Der Badesee von Marktl – eine „Grenz“erfahrung

Zugegeben: In Marktl war ich bisher noch nie. Dabei war das kleine Nest hart am Rand vom Ober- zum Niederbayerischen eine Zeitlang begehrtes Ausflugsziel. Das war, als wir alle Papst waren, egal, ob Bayer oder nicht, egal, ob katholisch, einer anderen Konfession oder Religion oder eben gar keiner zugehörig. Marktl, Geburtsort vom Ratzinger, Joseph Alois, der dann erst selbst zum Papst wurde und laut Bild uns alle gleich mit.
Lange ist das her, längst hat sich über Marktl wieder die provinzielle Schläfrigkeit gelegt, für den Tourismus ist ein päpstliches Geburtshaus allein eben nicht genug Substanz. Papst Benedikt, seit 2013 emeritiert und seit 2022 im reinigenden Purgatorium verharrend war vielleicht doch nicht so der Popstar, trotz Poster in der Bravo, um den sich ein Kult hat etablieren können.
Papstbrot, Papstbier und Papstwurst haben lokalen Erzeugern und Händlern eine Zeitlang Geld in die Kassen gespült, aber letzten Endes war es nur ein saisonales Ereignis. Da ist der Kini wesentlich nachhaltiger für die Vermarktung seiner Person – und das seit einer Zeit, in der nur er selbst und nicht etwa wir alle Kini waren.

Vielleicht ist der ehemals päpstliche Rummel der Grund, warum ich Marktl nach einem Termin in der Region ohne Halt durchquere und erst außerhalb des Ortes einen Stopp einlege.
Hier liegt der Marktler Badesee, zwar gerade noch in Oberbayern, aber so weit entfernt von mir, dass ich ihn mal spontan hätte besuchen wollen, das ändere ich jetzt, da ich sowieso in der Gegend bin.

Der Abstecher ist quasi eine Grenzerfahrung, Niederbayern liegt in Blickweite, keine 3 Kilometer Luftlinie entfernt. Der See zählt also gerade noch als oberbayerisch und ist damit in meiner Liste Freiwasser Nr. #104.

Badesee Marktl Badeinsel

Beruhigt stelle ich fest, dass der Weiher nicht in Papst-Benedikt-See umgetauft wurde. Aber warum sollte die Kommune oder das Landkreis das auch tun? Der See, einst ein Altwasser des Inns, wurde erst 1973 zum Naherholungsgebiet, da war unser aller Ratzi-Schatzi längst zu Höherem berufen und in Regensburg Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der katholischen Fakultät. Geschwommen sein wird er hier also vermutlich nicht – und selbst wenn im vormaligen Altwasser…

Badesee Marktl

ist mir das vollkommen egal, das Wasser ist so oder so nicht mehr das gleiche. Es würde mir nichts bedeuten, sich für mich rein gar nichts ändern. Ich bin nicht Papst, ich war nicht Papst, ich werde nicht Papst – ich bin nicht mal katholisch.

Badesee Marktl Steg

Das Wasser ist kühl, aber angenehm, Mit rund 25 °C Lufttemperatur ist es für Ende September viel zu warm. Was für das Schwimmen angenehm ist, wüsste ich nicht ganz genau, dass der Klimawandel einen erheblichen Teil dazu beiträgt, da fällt es schwer, es einfach dankbar anzunehmen, als sei das ein nettes Wettergeschenk im Herbst. Normalerweise wäre ich zu dieser Jahreszeit mindestens schon im Neo-Shorty, wenn nicht komplett in Gummi.
So aber reicht für eine ausgiebige Runde die übliche Badehose. So angenehm das im Moment ist – in seiner Gesamtheit betrachtet ist das ein sehr beunruhigendes Zeichen.

Ich bin nicht der einzige, der im Badesee schwimmt. Im Laufe des frühen Nachmittags kommen nicht nur nach und nach mehr Leute zum Sonnen- sondern auch zum richtigen Baden. Man beäugt mich kritisch, die sich am Ufer naherholenden Menschen bilden eine geschlossene Gesellschaft, eine eingeschworene Gemeinschaft. Und jetzt kommt da einer da her, den keiner kennt und der auch noch „Grüß Gott!“ sagt, wie das auf dem Lande üblich ist. Man grummelt ein kaum verstehbares „Grüß Gott“ zurück und widmet sich wieder sich selbst. Ein offenkundig Fremder.
Niederbayern ist wirklich verdammt nah.

Ich starte im westlichen Teil des Sees, der in der Mitte beherzt tailliert ist. Dort führt dort eine Brücke von einem Ufer zum anderen, von der einen Liegewiese im Norden hinüber zum Kiosk, Spielplatz, WC und Dusche.

Badesee Marktl Brücke

Ausgestattet sind der See und die Anlagen am Ufer aufs Vortrefflichste, samt mehreren Schwimminseln, eine Sprungturm, einigen Badeinseln und einem mit Zaun gesicherten Flachwasserbereich für die Marktler Zwergerl.

Badesee Marktl Badeinsel

Der See scheint ohnehin nicht tief, unter der Brücke kaum mehr als 1, 2 Meter, was zum Fotografieren hervorragend, zum Schwimmen weniger gut und zum Sprung von der Brücke sehr gefährlich ist. Das fehlende Tiefe macht das sonnenbeschienene Wasser angenehm warm, nur dort, wo vor kurzem ein anderer geschwommen und das kalte Wasser von weiter unten hochgewirbelt hat, ist es ganz schön zapfig.

Badesee Marktl Brücke von unten

Fazit:

Das Gute ist, jetzt sind es 104 Freiwasser in Oberbayern, das Schlechte: Ich kann fürderhin die Seen im Landkreis Altötting nicht mehr ignorieren, als gäbe es sie gar nicht. Ob Wöhrsee oder Badesee Perach… da draußen gibt es noch einiges zu erkunden. Ich werde wohl nie fertig damit, die oberbayerischen Seen alle abzuklappern.

Badesee Marktl Brücke

Aber ich habe ja (hoffentlich) auch noch viele Jahre Zeit.


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1 Antwort

  1. Schöne Bilder. Da war ich auch noch nie.

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