Als Tourist daheim (#14): Weitere fünf Seen an einem anderen Tag / Teil 1

Schon einmal habe ich fünf Seen zum Fotografieren an einem Tag abgeklappert. Was einmal geht, geht auch zweimal und so entschließe ich mich, weitere fünf Seen an einem wunderbaren Frühlingstag vor die Linse zu nehmen. War es in der ersten Rundtour der Südwesten Münchens zum Karwendel hin, so ist es dieses Mal der Südosten: Der Chiemgau. Hier will ich bei alten Bekannten vorbeischauen, dem Obinger See, dem Klostersee in Seeon und dann mit kurzem Halt in Seebruck am Chiemsee in die Berge zum Löden- und zum Mittersee (wovon in Teil 2 morgen zu lesen sein wird).

1. Obinger See

Im Obinger See war ich 2021 zum Schwimmen, er ist mir also nicht unbekannt. Da ich damals aber gleich zum Gries-See weiter gedüst bin, um auch diesen wasserseitig kennenzulernen, war mein Besuch eher eine Stippvisite. Hin, raus aus den Klamotten, rein ins Wasser, raus, abtrocknen – und tschüss.
Bilder gab es zwar auch, aber so richtig glücklich bin ich mit denen nicht. Und da mir Google den Weg über die B 304 in die Berge empfiehlt und ich zwangsläufig hier vorbei komme, entscheide ich mich für einen Zwischenstopp. Den ersten am Tag.
Es ist noch früh, auf dem Parkplatz des Strandbads steht ein LKW, die Fenster verhängt, ein Trucker übernachtet offenbar hier abseits der Bundesstraße.
Als ich die Kamera aus dem Rucksack nehme, kommt mir das erste Mal der Gedanke, das eingezäunte Strandbad könne nicht betretbar sein, das Tor verschlossen, aber eine Frau, die einen Hund Gassi führt, kommt von der Innenseite, öffnet das Tor und spaziert mit ihrem Zamperl davon.
Einige Minuten später stehe ich auf dem Steg, richte meine Kamera in Richtung Obing über das tiefblaue Wasser unter ebenso tiefblauem Himmel.
Empört und lautstark protestierend nehmen drei Graugänse reißaus.
Ich verfolge sie mit dem Objektiv als sie am Nordufer am Schild wieder auf dem Wasser landen. Gern hätte ich ein Foto von ihnen im Vordergrund den spitzen Turm der Kirche St. Laurentius am Ufer dahinter, aber die Gänse wollen mir einfach nicht ins Bild schwimmen. Als sie es letztlich doch tun, zeigen sie mir nur ihre Rückansicht. Nicht, das, was ich mir gerade vorgestellt habe.

Der Blick richtet sich nach Südosten, der Tag verspricht schön zu werden, vielleicht aber auch ein wenig milchig, diesig. Nicht jedes Bild wird den tiefblauen Himmel zeigen, das ist mir jetzt schon klar.

Es entstehen viele Fotos, bevor ich den Steg und das Strandbad wieder verlasse.  Im Sommer werde ich noch mal zum Schwimmen vorbei kommen, aber jetzt habe ich erst mal, was ich wollte: Eine Fülle an Fotos vom Obinger See.
Möglichst leise öffne und schließe ich die Autotür und fahre weiter. Ich hoffe, den Trucker nicht wieder gestört zu haben.

 

Auf der Südseite des Sees führt ein Skulpturenpfad entlang. Ein kurzer StoIch spaziere in der Morgensonne diesen Pfad Richtung Obing, lasse mich von meiner Kamera ablenken, in dem ich beim Gehen auf dem Display die Bilder durchklicke.

Um so mehr erschrecke ich, als ich aus dem Augenwinkel dicht neben mir plötzlich eine Gestalt im Ried bemerke: Eine nackte Frau, nur eine Skulptur, kein Mensch. Aber einen Bruchteil einer Sekunde war mir das nicht klar. Es ist die Frau im Schilf von Johannes Stellner, eine der vielen Skulpturen, an denen ich entlang laufe, sie mahnt mich, etwas aufmerksamer zu sein für die Kunst am Wegesrand. Zweites Vorhaben: Im Sommer nach (oder vor dem Schwimmen) mich etwas eingehender mit dieser Freiluftgalerie zu beschäftigen.

Matschige Trampelpfade führen durch das Schilf zu kleinen Badeplätzen. Immer wieder folge ich ihnen, denn ich bin neugierig, ob sich mir dort ein neuer, interessanter Blick auf den Obinger See erschließen wird oder nicht.
Das für den See charakteristischste, markanteste Motiv ist sicher der lange Steg, der direkt auf die Kirche zuläuft, das heißt aber nicht, dass es nicht auch andere geben kann.

Das Spezifische eines Sees in Fotos einzufangen, ist nicht immer einfach, und manchmal ist es gar nicht notwendig. Ob die Grasbüschel nun hier oder in einem anderen See wachsen, ist eigentlich egal. Sie sind ein Foto wert, auch wenn es an vielen Seen hätte entstehen können.
Andererseits wird es dem See nicht gerecht, nur seine Grasbüschel zu zeigen.

Von einem Steg an einem größeren Badeplatz aus erspähe den Turm der kleinen Filialkirche St. Jakobus d. Ä. Weithin ist er sichtbar, da sich der kleine Ort Albertaich auf einem Moränenrücken befindet. Was eine Bilderbuchlandschaft…

2. Klostersee Seeon

Nummer 2 der Tour ist der Klostersee bei Seeon, auch ein alter Bekannter, in dem ich schon öfter schwimmen war, was aber auch schon wieder ne Weile her ist. Die Bildauswahl damals war eher dürftig. Es gilt, aufzuholen, vor allem das markanteste Bauwerk, das ehemalige Kloster zu fotografieren.
Hatte ich gerade erst von Bilderbuchlandschaft in Obing geschwärmt, wird das am Klostersee noch einmal um Klassen überboten. Kein Wunder, dass es hier sommers zugeht wie im Taubenschlag. Jetzt aber ist es ziemlich ruhig und leer.
Das ist natürlich auch dem geschuldet, dass unter der Woche nur wenig Menschen Ausflüge machen und da noch keine Ferien sind auch nicht allzu viele Urlauber:innen unterwegs sind.

Mein Weg führt mich um die Bucht im Nordwesten hinüber zu St. Maria, einer kleinen Kirche auf einem kleinen Hügel, von dem…

…man einen großartigen Blick auf das Kloster und dessen Kirche St. Lambert hat.

Das Kloster wurde in napoleonischer Zeit säkularisiert, gelangte in den Besitz der Herzöge von Leutenberg, die es aber 1934 aus Geldnot verkaufen mussten. In den 70ern erwarb es die Diözese München-Freising, um zu verhindern, dass es an die Baghwan-Jünger verkauft wird, die dort ein sprituelles Zentrum errichten wollten. Die Diözese verkaufte es schließlich an den Bezirk Oberbayern, in dessen Besitz sich das Anwesen noch immer befindet.
Heute beherbergt es ein Hotel und ein Kultur- und Tagungszentrum, das unter anderem gern von der CSU genutzt wird. Insoweit ist es zumindest während dieser Tage weit entfernt von irgendeiner inspirierender Spiritualität, was aber ein anderes Thema ist.

Ansonsten aber gibt man sich am See allerlei Mühe, spirituell und bisweilen mächtig esoterisch den Sinnsucher:innen unter den Urlaubenden Angebote zu machen. Das ist jetzt nicht ganz mein Ding. Aber ich verstehe, dass man dem einen oder anderen abgestumpften (Stadt?)-Menschen einen solchen Mehrwert bieten muss.
Natur und sie zu erspüren allein reicht wohl nicht mehr aus, da muss dann eben die Esoterikkeule eben her. Auch die Stille des Kreuzgangs im ehemaligen Kloster hat ihren ganz eigenen Reiz (von dem ich hier noch mal schreiben werde), da braucht es gar nichts weiter als diese vier zum Innenhof offenen Wandelgänge.

Draußen aber reichen mir eine Bank, die Frühlingssonne und der Blick übers Wasser um da anzukommen, wo ich in solchen Momenten sein will.
Was bin ich doch genügsam. Was bin ich doch unempfänglich für allerlei Eso-Schnickschnack, vielleicht auch, weil er sich allzu oft sehr schnell als schnöde Geschäftemacherei entpuppt. Selbst das Anlocken von Besucher:innen, Ausflüger:innen und Urlauber:innen mit irgendwelchen „Kraftorten“ etc. ist letzten Endes nichts Anderes als der Plan, der Ferienregion ein paar Extra-Euro ins Säckel holen zu wollen.

Spannend ist die kleine Kirche St. Walburgis mit ihrem russisch-orthodoxen Friedhof und dem Urnengrab von Anastasia, die nachweislich gar nicht Anastasia war. Dazu habe ich in einem anderen Blog etwas geschrieben. Wie kommen russisch-orthodoxe Gräber mitten hinein nach Oberbayern und wer war Anastasia Mahanan? Das ist eine durchaus interessante wie skurrile Geschichte mit einer gehörigen Portion Hochstapelei – die zu erzählen ich immer mal vorhatte und auch deshalb in Seeon Halt gemacht habe.

Von Seeon nach Seebruck sind es keine 10 Kilometer. Beide Orte bilden eine Gemeinde. Hier werde ich einen weiteren Fotostopp machen.

Teil 2 der fünf Seen hier


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1 Antwort

  1. Inga sagt:

    Sehr schöne Impressionen in Wort und Bild! Im Kloster Seeon war ich mehrmals auf Tagung ( sehr zu empfehlen!) und bin dann morgens oder in den Pausen oft eine kurze Runde um den See gelaufen. Immer wieder schön!

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