Die alte Weide – sie ist nicht mehr

Die alte Weide – sie ist nicht mehr:

Es ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal am Kronthaler Weiher schwimmen war. Im Frühjahr, als ich mir einen Angelhaken samt Köder in den Neo eingezogen habe, da gab es sie noch. Und dann vor einigen Wochen bin ich an anderer Stelle im Weiher gestartet und irgendwie nicht an der Weide vorbeigekommen. Und so sehe ich erst jetzt mit großer Trübnis: Die alte Weide – sie ist nicht mehr.

Als im vergangenen Jahr im Sommer ein Gewittersturm über den Landkreis fegte und die Weiden am Ostufer des Kronthaler Weihers der Reihe nach flachlegte, hätte ich es ahnen können. Aber ich war erfreut und überrascht, dass mein Baumfreund, noch immer den Bogen in das Wasser schlug, obwohl es auch die Weide, zu der er gehörte, geschmissen hatte. Und er blieb, auch als das Gelände von den umgestürzten Bäumen geräumt wurde.
Ich glaube, ich habe nie einen Baum öfter fotografiert als diesen:

Bei Wind und Wetter, Sonne und Schnee, im Sommer und Winter, bei Hoch- und Niedrigwasser. Behängt mit Wasserpflanzen und ganz kahl. Mit Booten und Schwimmern, Stehpaddlern, Anglern im Bild oder ganz allein. Es war ein immer wiederkehrendes Motiv und doch irgendwie immer anders. Einen toten dicken Ast kann man auf sehr unterschiedliche Weise ins Bild rücken. Mal wuchtig und groß, dann eher klein, fast filigran, ein Ästchen nur. Und der Baum war auch immer Wasserstandsanzeiger. An ihm wie auch den Steinen am Ufer ließ sich immer auf einen Blick feststellen, wie voll der Weiher war.
Das permanente Fotografiren warf auch die Frage auf, wie viele Bilder des immer gleichen Baumes eigentlich ein Blog verträgt. Diese Frage ist nun beantwortet: 28 und kein weiteres mehr, denn es wird keine mehr geben. Zumindest keine aktuellen mehr. Die Weide ist weg:

Dort, wo sie sich noch im Frühjahr ins Wasser krümmte, ihren Bogen spannte, ist bloß noch ein Stumpf. Zwar treibt er neu wieder aus. Aber es ist nicht mehr derselbe, wird es nie wieder sein. Die Weide war wie ein kleines Wahrzeichen. Sie gehörte einfach dorthin.

Während die Abendsonne vom Westufer herüberscheint, versuche ich zu schätzen, wie oft und wie viele Bilder ich von diesem Baum, den ich immer meinen Lieblingsbaum nannte, insgesamt gemacht habe. Hunderte? Und welches davon ist mein absolutes Lieblingsmotiv?
Immerhin haben zwei es geschafft, im Buch Im Süden – Bilder eines guten Jahres gezeigt zu werden, eines der wenigen Motive, die sich doppeln. Das sagt eigentlich alles.

Fast schon komme ich mir ein wenig schäbig vor, dass ich, als im Twitterfotoprojekt #JedeWocheEinFoto das Thema „Mein Freund der Baum“ aufgerufen wurde, einem anderen Baum den Vorzug gab. Einen, der an unserem Dorfrand steht und den ich auch immer wieder vor die Kamera genommen habe.

Da das Bild aber nun mal regelkonform in der betreffenden Woche gemacht sein sollte und ich nicht am Weiher war, musste die alte Weide im Wasser leider auf die Ehre verzichten.
Und nun ist sie nicht mehr.
Die Sonne steht tief, als ich den Weiher verlasse, sie lugt zwischen zwei anderen Bäumen hindurch. Ja, es ist immer noch wunderschön abends am Kronthaler Weiher.

Aber etwas fehlt, etwas ist für immer verloren.

Wer noch einmal zum Abschied alle 28 Bilder dieses Lieblingsbaums betrachten möchte, die ich hier im Blog veröffentlicht hate, findet sie in dieser kleinen Galerie zum Durchklicken:

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3 Antworten

  1. Das ist so traurig. 😢 Leider ist dein Buch schon in einem Umzugskarton verstaut, sonst hätte ich gleich nochmal die zwei Bilder rausgesucht. Kann das voll nachempfinden.

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