Fünfhundert Zwerge allein im Wald

Am besten, Sie vergessen alles, was Ihnen das Kino über Zwerge erzählt hat. Nichts davon ist wahr. Weder stimmt die Beschreibung bzw. das Aussehen, das die Zwerge im Herrn der Ringe oder im Hobbit zur Schau stellen, noch sind sieben Zwerge allein im Wald.
Woher ich das weiß?
Ich war hinter den Bergen. Bei den sieben Zwergen.

Nur, dass es nicht sieben sind, eher fünfhundert.

Ich wollte mich vor Ort überzeugen, darum war ich in Taufkirchen/Vils im Zwergenwald. Da war ich nicht das erste Mal, aber das erste Mal allein und in Ruhe und Muße, vor allem aber ausgestattet mit einer Kamera, um das sonderliche Völkchen mal genauer ins Visier zu nehmen.
Obwohl etwas abseits der Ortschaft und versteckt im Gehölz sind die Zwerge relativ leicht zu finden. Das rührt vermutlich daher, dass der Werk zum Zwergenwald narrensicher ausgeschildert ist.

Das hilft ortsfremden, neugierigen Schnüfflern wie mir ebenso wie den Familien, die mit ihrem Nachwuchs zu den Stammbesucher:innen dieser kleinen, wie kuriosen Sehenswürdigkeit westlich von Taufkirchen zum Stamm- und Zielpublikum gehören.

Irgendwann in Vorzeiten spendierten Josef Felbinger und Franz Meier einen ersten Zwerg. Schnell kamen weitere hinzu, alle wurden im Wald ausgewildert. So wurden es mehr und mehr. Von natürlicher, biologischer Zwergenvermehrung zu sprechen, wäre dann doch arg vermessen. Aber wer weiß?

Mittlerweile gehört der Zwergerlwald zu einer lokalen Sehenswürdigkeit.

2001, so lese ich auf der Webseite der Gemeinde Taufkirchen, wurde eine Kapelle errichtet, die 2002 (ein)geweiht wurde.
Über 500 Zwerge in allen Größen finden sich mittlerweile dort, dazu reichlich Tiere, Häuschen, Windmühlen, Schneewittchen, Pinocchio… Es gibt also viel zu sehen und zu entdecken.
Wenn man denn sowas mag. Ich bin nicht sicher, ob ich zu denen gehöre…

Schon von Weitem sieht man beim Zwergen- bzw. Zwergerlwald die ersten kleinen Gestalten im Fichtendickicht.
Sobald man das Areal, das etwa 700 qm2 umfasst, erreicht hat, weiß man gar nicht, wo man zuerst hinschauen soll.
Zwerge – überall Zwerge.
Dazu eine jahreszeitlich wechselnde Dekoration (es geht auf Ostern zu, ein paar Bäume sind mit Eiern verziert) und für die müden Wanderer:innen, die meist selbst kaum größer sind als die größten Zwerge ein paar Bänke und ein Picknickplatz. Es ist also an alles gedacht und mit viel Hingabe gepflegt.

Die Taufkirchner Zwerge haben allerdings mit Gimli oder Thure Eichenschild nichts gemein, vom Bart einmal abgesehen, was nicht weiter verwunderlich ist. Es sind eher die zipfelmützigen Garten- und Bilderbuchklassiker in nahezu allen erdenklichen wie erhältlichen Variationen.

Wenn Gartenzwerge, wie es die meisten hier ja sind, der Inbegriff deutscher Spießigkeit sind, dann potentiert sich das Arrangement hier in einem Ausmaß, der kaum zu fassen ist.
Es ist dermaßen „drüber“, dass es schon wieder amüsant ist. Die schiere Masse, dann das permanente Entdecken von immer anderen Zwergen, Märchenfiguren und Dekorationstieren finde ich fast schon erschlagend. Die schiere Menge animiert mich nicht gerade, das Detail, nämlich das ganz Besondere, zu suchen.
Es ist einfach unglaublich schräg – zumindest in meinen Augen. Aber für mich bzw. Menschen wie mich wurde der Zwergenwald ja auch nicht angelegt.

Ich grüble: Eigentlich könnte ich mal im Baumarkt oder Gartencenter einen Zwerg kaufen und diesen in das Ensemble einschmuggeln. Wie es ihm da wohl ergehen wird? Bemerkt irgendwer den Fremdling? Darf er bleiben oder wird er entfernt? Ist das Auswildern von Industriezwergen überhaupt erlaubt?

Gibt es Menschen, die genau das machen und dann vielleicht regelmäßig nach ihrem eigenen Privatzwerg schauen?

Offenbar ist die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Zwerge hinzugestellt werden, größer, als dass welche abhanden kommen. Alles ist gänzlich ungesichert, Wildentnahmen bzw. Zwergendiebstahl ist wohl keine Gefahr. Irgendwie ist das wie mit dem Kaffeebechersammelsurium in den Büroküchen. Die werden auch beständig mehr.

Ich beschließe, dieses Experiment zu unterlassen. Denn es würde mich nötigen, regelmäßig bei den Zwergen vorbeizuschauen. Und das muss ich nun wirklich nicht…

Sie mögen die Gartenzwerge? Hier sind noch ein paar Portraits.

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2 Antworten

  1. Kurt Schaller sagt:

    Gibt es keine Zwerginnen?

    • Lutz Prauser sagt:

      Eine interessante Frage, lieber Kurt, die mich fast nötigt, noch einmal vor Ort auf die Suche zu gehen, denn die Bilder sind da nicht hilfreich. Allerdings tragen laut Gimli Zwerginnen auch Bärte und dann wird es schwierig mit der Geschlechtsbestimmung durch bloßes Anschauen.

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