Auf der Jagd nach der blauen Stunde
Manchmal ist das schon ein rechter Scheiß mit diesen blauen Stunden und diesen Fotoprojekten, die einen ganz schön unter Druck setzen können. Ja ich weiß: selbst schuld.
Doch von Anfang an.
Vergangene Woche lief das Thema „Blaue Stunde“ im Twitter-Fotoprojekt #JedeWocheEinFoto. Das ist, wer es wissen will, die „die Zeitspanne innerhalb der abendlichen oder morgendlichen Dämmerung, während der sich die Sonne so weit unterhalb des Horizonts befindet, dass das blaue Lichtspektrum am Himmel noch bzw. schon dominiert und die Dunkelheit der Nacht noch nicht eingetroffen bzw. schon vorbei ist“. So definiert es Wikipedia. Und die dazugehörige Aufgabenstellung: Innerhalb der Kalenderwoche 17/23 ein passendes Foto dazu anzufertigen und zu tweeten.
Easy – Peasy. Sollte man meinen. Da ich das Projekt selbst steuere, bin ich also selbst schuld, dieses Thema, das einer der Teilnehmer vorgeschlagen hatte, ausgerechnet in der Woche auszuwählen, in der das Wetter durchgängig kackelig ist, zumindest hier. Dabei hatte ich das Thema extra ein wenig zurückgehalten, weil es im Frühjahr einfacher umzusetzen ist als im Winter. Aber eben nicht bei Scheißwetter.
Dann nämlich ist es nichts mit blauer Stunde, dann fängt der Tag mit der Morgendämmerung in grau an, bleibt grau in grau und abends gibt’s auch kein Blau. Aber Regen. Und davon reichlich.
Ein wenig gerate ich in Stress, als ich Mittwoch noch immer kein Bild habe. Die Woche ist halb um.
Der tägliche Blick auf die Wetter App verheißt zumindest für Donnerstag einigermaßen sympathisches Wetter, will sagen: Heiter bis wolkig. Kein Regen.
Also platziere ich die Kamera im Kofferraum meines Autos. Nach der Arbeit kann ich vielleicht endlich die blaue Stunde „abschießen“.
Doch es ist noch hell – ziemlich lange sogar.
Und davon abgesehen: Was wähle ich als Motiv?
Erste Idee: Nach Oberding auf den Aussichtshügel. Den Blick über den Flughafen schweifen lassen. So lange, bis es dämmert? Ernsthaft?
Zweieinhalb Stunden da herumstehen?
Selbst ein Zwischenstopp im Gartencenter verkürzt die Wartezeit nicht auf ein akzeptables Maß.
Egal. Ich wollte immer mal dort vorbeischauen. Mach ich das halt.
Nach geraumer Zeit auf dem Hügel und dem Entlangschleichen am Zaun sowie vielen Bildern für einen eigenen Blogbeitrag jedoch kehre ich zum Auto zurück. Missmutig. Das war’s wohl nicht.
Der Rückweg führt mich durch Erding. Während ich im Rückspiegel die Sonne untergehen sehe, ein Licht- und Farbenspiel erwartbar ist, stehe ich an der Ampelkreuzung Anton-Bruckner-Straße und Johann-Sebastian-Bach-Straße, da kommt mir spontan die Idee, links zum Kronthaler Weiher abzubiegen.
Von der Wiese aus, in der ich im Sommer meist zum Schwimmen starte, blickt man genau in die Abendsonne. Und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn da nicht auch ein Bild in der blauen Stunde entstehen könnte. Denn bis auf ein paar Wolkenstreifen ist der Himmel klar.
Ich bin nicht der Einzige, der sich dort aufhält.
Ein paar Jugendliche lagern dort, aus ihrer Bluetooth Box schallt eine für das01 Gesamtsetting völlig inadäquate Beschallung, die wohl Musik sein soll.
Ein Stück weiter hat sich ein Paar auf Klappstühlen niedergelassen, gehüllt in Decken und mit einer Flasche Weißwein sitzen sie dort. Noch ein Stück weiter kreist in einer Gruppe Erwachsener die Sektflasche.
Dazwischen eine Frau mit Kamera und Stativ, offenbar mit der gleichen Intention wie ich: Bilder, Bilder, Bilder. Nur haben die mit der blauen Stunde nun mal rein gar nichts zu tun. Viel mehr mit er goldenen:
Spaziergänger, die vorbeikommen, zücken ihre Handys.
Dieser Ort ist eben immer ein Garant für stimmungsvolle Bilder. Zu jeder Jahreszeit.
Je tiefer die Sonne steht, umso näher kommen wir heran an die blaue Stunde. Das Warten bis zum Donnerstag hat sich also gelohnt, der Stress war unnütz, ich hätte es wissen müssen, ich habe ja selbst schon darüber gebloggt, dass Warten die bessere Option ist.
Irgendwann ist die Sonne fast verschwunden, dass „dass das blaue Lichtspektrum am Himmel dominiert“ und sich im Weiher spiegelt.
Mission completed.
Nachtrag:
Dass ich die Farben des Bildes später kräftig entsättige, macht es für mich wesentlich spannender (s. oben), aber eben auch viel weniger Blau.
Vielen Dank fürs Lesen.
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