Ein Vortrag in Lederhosn – wenn ich mal geschwiegen hätte

Vollzug. In Lederhosn und Schildkrötenfreundin Alexandra Martin in Dirndl. Foto: Christine Geiger

Vollzug. In Lederhosn und Schildkrötenfreundin Alexandra Martin in Dirndl. Foto: Christine Geiger

Wenn Du geschwiegen hättest, wärest Du Philosoph geblieben – Si tacuisses philosophus mansisses. Dieser Kalenderspruch wird Anicius Manlius Severinus Boethius (480/485 – 524/526) zugeschrieben, der einst in seinem Werk Trost der Philosophie, die Frage „Siehst du endlich ein, dass ich ein Philosoph bin?“ beantwortete mit „Wenn du geschwiegen hättest, hätte ich es eingesehen.“
Was letztlich aber auf die gleiche Quintessenz hinausläuft. Einfach mal den Mund halten, weil es im Moment besser ist.
Aber bekanntlich ist man hinterher immer klüger. Als ich das erste Bild und anschließend in meinem Blog ganz viele Bilder über das Maibaumaufstellen in unserem Dorf veröffentlichte, dauerte es nicht lange, da kommt auf Facebook der Kommentar zur vollständigen Berichterstattung fehle ja eigentlich nur ein Bild von mir selbst in Lederhose.

Nun ist es weder so, dass ich keine besäße, noch, dass ich sie nicht trage. Nur eben am 01. Mai nicht, nicht in diesem Jahr, weil es mir schlicht zu kalt ist, weil ich sowieso nicht allzu lange dort verweilen wollte, weil… weil…weil. Es gab genug Gründe.
Vielleicht fehlte ein solches Bild auch, weil ich mich selbst selten fotografieren lasse, wobei die Lederhose weniger das Problem wäre als ein Gefühl der Unbehaglichkeit vor der Kamera. Ich bin lieber dahinter.

Das mutmaßt sonderbar an angesichts der vielen Schwimmbad- und Weiherselfies, aber das ist etwas anderes. Dringend benötigtes Bild- und vor allem Beweismaterial, dass ich tatsächlich dort war – und im Wasser- Sonst nichts.
Auf diesen Kommentar hätte ich einfach schweigen sollen, wäre Philosoph geblieben – aber nein: Herr P. weiß es besser, gibt eine patzige Antwort und damit ist die Kugel aus dem Lauf. Für eine ordentliche Spende für ein Schildkrötenprojekt wäre ich unter Umständen bereit, den nächsten Vortrag über Schildkröten in Lederhosn zu halten.

Im Hintergrund schwang die Vermutung mit, dass diejenige, die auf ein Lederhosn-Bild scharf war, sowieso nicht zu dem Vortrag kommt – viel zu weit weg.
Doch Pustekuchen. Und so eskalierte das Ganze schnell zu einem Fundraising-Projekt samt digitaler Sammelbüchse. Und die Schelme ließen die Kasse kräftig klingeln – nur, damit ich mich Coram Publico zum Affen mache.

Was natürlich so nicht ist, denn eine Lederhosn macht niemanden zum Affen und lässt jede stramme Männerwade glänzen. Also: Augen zu und durch. Ist ja für einen guten Zweck. Und ich war ja nicht allein. Alexandra, eifrige Spendensammerlin , Flohmarktbetreiberin im Digitalen und Analogen im Dienst zahlreicher Schildkrötenauffang- und -aufzuchtstationen, setzte gleich noch einen drauf und kündigte ihr Erscheinen im Dirndl an.
Das öffnete noch einmal zahlreiche Portemonaies und mitsamt der Sammelbüchse vor Ort für Klimpergeld kam gehörig was zusammen für die Stuttgarter Landschildkrötenauffangstation.
Womit der Zweck die Mittel heiligte. Dafür verzichtet man doch gerne auf den Status des Denkers und Philosophen. Und als ein Intellektueller möchte ich im Moment sowieso nicht angesehen werden. Da packt man Haferlschuhe, Strümpfe, Trachtenhemd, Charivari und Hirschfänger ein und macht sich auf den Weg ins Schwabenland. So ist das dann eben.

Dann steht man eben morgens vor einem irritiert schauenden Auditorium, gibt eine kurze Erklärung ab, was das Ganze soll – und wechselt nonchalant zur Tagesordnung.

PS:

Auch dieser Tweet und ein identischer FB Post, Wochen vorher abgesetzt, bleibt nicht folgenlos. Als Quittung auf diese überaus rhetorisch gemeinte Frage, überreicht man mir in Stuttgart einen Glasbaustein. Passend zur Pflanze und im Original 60er Jahre Charme.
Und ja: Ich weiß, dass das Grünzeug Sansevieria heißt.


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2 Antworten

  1. Wenn ich mir das so anschaue, in Lederhose. Muß ich sagen …..Das steht Dir gut.

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