Ein kleiner Nachtrag zum Fasching: Jedes Lächeln hat eine Geschichte
Einen kleinen Nachtrag zum gestrigen Faschingsdienstag gibt es noch zu machen, auch wenn heute Aschermittwoch ist. Und damit alles vorbei. Doch das stimmt nicht. Nicht alles ist vorbei: Eine Erinnerung an eine Bagatelle bleibt, und die ist diesen Nachtrag wert.
Eine nette Begegnung, ein flüchtiger Moment nur, aber einer der nachwirkt. Es geht über ein simples Lächeln – etwas ganz Alltägliches, und doch war es irgendwie etwas Besonderes. Ein fotografiertes Lächeln, ein bewusstes, das genau deshalb entstand, weil jemand in die Kamera Lächeln wollte.
Beim Fotografieren im öffentlichen Raum finde ich es wesentlich besser, wenn die Menschen, die mit auf dem Bild sind, gar nicht erst merken, wenn sich eine Kamera auf sie richtet. Street Photography ist ja eigentlich wesentlich näher am Schnappschuss als am inszenierten, arrangierten und komponierten Bild, wobei der Begriff Schnappschuss an dieser Stelle mal seiner negativen Konnotierung entledigt werden müsste. Aber darum geht es hier nicht – eher darum, Fotos zu machen von oder zumindest mit Menschen. Die Bilder aber sollen nicht davon ge- oder zerstört werden, dass diese Menschen sich fotografiert fühlen, anfangen zu grimassieren und zu posen für eine vermeintlich bessere Selbstinszenierung. Was ich meine, zeigt diese kleine Auswahl an Bildern:
Im Augenblick, da ich die Kamera auf diese Menschen richtete, wusste niemand, dass sie oder er (mit) auf einem Foto landen würden. Die Fotos hätten sonst nicht entstehen können.
Ganz anders ist es bei den folgenden Bildern: Surferinnen und Surfer am Münchner Eisbach wissen, dass sie von der Brücke der Prinzregentenstraße unter fotografischen Dauerbeschuss genommen werden. Das gehört irgendwie dazu. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn auf der Welle nicht die eine oder der andere surft, der sich sehr wohl bewusst ist, dass er unter Beobachtung steht und auch fotografiert wird und sich entsprechend in Position bringt. Es gehört eben auch ein klein wenig Show dazu.
Auch Musikerinnen und Musiker, die öffentlich auftreten, wissen, dass sie beobachtet und fotografiert werden. Und damit stellt sich die Frage, wie viel Authentizität noch im Bild liegt. Aber vermutlich ist es den Fotografierten längst keine besondere Mimik mehr wert, was zumindest bei Blasinstrumenten ohnehin dem Musizieren nicht gerade zuträglich ist.
Gleiches gilt für Ehrenwachen – keine Mine verziehen zum Fotomarathon, das ist sicher hart trainiert.
Und dann gibt es dieses Bild, das ich gestern schon gezeigt habe.
Es gehört in eine weitere Kategorie, und lieferte mir eine neue Erfahrung.
Denn dieses mir wildfremde Paar im Straßenkarneval wollte fotografiert werden. Beide waren sich dessen bewusst, sogar noch mehr: Sie haben sich, weil sie dachten, ich richte die Kamera direkt auf sie, extra noch etwas gedreht und ein fröhliches und gar nicht übertriebenes unechtes Lachen in ihre Gesichter gehievt. Nur fürs Foto. Dabei wollte ich eigentlich die vorbeiziehenden Moosgeister in den Fokus nehmen. Als sie mich mit dem Teleobjektiv erspähen, wie ich es über die Menschen schweifen lasse, drehen sie sich in Position, winken und lächeln zu mir herüber. Er neigt den Kopf etwas zur Seite, rückt näher an sie heran.
Ich mache mein Bild, bahne mir den Weg durch die Leute zu den Beiden und bedanke mich dafür, dass ich das Foto machen durfte. „Kein Problem! Gerne“ antwortet der Mann.
Sie wollen weder wissen, wer ich bin, noch warum ich sie fotografiere und was ich mit den Bildern machen werde.
Schnell verschwinde ich in der Menge, das Paar wiederum wendet sich ihren Bekannten zu. Hätten sie mich nicht zuvor gesehen und sich in Positur gerückt, ich hätte das Foto nicht machen können. Streng genommen ist dieses Bild also gestellt. Aber warum auch nicht?
Es entsteht übrigens nur dieses eine, dann schieben sich andere Menschen in die Blickachse. Aber um dieses eine Foto bin ich reicher.
Jedes Lächeln erzählt nicht nur eine Geschichte; jedes Lächeln hat auch eine.
So wie diese hier.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Deine Fotos sind toll. Ich traue mich nicht an Menschen ran, weil ich nie weiß, wie das mit den Bildrechten ist. Wie handhabst Du das? Offensichtlich wissen einige, dass sie aufs Foto kommen. Aber eben, Schnappschüsse haben den Charme des Spontanen. Gehst Du da nachträglich auf sie zu? Ich habe gerade meine große Kamera wieder hervorgeholt mit dem Vorsatz, wieder mehr zu fotografieren. Deine Fotos inspirieren mich schon mal. Aber erst probiere ich es heute mit Krokussen 😉
Ich handhabe die Personenfotografie sehr fallabhängig. Im öffentlichen Raum schöpfe ich das Recht der künstlerischen Freiheit im Rahmen der Street Photography aus, wo immer es geht und soweit es möglich ist.
Das gilt grundsätzlich nur für den öffentlichen Raum, der frei für alle zugänglich ist (Parks, Straßen, Plätze).
Zudem: Bei Veranstaltungen, bei denen Teilnehmer damit rechnen müssen, fotografiert zu werden und die Bilder auch im Rahmen der Berichterstattung veröffentlicht werden, zum einen, weil z.B. diese Personen gezielt die Öffentlichkeit suchen (Demos, Straßenmusik, Darbietungen etc.) kann man bequem draufhalten, aber eben auch bei Karneval, Volksfesten, Publikum bei Veranstaltungen. Nur eben Portraits nicht. Aber ich sehe das relativ entspannt.
Und dann gibt es auch Fotos von Leuten, die die Personen nicht identifizierbar machen (Silhouetten, Bilder, die die Personen von hinten zeigen, vor allem z.B. im Museum). Und gelegentlich frage ich, was aber in der Regel eher unangenehme Situationen verursacht, zumindest, wenn man keinen Presseausweis hat und erklärt, dass man gerade gern ein Bild für irgendeine Zeitung oder ein Magazin machen will.