Wie der Vater so die Tochter – ein Gastbeitrag zur Erika Mann Ausstellung in der Monacensia

Ein Gastbeitrag von Lea Prauser

„Guten Morgen, ich habe eine interessante Einladung. Hättest Du vielleicht Lust und Zeit?“ – weckt mich am 22. Oktober eine Message meines Papas. Im Anhang schickt er mir die Einladung von Tanja Praske zum Bloggerwalk #ErikaMann anlässlich der Ausstellung Erika Mann. Kabarettistin – Kriegsreporterin – Politische Rednerin in der Monacensia im Hildebrandhaus.
Das erste, das mir durch den Kopf schießt, sind Fragezeichen. Was ist ein Bloggerwalk? Und wer war Erika Mann noch gleich?

Die Erklärung zu meiner zweiten Frage schickt er gleich hinter her, als hätte er meine Gedanken gelesen.
„Erika Mann war die Tochter von Thomas Mann. Eine enorm interessante Frau.“ – Danke, Papa. Mehr Teaser braucht es nicht und ich sage spontan für den Abend zu. Später fällt mir ein, dass ich zu dem Zeitpunkt ein Seminar in der Uni habe. Aber wenn das eine so „enorm interessante Frau ist“, kann Buchhandels- und Verlagsgeschichte sowieso nicht mithalten.
Was ein Bloggerwalk ist, weiß ich immer noch nicht, aber das werde ich schon noch früh genug herausfinden.
So finde ich mich also an einem Montagabend vor der Monacensia in München wieder. Ein beeindruckendes Gebäude, das ich sowieso schon längst besucht haben wollte. Nicht zuletzt, weil mein Literaturdozent und Bachelorarbeitsbetreuer permanent seinen Studenten davon vorschwärmt.
Ich muss zugeben, informiert habe ich mich davor natürlich nicht. Weder über Erika Mann, noch über die Ausstellung. Es stellt sich aber heraus, dass das gar nicht nötig gewesen wäre.
Zu Beginn der Veranstaltung, zu der sich knapp 20 Blogger und Bloggerinnen aus München versammelt haben, erzählt uns Anke Buettner, die Leiterin der Monacensia, über das Haus. Ich bin sofort gefesselt und sehe mich schon hier sitzen, und an meiner anstehenden Masterarbeit schreiben. Die Atmosphäre und Mischung aus antik und modern, die zahllosen Bücher, das lässt mein Herz höher schlagen und ruft mir in Erinnerung, warum ich mich im Laufe meines Studiums hauptsächlich der Literaturwissenschaft gewidmet habe.

Ein kleiner Einschub: Für Ausstellungen kann ich mich per se nur schwer begeistern. Schnell wird mir das Umherlaufen und Schaukästen anschauen zu langweilig, das Lesen der Informationstafeln zu mühsam.
Doch das soll an diesem Abend nicht so sein. Co-Kuratorin Sylvia Schütz führt uns durch die Ausstellung. Sie gibt dabei einen Blick hinter die Kulissen der Ausstellung, erzählt viel, was ich sonst wohl nie erfahren hätte und begeistert mich mit ihrer ruhigen Art zu erzählen.
Auch der Aufbau der Ausstellung gefällt mir auf Anhieb. Zitate Erika Manns säumen die Wände, es gibt viel zu sehen, aber nicht so viel, dass man sich erschlagen fühlt.

Prolog - Erika Mann in der Monacensia

Die Ausstellung folgt ihrem Namen. Bereits im ersten Teil, in dem Sylvia Schütz über Erika Manns Kindheit berichtet, bin ich gefangen. Zu schön sind die Erzählungen über die wilde Kindheit, in der Erika und ihr Bruder Klaus so viel „groben Unfug“ treiben, dass sie in ein reformpädagogisches Landerziehungsheim geschickt werden. Zugegebenermaßen bin ich fast ein bisschen neidisch. Nicht, dass ich eine langweilige Kindheit gehabt hätte, aber der mehrmalige Versuch, eine Bande zu gründen, scheiterte leider schon bei der Uneinigkeit in der Namensfindung.Erika Mann über ihre Kindheit - in der Monacensia
Dann geht die Ausstellung über in Erika Manns Zeit als Kabarettistin und zeigt dabei nicht nur die schönen, sondern auch die Schattenseiten Manns Theaterdaseins mit Beginn der Nazi-Diktatur.
Währenddessen liest Tanja Praske hier und da ein paar Stellen aus Erika Manns Werk Blitze über dem Ozean. Im Geiste setze ich das Buch auf meine persönliche Literaturliste, denn in den Schreibstil verliebe ich mich sofort.
Aber nicht nur Erika Manns Schreibstil tut es mir an. Nein, ich bin fasziniert von ihr als Persönlichkeit. Großen Raum in der Ausstellung nimmt auch ihre „Zweitkarriere“ als Kriegskorrespondentin, politische Rednerin und Kinderbuchautorin ein. Man mag meinen, dass die Ausstellung hier nur Vergangenes zeigt, doch weit gefehlt.
Die Parallelen zum Jetzt sind unübersehbar. Wunderbar ließe sich Erika Manns politisches Engagement und ihr Kampf gegen Hetze und Hass auf Heute übertragen. Das berührt mich und stimmt mich nachdenklich. Was diese Frau ausgehalten haben muss, als die Nazis sie öffentlich beleidigen und verhöhnen – und trotzdem hat sie sich gewehrt, hat dagegen gekämpft, geklagt und gewonnen… Sie wäre uns heute allen dabei ein Vorbild.
Nicht nur dafür bewundere ich diese Frau, die ich bisher leider nie auf dem Radar hatte. Auch ihre Arbeit als Kriegsreporterin begeistert mich. Von ihrer Courage, bei den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen den Verurteilten gegenüberzustehen, von Angesicht zu Angesicht, davon kann sich jeder eine Scheibe abschneiden.
Das ist es auch, was ich für mich aus der Ausstellung in der Monacensia mitnehmen möchte. Ein Stück von Erika Manns Mut, nicht zu schweigen, laut zu sein und sich für Dinge einzusetzen, hinter denen man steht.
Erika Mann politisch - Ausstellung in der Monacensia

Text und Fotos: Lea Prauser

Den väterlichen Beitrag lesen Sie hier.

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3 Antworten

  1. Eine sehr schöner Beitrag. Danke dafür. Ich werde einen Link auf den Artikel an meine Tochter schicken. Vielleicht habe ich Glück und sie geht über Weihnachten mit mir in die Ausstellung ;-) Sonst gehe ich alleine hin.

  2. Schöner Beitrag. Die Ausstellung würde mich interessieren, wenn … ja wenn die vielen KM nicht wären.

  3. Liebe Lea,

    ein ganz dickes Merci für diesen klasse Artikel!! Wir sind begeistert und freuen uns darauf, dich hier bei uns in der Monacensia arbeitend wieder zu treffen. Die Bibliothek ist in der Tat sehr inspirierend. Auch die Hörstationen zu Erika Mann lohnen sich. Sie setzen den Geist der Ausstellung fort, Erika in O-Tönen sprechen zu lassen. In der Familie Mann-Bibliothek gibt es einen Hörwürfel, daneben ein bequemer Sessel mit wunderbarem Ausblick.

    Die Ausstellung fordert dazu heraus, immer wieder erneut zu kommen, sich zu versenken, reinzuhören bzw. das Begleitprogramm, was konzeptionell mitgedacht ist, zu besuchen. Am 3.12. um 19:00 geht es damit weiter, ein Film „Ich bin ein sehr gebranntes Kind: Erika Mann“.

    Uns freut es sehr, dass auch dich Erika Mann erwischte. Sie hat so viel Aktuelles zu sagen, erschreckend und ja, ihr Mut ist herausragend.

    Komm uns gerne wieder besuchen!

    Herzlich,
    Tanja, digitale Vermittlung Erika Mann, Monacensia

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