Wieder im Wald – wieder schwarzweiß

Wieder im Wald - gold glänzender Bachlauf

Es ist das x-e Mal, dass ich in den Wald gehe, die Kamera im Rucksack und den Hund an meiner Seite.
Das Wetter ist einfach verführerisch, die Hündin, die zu Gast ist, zeigt sich enorm laufwillig und unermüdlich, also lasse ich mich im Nachbardorf beim Seniorinnenheim absetzen und gebe meine Geschenke ab, Blumen und Marzipan. Dann machen die Hündin und ich uns auf den Weg zurück nach Hause. Das sind knapp 7 Kilometer überwiegend durch den Wald, überwiegend auf enorm einsamen Wegen.
Kaum sind wir allein, lasse ich sie sausen, locke sie zurück, lasse sie wieder rennen, pfeife nach ihr, spendiere ein Leckerli, dann flitzt sie wieder los, bleibt auf Kommando stehen und kommt sofort zurück.

Ich hole die Kamera aus dem Rucksack, in dichter Folge entsteht eine Serie, die ich gleich wieder lösche. Es ist eine Herausforderung auch nur ein halbwegs scharfes Bild zu ergattern.
Irgendwann in diesem Moment sinniere ich, ich könne doch heute einfach mal Schwarzweißbilder machen. Das ist auch nicht der erste Mal, dass ich es mir zur Aufgabe mache, Bilder anzufertigen, von denen ich vermute, dass sie funktionieren, wenn sie später komplett entsättigt werden.
Kontraste sind wichtig. Es ist wieder eine Übung, sowohl, was die Suche als auch was die Wahl der Motive angeht.
Irgendwann, so denke ich, werde ich nichts mehr finden, zumindest nichts Neues oder Spannendes mehr. Aber kann das überhaupt passieren, dass ein Wald, selbst wenn es nur ein Forst ist, einfach gar nichts Neues und nichts fotografisch Interessantes mehr zu bieten hat?

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - rennende Hündin

An einigen Ecken, der Wetterbericht sprich in solchen Fällen gern von ungünstigen Lagen, liegt sogar noch etwas Schnee. Dort, wo die Nachmittagssonne diese Felder bescheint, steht ein dünner Schleier über dem Schnee, er verdampft, zu wenig, um von Bodennebel zu sprechen. Leider ist das auch zu wenig, um den Dunst im Foto sichtbar werden zu lassen.
Vielleicht geht das doch und ich weiß nur noch nicht wie…

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Schnee, kleine Fichten

Die gewaltige Schneelast Anfang Dezember, hat zu erheblichem Bruch im Holz geführt. Kreuz und quer liegen viele der flachwurzelnden Fichten, sie sind einfach umgestürzt. Es sieht aus, als habe ein Orkan gewütet.
Bei anderen Bäumen sind einfach Zweige oder Spitzen abgebrochen.  Vor kurzem habe ich in einer Fotoausstellung Motive des Grafikers, Fotografen und Bildhauers Hans Kupelwieser gesehen. Er hat nach dem verheerenden Orkan Kyrill abgebrochene Bäume fotografiert : Ich war schwer beeindruckt, um nicht zu sagen inspiriert von den Motiven, von der Idee.
Also versuche auch ich mich an diesem Motiv, es gibt mehr als genug Gelegenheiten:

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Abgebrochener Baum

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Detail, abgebrochener Ast, gesplittertes Holz

Angetan hat es mir aber auch der Raureif, der die Blätter und Stängel zu meinen Füßen links und rechts des Weges säumt – auch am Nachmittag ist er an den schattigen Stellen noch nicht weggetaut. Die weißen Ränder der noch dunklen Blätter liefern genau die Kontraste, wie ich sie in  den Bildern haben will.

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Raufreif auf Blättern, Gras

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Blätter mit Raureif

Baumstümpfe fotografiere ich mal mit, mal ohne Steine. Mal mit, mal ohne Mooskissen und vor allem mal mit und mal ohne Schimmel. Sie sind das nächste Objekt. Vieles, was in Farbe „funktioniert“, wirkt in schwarzweiß kaum – aber es geht oft auch anders herum, dass ein Farbfoto ziemlich langweilig ist und erst schwarzweiß mit anderen Kontrasten, Glanzlichtern, Schwarzabgleich etc. spannend wird. Das will ich üben

Wieder im Wald - Baumstumpf mit Steinen darauf

…und nicht erst daheim am Rechner sondern gern auch schon vor Ort bei der Auswahl der Motive darüber nachdenken. Die Sonne, die durch die Bäume immer dort zu sehen ist, wo sie nicht allzu dicht stehen, wärmt ein wenig, lässt mich langsam gehen, schauen, überlegen.

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Weg mit Kurve, hohe Bäume, die Sonne scheint hindurch

Frau Hund hat wenig Verständnis dafür, dass ich immer wieder stehen bleibe, aber das muss sie aushalten. Ungeduldig dreht sie sich  um und schaut, wo ich bleibe, wenn ich die Kamera auf irgendetwas richte, an dem sie so gar kein Interesse hat.

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - Hündin in der Pfütze stehend

Die Ausnahme bilden Pfützen. Das Interesse daran teilen wir zwar, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen und vor allem mit ganz unterschiedlichen Interessen. Mich interessieren die mit einer hauchdünnen Eisschicht, aus der Grashalme herausragen, sie eher die, in die sie reinstapfen kann um daraus zu trinken.

Wieder im Wald - wieder schwarzweiß - gefrorene Pfütze

Das letzte Bild allerdings ist viel zu schade, um es ins Schwarz-Weiße zu konvertieren. Die Sonne steht tief, es geht auf 16 Uhr zu. Zwei Stunden waren wir im Wald. Als wir die letzten Bäume hinter uns lassen und uns wieder auf freiem Feld befinden, blendet mich im ersten Moment die Sonne, Es verspricht ein enorm kontrastreiches Bild zu werden, der Himmel färbt sich orange. In der Ferne sehe ich die Berge.
Luftlinie sind es von diesem Standort bis zum Gipfel der Zugspitze knapp 120 Kilometer.

Ein Bild, gemacht für Facebook, BlueSky, Mastodon und den WhatsApp Status. Genau deshalb landet es dort, um ein paar Sternchen, Likes und Lob abzugreifen.

 

(Fast) live und in Farbe.


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3 Antworten

  1. @vinzenz@vinzenz.social sagt:

    Ich lass mein Like mal hier!

  2. Naya sagt:

    Wieder ganz tolle Bilder!
    Und die Idee bewußt Motive für Schwarz-Weiß-Bilder zu suchen, finde ich toll! Hab ich früher in der Foto AG auch gern gemacht – plus dort auch noch die Überlegung, was eventuell sich für einen Abzug auf der groben Struktur von Foto-Leinen eignet. Man schaut dann einfach nochmal ganz anders auf die Umgebung und durch den Sucher.

  3. oli sagt:

    Dieses Jahr habe ich vieles in SW gemacht, mir hilft es den Sucher gleich auf SW zu stellen (ein hoch auf die DSLM!). Es ist ein spannender Blick auf gewohntes. Besonders spannend ist es, Bilder die nur in Farbe funktionieren (zB Sonnenuntergang) auch in SW zu versuchen.

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