefunden.
Jetzt also heißt es: Hinaus aus der Alz. Alles andere wäre dumm und leichtfertig.
Das Wehr möchte ich trotzdem sehen, ein paar Schritte gehe ich zu Fuß über einen kleinen Trampelpfad, dann habe ich es erreicht. So bedrohlich schaut es gar nicht aus, heruntergespült werden möchte ich da nicht.
Zu Fuß geht es nun ein paar hundert Meter zurück zum Bad.Spätestens jetzt verstehe ich, warum viele der routinierten Einheimischen Badeschuhe tragen. Es geht gar nicht um die algigen Steine im Wasser, nicht um den Schlamm, nicht um die Pflanzen im Fluss. Es geht um die kleinen, pieksigen Steinchen auf dem Weg, um Dornen und vielleicht auch um stechlustige Insekten, die sich am Klee auf dem Boden laben. Von solchen Lifehacks, steht natürlich nichts im Ratgeber der Steinbacherin. Also bin ich unvorbereitet, barfuß und folglich achtsam, worauf ich trete.
Zurück im Strandbad, mittlerweile von der Sonne aufgewärmt, geht es zurück in die kühle Alz. Dieses Mal nehme ich meine kleine Kamera mit. Ein Blog braucht – ich erwähnte es ja schon mehrfach – Bilder. Viele Bilder.
Und noch mal, und noch mal.
Weil es einfach Spaß macht, weil Sommer ist, weil das Sein so unerhört leicht ist, das „Living easy“ ist, Fische springen und überhaupt.
Gut fürs Gemüt, gut fürs Gefühl.
Und weil mein Bruder mir vorschwärmt, wie toll das schwimmen in der Aare gerade ist und wohl denkt, er sei der einzige, der sich im Fluss treiben lassen kann und mich eventuell ein wenig neidisch machen will…
Falsch gedacht.
Auch wenn es mit Schwimmen wenig zu tun hat und die so zusammengekommenen Distanzen gar nicht erst in meine Tabellen eingetragen werden, das wäre dann doch zu peinlich.
- Fünf Wiederentdeckungen: noch 1
- Und außerdem: Jahressoll 480 km / ein fremdes Freibad / Ranking aktualisieren / Badehosen ausmisten / Vollmond-Schwimmen / Goldene Stunde / 100km im Freiwasser / Herbstlaubschwimmen
Erledigt:
- Fünf neue Seen: Thuner See / Tachinger See / Schliersee / Rinssee / Tinninger See
- Fünf Wiederentdeckungen: Riemer See / Echinger See / Lußsee / Langwieder See
- Und außerdem: Ein 5.000er / ein fremdes Hallenbad / Chiemsee – Ostufer / Seehamer See / Langbürgner See / Ab in die Alz
Vielen Dank fürs Lesen.
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