Sonntag, das ist… (11) aus dem Bett zu hechten wie ein Irrer

Sonntag, das ist, aus dem Bett zu hechten wie ein Irrer. Oder heimlich und möglichst leise die Schlafstatt zu verlassen. Es gibt im Jahreslauf nur einen Sonntag, an dem dies von besonderer Relevanz ist. Nämlich diesem. Denn wer heute als letzter aufsteht, ist der Palmesel.
Das beruht auf einer süddeutschen und katholischen Tradition, das Familienmitglied zum Palmesel zu küren, das als letztes morgens aufsteht und am Frühstückstisch erscheint. Mutmaßlich also war das der, der früher zu spät zur Messe in der Kirche oder bei der Palmsonntagsprozession aufschlug und deshalb als Palmesel verspottet wurde. Diesen drolligen Brauch, von dem ich erst im Erwachsenenalter erfuhr, brachte meine Frau mit in die Ehe. Und mit dem Umzug nach Bayern gewann er noch mehr an Bedeutung, denn hier kennen ihn weitaus mehr Menschen als im Norden.

Nun ist Spott auszuteilen ein wesentlich einfacheres als Spott zu ertragen, da mache ich keine Ausnahme. Deshalb sehe ich zu, am Palmsonntag hopplahopp aus dem Bett zu schlüpfen, entweder möglichst schnell oder möglichst leise. Denn andernfalls droht die Gefahr, in der Zielgerade noch überholt zu werden. Wer sich nämlich lange räkelt und zögert, gehört an diesem Tag schnell zu den Verlierern. Oft spielt mir in die Karten, dass einfach gar keiner von uns daran denkt, dass ausgerechnet dieser Sonntag Palmsonntag ist, obwohl Frau Nachbarin seit Tagen auf der Terrasse vor dem Haus Palmbuschen gebunden hat. Wir waren also vorgewarnt.
Hilft aber nichts. Einer ist immer der Palmesel.Raus aus dem Bett
In unserem Zweipersonenhaushalt stehen die Chancen bei 50:50 dieser Schmach zu enrkommen, denn die Zeit, da es eine sichere Bank war, dass eine der Töchter länger noch im Bett liegt, ist vorbei seit die in ihren eigenen vier Wänden wohnen.
Also: Raus aus den Federn.
Hopphopp.
Geschafft, der Palmesel bin nicht ich.
Und Sie?
Wer ist bei Ihnen heuer der Palmesel?

Da fällt mir ein: Was machen eigentlich die Leute, die in Singlehaushalten leben? Jedes Jahr aufs Neue sich selbst als Palmesel küren?
Oder den Brauch einfach ignorieren?


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1 Antwort

  1. Trude sagt:

    Zum Glück haben wir im Münsterland diesen Brauch nicht, da brauche ich mir über die Anwendung als allein lebende keine Gedanken machen. Aber jetzt weiß ich was Piri in ihrem Eintrag heute meinte.

    Vielen lieben Dank
    Trude