Die Ruhe nach dem Sturm

Ruhe ist eingekehrt am Weiher, zumindest vorübergehend. Der Sturm ist vorbei, aber eines ist sicher: Der nächste wird kommen. Aber er hat ganze Arbeit geleistet.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Seit Wochen jagt ein Gewitter das Nächste, im Schnitt alle zwei Tage ziehen dunkle Wolken auf, mal entlädt es sich über uns, meistens zieht es weiter und donnert einige Kilometer entfernt herunter. Als BR24 in den vor einigen Tagen in den sozialen Medien den Geowissenschaftler Matthias Garschagen, zitiert, der anmahnt, angesichts der zunehmenden Wetterextreme gegenzusteuern, beeilt sich Susanne G. aus Passau, bei Facebook zu kommentieren: „ganz ehrlich … mein ganzes leben lang gab es sowas schon! das nennt man wetter und evtl unwetter… ganz normal!“
Da muss ich ihr Recht geben. Gewitter gab es immer schon – allerdings nicht in dieser Kombination aus Heftigkeit und Häufigkeit, was ich ihr umgehend als Kommentar unter den ihren schreibe. Das Ganze lässt sich anhand der Wetteraufzeichnungen sogar beweisen. Das sind dann Fakten. Aber diese sind als solche prädestiniert, von Menschen, die aufgrund ihres subjektives Empfindens und der eigenen Meinung, sich einbilden, allerhöchste Kompetenz in allen Themen zu haben, ignoriert zu werden. Die Wissenschaftsfeindlichkeit in der Bevölkerung, nicht zuletzt befeuert von den Boulevard-Medien wie der Springer-Presse und vorangetrieben von Politikern, denen es nicht gefällt, wenn Wissenschaftler Aussagen treffen, die nicht in ihr politisches Konzept passen wollen, nimmt erschreckende Züge an.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Der Hinweis, schwere Gewitter seien ein alter Hut, verbunden mit der Erinnerung an das Münchner Hagel-Unwetter von 1984 beweist, dass es solche Unwetter immer schon gab. Ja. Aber dieser Hinweis beweist noch viel mehr, dass, wenn man sich noch nach Jahrzehnten so gut daran erinnert, es eben 1984 ein herausragendes Ereignis war, eine Ausnahme. Jetzt aber kommen fast jeden zweiten Tag im Voralpenland Sturzbäche vom Himmel. Keller laufen voll, Städte stehen unter Wasser, Verkehrswege werden unterbrochen und auf den Feldern ganze Ernten vernichtet. Wer meint, das ginge ihn alles wenig an, irrt: Und wenn es nur dazu kommt, dass sie Versicherungswirtschaft die Prämieren für Elementarschäden, KfZ-Vollkasko etc. mal wieder gewaltig nach oben anpassen wird, und zwar für alle.
Davon freilich wollen solche Lichtgestalten wie Susanne G. von der Youtube-, Telegram- und Facebook-Akademie wenig wissen. Fakten waren und sind eben nicht ganz so ihr Ding, geschweige denn, in Zusammenhängen zu denken.

Ein ganz einfacher Fakt aber ist, dass einer der Stürme der vergangenen Woche die Weiden am Kronthaler Weiher reihenweise umgelegt hat. Das lässt sich weder leugnen, noch verdrängen, noch wegargumentieren. Nicht mal mit noch so viel Meinung.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Abgebrochene Äste sind an der Badestelle zu sehen, einige wurden bereits herausgezogen und aufgehäuft, andere liegen noch immer im flachen Wasser.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

In ihnen sammeln sich die wunderbaren, kleinen blauen Libellen, so als sei es vollkommen normal, dass überall Weidenäste am Ufer liegen oder und im Wasser herumtreiben. Das ist es aber ganz und gar nicht.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Die mächtigen Stämme mehrerer Bäume liegen kreuz und quer auf der Wiese und dem Weg. Beseitigt ist der Schaden noch nicht, die Verwaltung der Stadt Erding lässt auf Anfrage der lokalen Zeitung wissen, dass sie nicht zuständig sei. Das Gelände dort sei Kirchengrund, also müsse die kirchliche Stiftung auch für die Beseitigung der Bäume sorgen.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Nun hat man es bei Kirchens per se nicht so eilig, Schäden zu beseitigen. Aber wenn das geschieht, wird möglicherweise auch mein Lieblingsbaumstamm, den ich immer wieder fotografiert habe, verschwinden. Der nämlich hängt an einer bis vor kurzem noch aufrecht stehenden Weide. Die hat es nun auch im Sturm geschmissen. Ich kann mir gut vorstellen, dass dann einfach tabula rasa gemacht und alles entfernt wird. Also nehme ich ihn lieber noch mal ins Kameravisier, wer weiß, wie lange es noch geht?

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Und die Weiden?

Der Sturm hat sie dem Tod geweiht und machen, was ganz viele Pflanzen in solchen Situationen tun: In aller Eile bilden sie ein letztes Mal jede Menge Samen aus. Das dient der Erhaltung der Art.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Der Wind treibt die Samen davon. Fast wie Schneeflocken flirren die Haarflieger durch die Luft.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Viele Weidensamen landen direkt auf dem Wasser des Weihers. Sie bilden regelrechte Teppiche, was den Badenden nicht unbedingt gefällt. Aber so viele Badegäste gibt es an diesem Tag, an dem es zur Abwechslung erst abends ab 23 Uhr zu regnen beginnt, im Wasser.

Nach dem Sturm abgebrochene Weide

Denn der Weiher ist durch die heftigen Regenfälle der vergangenen Woche ziemlich kalt. Da hält sich das Badevergnügen für die meisten sehr im überschaubaren Rahmen. Die Sonne schafft es einfach nicht, das Wasser so aufzuwärmen, dass es die Temperatur hält, wenn nahezu jeden zweiten Tag wieder ein kräftiger Schwall neues, kaltes Wasser vom Himmel herunterkommt.
Das Klima übrigens kümmert das Befinden der Badegäste und das Bagatellisieren von Susanne G. herzlich wenig, es wandelt sich munter weiter. Die Ruhe nach dem Sturm ist wohl eher die Ruhe vor dem nächsten, von dem niemand sagen kann, wie heftig er wird. Beunruhigend ist das allemal.

Aber Susanne aus Passau ist das Ganze sowieso höchstwahrscheinlich schnurzpiepegal. Gewitter und Sturm hat es eben immer schon gegeben.
Ja, Susanne, Ja!


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1 Antwort

  1. Brigitte sagt:

    Danke für den Beitrag und die fotografische Dokumentation. Ich finde es erschreckend wie viele sich ihre Meinung anhand irgendwelchen „Fachleuten“ bilden, anstatt den gesunden Menschenverstand einzusetzen. Aber wahrscheinlich ist dieser bereits abhanden gekommen !? Ich bin „älteres“ Semester, aber an solche Vorfälle in dieser Intensität kann ich mich nicht erinnern. Erschreckend finde ich, dass sich immer mehr nicht zuständig fühlen, anstatt mit vereinten Kräften gemeinsam die Dinge anzupacken.
    In mir macht sich das Gefühl breit, dass die Natur uns zeigt wer der stärkere ist und das ist keinesfalls der Mensch.
    Viele Grüße, Brigitte

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