Stürmische Versöhnung im BuGa-See
Ich gebe es ja zu, die stürmische Versöhnung überrascht mich selbst. Denn bisher hatte ich den Riemer See, auch BuGa-See genannt, eher belächelt. Eine Betonwanne, ein künstliches Etwas, eine Bundesgartenschau-Hinterlassenschaft, mit dem ich nicht wirklich etwas anfangen konnte. Gut, dass er da ist, im Sommer lagert’s sich dicht an seinen Ufern.
Aber See? Das geht anders. Ich weiß, dass ist töricht, seit seiner Schaffung für die Bundesgartenschau 2005 und dem Umbau zum Freizeitgelände sind manche Badegäste dort ertrunken – vermutlich auch, weil sie sich und den See unterschätzt haben. Vor wenigen Tagen erst ist ein Mann dort ertrunken.
Zum dritten Mal besuche ich den See, Sturmtief Kirsten „ist Schuld“. Und Kirsten belehrt mich eines Besseren. Der BuGa-See kann richtig Klasse sein.
Es fegt gewaltig über Bayern, abgeregnet hat es sich weiter im Norden und Westen. Hier bläst es nur heftig, dazu stahlblauer Himmel und smarte Sommertemperaturen. Bestes Surf-Wetter also. Und weil das so ist, meide ich den Kronthaler Weiher. Ich kann mir vorstellen, dass heute reichlich Surfer über das Wasser sausen, zwischen denen will ich nun nicht gerade hin und her schwimmen.
Der Idee einer FB-Schwimmerin folgend, die von stürmischen Zeiten und welligem Wasser am BuGa-See berichtet, fahre ich nach Feierabend spontan nach Riem und an den See. Oh ja: Ich sehe schon. Sie hat nicht zu viel versprochen.
Da der See sich von West nach Ost erstreckt, der Wind von Westen bläst und dort auch die Sonne schon recht tief steht, könnte es ein höchst spannendes und abwechslungsreiches Schwimmen unter ganz besonderen Bedingungen werden. Der See präsentiert sich rau, fast wild, er hat nichts mehr von Betonwanne und Planschbecken. Strömung allerdings gibt es nicht wirklich, dazu ist er zu klein.
Viele Schwimmer sehe ich im Wasser kraulen, einige davon im Neo – es wird heftig trainiert. Ich will mich auf eine Runde und ein paar Fotos beschränken, vor allem Gegenlicht, die Verhältnisse dazu sind verführerisch. Doch daraus wird nichts. Und das ist auch der Grund, warum ich eigentlich noch viel stinkiger auf den BuGa-See sein könnte. Nein: Müsste. Schon nach zwei Schritten ins Wasser rutsche ich auf dem glitschigen Beton einer Rampe aus und setze mich erst mal gewaltig auf den Allerwertesten. Autsch. Autsch. Autsch. Dass das Ganze zur Belustigung aller, die am Ufer Zeuge werden, dient, macht es nicht besser. Vollkommen ärgerlich aber ist, dass ich dabei meine wenige Wochen alte neue Unterwasserkamera, die am Gürtel der Boje hängt, schrotte. Ein Sprung im Display, die Kamera zieht sofort Wasser. Das war’s. Da wird wohl die Rundum-Sorglos-Versicherung, die ich beim Kauf abgeschlossen habe, eine neue spendieren müssen.
Das wäre ein guter Grund, jetzt so richtig sauer zu sein. Aber ich bin überrascht über mich selbst, dass mich das einfach gar nicht aufregt. Einmal „Scheiße!“ reicht. Den Rest muss das Geschäft, wo ich die Kamera gekauft habe, regeln.
Ich starte nach Westen – der Sonne und dem Wind entgegen. Harte kleine Wellen machen das Schwimmen schwierig, aber auch lustig. Die Sonne blendet, andere Schwimmer und die die Badezone begrenzenden Bojen sehe ich sehr spät. Fast kommt es zu dem einen oder anderen Rempler.
Umkehr ist im Westen, dort, wo das Wasser wieder flacher wird und viele Wasserpflanzen eine natürliche Filterzone, die ich später von der Brücke aus mit dem Handy fotografiere, für den See bilden.
Dann geht es auf der Südseite nach Osten – die Sonne und den Wind und damit die vielen kleinen Wellen im Rücken. Da sollte Schwimmen eigentlich recht angenehm werden, fast, als ob ich mich tragen oder anschieben lasse. Aber so ist es nicht. Die Schwimmboje droht, vom Wind angetrieben, mich zu überholen. Immer wieder kommt sie mir bei den Kraulzügen ins Gehege, mal verheddere ich mich in ihrem Riemen, mal knallt sie mir gegen den Ellenbogen, gerne mit dem Ventil zuerst. Ich bin der einzige, der mit Boje schwimmt, vielleicht hätte ich das lassen sollen. Schließlich bleibe ich die ganze Strecke über nah am Ufer in relativ flachem Wasser und so groß ist der See ja nicht. Boote und SUPs gbit es nicht, dass ich auf mich aufmerksam machen müsste. Das war nicht durchdacht Man lernt eben nicht aus.
Trotzdem macht es enormen Spaß, durch den See im Sturm zu schwimmen. Mal was Anderes und noch dazu höchst abwechslungsreich. Die Entscheidung für den BuGa-See war richtig. Auf der einen Seite bin ich zwar froh, nicht zwischen den (mutmaßlich anwesenden) Surfern am Kronthaler Weiher umher schwimmen zu müssen, andererseits hätte ich jetzt gerne gewusst, wie sich mein Hausrevier beim Sturm Kirsten aufschaukelt und wie man dann dort schwimmen kann. Denn auch das kenne ich noch nicht.
Na ja, vielleicht beim nächsten Mal. Mit dem BuGa-See aber bn ich versöhnt.
Nach dem Schwimmen ist wieder einmal ein Spaziergang in der Abendsonne fällig. Erneut führt mich der Weg um den See herum; erneut, um Fotos zu machen, die ich nach dem Schrotten der Unterwasserkamera aus dem See heraus nicht mehr hatte machen können. Wie üblich fotografiere ich um die anderen Menschen bestmöglich drum herum und dieses Mal bemühe ich micht auch, den See von seiner Schokoladenseite zu zeigen. Viel „Natur“ oder zumindest das, was so aussieht als wäre es eine. Und wieder nötige ich meinem telefonino bei der Gelegenheit mit äußerster Brutalität Gegenlichtfotos ab, um das Ganze zu unterstreichen. Mal ehrlich: Sieht so ein künstlich angelegter See aus, eine Betonwanne inmitten einer komplett gestalteten Parklandschaft?
Vielen Dank fürs Lesen.
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ein interessanter Bericht. Danke fürs zeigen.
So liegen Glück und Pech manchmal dicht nebeneinander.