Wenn die Jahresgespräche drohen…

Jetzt nähert sie sich wieder: Die Zeit, in der die Jahresgespräche drohen. Geschäftsführung, Führungskräfte, Abteilungsleiter:innen und Co. ziehen los und fühlen den Mitarbeiter:innen auf den Zahn. Es werden persönliche Ziele definiert, die des zurückliegenden Jahres überprüft, ob sie erreicht wurden, gelegentlich erkundigt man sich nach der Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen, gelegentlich auch nicht.
Die liebste Frage ist die nach Visionen, also den Dingen, die, wenn man sie hat, besser vom Arzt kurieren lassen sollte – zumindest nach sprichwörtlich gewordener Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, man fragt nach Perspektiven und nicht selten fällt dabei der Satz: „Wo siehst Du Dich in fünf oder zehn Jahren?“
Sehr Wagemutige könnten dann während ihrer Jahresgespräche ihrer Führungsperson despektierlich mit dem Ausdruck tiefster Überzeugung antworten: „Auf Deinem Stuhl!“ Das bringt ganz sicher unglaublich viel Dynamik ins Team.

Ich habe mir statt dessen in meinem Fotoarchiv ein paar Bilder angesehen und hier zusammengetragen, wo ich mich in zehn Jahren sehe.

Denn ja, dann bin auch ich ein alter, weißer Mann. Ich könnte mir vorstellen, ähnlich wie der Herr auf dem Bild aus Tempio Pausania  auf der Bank vor dem Haus zu sitzen, an einem technisch vollkommen überalterten Gerät herumzuspielen und den Tag mit Müßiggang und einem guten Radioprogramm oder Podcast zu verbringen; wenn es dann noch welche gibt und ich die auf meinem uralten Handy noch hören kann.
Nicht ganz von der Hand zu weisen ist der auch der Plan vom regelmäßigen Treff mit anderen alten, weißen Männern (wie aufgenommen in Trieste), die sich die Zeit nehmen, die Lage der Welt im Großen wie im Kleinen zu erörtern. Sie wälzen gewichtige Fragen und nach Verrichtung dieses Palavers widmen sie sich dem nicht weniger wichtigen Thema des Mittagessens.

Dieses mediterran angehauchte Konzept finde ich enorm überzeugend: Dasitzen oder -stehen und reden. In aller Muße Gedanken wälzen. Oft genug habe ich dem in unseren Urlauben ein wenig neidvoll zugesehen.

Angeln könnte ich.

Oder ich werde einer dieser wunderbaren Fensterrentner, wie ich sie in Valletta gesehen habe.
Seit ich das erste Mal dieses Wort in den sozialen Medien gelesen habe und sofort wusste, wie solche Personen aussehen und was sie den ganzen Tag beschäftigt, sinniere ich darüber, ob ich im Jahresgespräch vielleicht unter der Frage meiner beruflichen Ziele einfach Fensterrentner antworten sollte.

Das Zeug dazu hätte ich. Ein Fenster zur Hauptstraße hinaus auch. Was sollte also schief gehen?


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3 Antworten

  1. Axel sagt:

    Das gute ist, dass ich gar nicht mehr gefragt werde, da meine Antwort immer ist: Der Plan für die nächsten Jahre ist den Nachfolger/die Nachfolgerin aufzubauen. Dann einen Schaukelstuhl zu kaufen, mich rein zu setzen und dann erstmal 2 Wochen zu überlegen, ob ich anfangen soll zu schaukeln :-). Sobald das geschehen ist werde ich alle Altlasten aus Schule, Studium und Beruf wegschmeissen, sofern sie nicht steuer- oder rentenrelevant sind. Dann ist es Sommer und ich ziehe auf die Bank im Halbschatten meines Innenhofes. Noch 4 Jahre…..

  2. Lo sagt:

    Ja, diese Jahresgespräche habe ich auch beinahe drei Jahrzehnte über mich ergehen lassen: „Zielerwartung“ – „Umsatzplanung“ – „Selbsteinschätzung“…
    Geführt von Menschen, die selbst nichts anderes zu produzieren hatten, ausser Druckaufbau und Angstverbreitung: „…oder möchten Sie vielleicht lieber dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen ???“
    Wie schön dagegen diese Männer in meist südlichen Ländern, die gern draußen sitzen, und sich gegenseitig ihres Sicht auf die Welt, die Nachbarschaft, den Fischfang oder werweisswas teilen.
    Tolle Bilder, tolle Stimmung….
    Lieben Gruß!
    Lo

  3. „Ein Fenster zur Hauptstraße hinaus auch. Was sollte also schief gehen?“ – Da brauchst du aber noch ein Kissen, denn sonst tun nach kurzer Zeit die Arme vom Aufstützen weh. 🙂 😉