Im Weltwald: St. Clemens

Wanderer, steh still
und bete für die
in diesem Friedhof
ruhenden Toten.

Das „Herzstück“ des Weltwaldes, über den ich hier geschrieben habe, bilden zum einen das Botanikum, das ich mir für den zweiten Besuch aufgehoben habe, und zum anderen das einzige Überbleibsel des Ortes Oberberghausen: Die kleine Kirche St. Clemens.
Wie bei der Wüstung des Dorfes Fröttmaning reichte wohl auch hier die Traute nicht, das Dorf vollständig dem Erdboden gleichzumachen. Kirche und Friedhof blieben mitten im Wald stehen und wurden – da nutzlos geworden – dem Verfall preisgegeben. Auch das erwähnte ich bereits.

Im Weltwald: St. Clemens

Verfallen sieht die alte romanische und später barock ausgebaute Kirche allerdings nicht aus. Im Netz lese ich, dass sich der Verein zur Erhaltung der Waldkirche Oberberghausen um die Pflege des Bauwerks kümmert.

Leider ist die Kirche, wie so viele in der Corona-Zeit verschlossen, man kann sie nur von außen anschauen. Das ist sehr bedauerlich, aber nun mal nicht zu ändern.

So bleibt nur ein Spaziergang über den wunderschönen Friedhof, der Besuch der Toten wie auch der Lebenden.
Denn auf diesem Friedhof „tobt“ das Leben. Hummeln, Schwebliegen und Bienen sammeln Nektar, es ist ein Kommen und Gehen auf den Blüten.
Dutzende Bilder entstehen in schneller Folge. Irgendeines wird schon halbwegs was geworden sein. Ich überlasse es den Besucherinnen und Besuchern des Blogs, zu entscheiden, ob dem so ist und zeige einfach einen kleinen Bruchteil davon. Also nur vier Stück:

Bedauerlicherweise tobt noch mehr Leben dort, auch wenn Olaf und ich allein zwischen den Gräbern unterwegs sind. Neben dem Sumseln und Brumseln bei St. Clemens ist nämlich auch permanentes Sirren und Flirren zu vernehmen: Stechmücken freuen sich, dass endlich mal wieder Nahrung vorbeikommt und versuchen, Beute zu machen. Die eine oder andere schafft das sogar, aber niemand hat gesagt, dass man für seine Fotos nicht auch Blutopfer bringen muss. Und was trinkt schon so ein kleines Tierchen?

Die Toten stört es wenig, was über ihren Köpfen passiert. Aus meterhohem Grün ragen schmiedeeiserne Kreuze aus dem 18. und 19. Jahrhundert hervor. Es ist wohl ein wenig wie bei Tuco, als er den Friedhof von Sad Hill erreicht, vollkommen euphorisch herumrennt und gar nicht weiß, in welchem Grab er zuerst nach der vergrabenen Regimentskasse suchen soll (Filmkenner wissen, was ich meine). Ich weiß auch gar nicht vor lauter Begeisterung, wo ich mit fotografieren beginnen soll, allerdings renne ich nicht wie ein Irrer zwischen den Grabkreuzen umher.

Immer neue Grabkreuze entdecke ich zwischen den Farnwedeln, dabei sind es insgesamt nur 28.

Wir fotografieren wieder wie die Irren, suchen immer neue und andere Perspektiven, immer neue Details. Gräber, Blüten und Insekten… Es will gar kein Ende nehmen und es dauert seine Zeit, bis sich das Gefühl eingestellt hat, nun wirklich genug Bilder auf der Speicherkarte zu haben und nicht eventuell doch noch ein reizvolles Motiv, eine Perspektive oder eine Biene auf einer Blüte übersehen zu haben.

Schon allein für den Kirchhof hat sich die Fahrt nach Kranzberg gelohnt, ein Besuch an einem Ort, den es nicht mehr gibt, von dem nur noch eine Kirche übrig geblieben ist, die letztlich doch vor dem Verfall bewahrt werden konnte – und ein Friedhof.

Mir fällt ein anderer Wunsch ein: Möge dieser Ort seine Stille und seine Magie behalten.


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1 Antwort

  1. Ruhrköpfe sagt:

    Wow, ein besonderer Friedhof und überhaupt ein besonderer Ort, so scheint es :-)