Die Gier nach Currywurst

Currywurst bayerisch

Und da ist sie wieder, diese unsagbare Gier nach Currywurst. Das ist kein Wunder, seit einigen Tagen spreche ich immer wieder mal mit einigen Kolleginnen darüber. Da wäre die Berlinerin und damit prädestinierte Currywurst Expertin, aber auch die hiesige aus Bayern, die diese Lust vollkommen nachvollziehen kann. Wir beraten, wo es wohl eine gute geben könnte und das steigert die Sehnsucht danach enorm.
Lust ist das nicht mehr. Es ist die pure Gier.

Nun ist das mit guter Currywurst in Bayern so eine Sache, abgesehen vom Bergwolf in München, der für sich reklamiert, Bayerns beste Currywürste anzubieten, weil er diese nämlich aus Westfalen exportiert, ist das eher Fehlanzeige – vor allem, je weiter man draußen aufs Land fährt.
Dabei gibt es natürlich fast überall Currywürste. Kaum ein Kiosk, Biergarten, Ausflugsrestaurant an einem der Seen, die sie nicht im Angebot haben. Die Gastronommen haben sich längst dem kulinarischen Geschmack der Urlauber wie auch der Zugroastn angepasst.
Damit sind zumindest die touristischen Regionen in Bayern etwas fortschrittlicher und weltoffener als beispielsweise Nordrhein-Westfalen. Der Expertise meines Schwiegervaters zufolge, der ein Urbayer vor dem Herrn ist, gab es in ganz Hagen und Region keine anständigen Weißwürscht zu kaufen. Daher mussten wir bei jedem Besuch, als meine Schwiegerleut noch dort lebten, Weißwürste beim Metzger im Nachbardorf kaufen und nach NRW mitbringen. Nicht, dass es dort keine gegeben hätte – aber eben keine echt bayerischen.
Dass die Würste angesichts von über 600 Kilometern Fahrtstrecke dabei selbstverständlich das Zwölfuhrleuten hörten, was in den Wirtschaften Bayerns ein ungeheures Sakrileg darstellt, war so unvermeidlich wie übersehbar.
„Weißwurstfaschismus“ nennt selbst mein Münchner Freund Alex die Attitüde, nach 12 Uhr diese in Münchens Traditionswirtshäusern nicht mehr zu servieren. Dabei könnten die stets grantigen Kellnerinnen im Weißen Bräuhaus, das gar nicht, wie uns mal eine erklärte. Selbst, wenn sie es wollten.
„Um Punkt 12 Uhr stellt das elektronische Bestell- und Kassensystem des Bräuhauses die Weißwürscht auf nicht verfügbar. Punkt, Aus.“ Da könne sie auf ihrem elektronischen Bestellmaschinchen noch so viel drücken wie sie wolle. „Es geht einfach nicht!“ Um fünf vor 12 könne man aber noch so viele ordern, wie man wolle. „Die werden dann auch, wenn sie nach 12 Uhr erst fertig sind, noch zum Tisch gebracht.“
So gehört bei einem der legendären und mittlerweile schwer vermissten WwfsWBH-Terminen, den Weißwurstfrühstücken im Weißen BräuHaus.

Beste Prinzipienreiterei also – so richtig preußisch.
Currywurst hingegen gibt es immer; außer vielleicht im Festzelt auf der Wiesn, aber da bestellt man schließlich auch kein kleines Pils; es sei denn, man will hochkant aus dem Zelt geworfen werden. Zumindest das, was hier für Currywurst gehalten wird, ist ansonsten überall im Angebot.
Und da die Gier irgendwann größer ist als die Vernunft, biege ich auf dem Heimweg nach der Arbeit kurz vor der Autobahnauffahrt spontan links ab. Mein Ziel: Ein Baggersee samt Naherholungsgebiet, darin ein Biergarten, der geöffnet hat und derzeit wenigstens Essen To Go anbietet. To Go heißt in diesem Fall: Currywurst Pommes in der Vorabendsonne auf  einer kleinen Mauer mir Blick über den See hinüber zu den Türmen des Münchner Heizkraftwerks… das hat was.
Und die Lust auf Currywurst wäre dann auch wieder gestillt.

Experten – und Twitter ist voll davon – monieren angesichts eines Foodporn-Tweets, dass die Pommes zwar gut aussähen, aber es fehle an allem. An der Mayo (ja, das stimmt), am kräftigen Schuss Currypulver über der Schale. Den gibt es zwar, wie ich an der Essensausgabe beobachte, aber eben in falscher Reihenfolge. Der Gute jagt erst die rote (!) – auch das ein Unding – Wurst durch die Schneidemaschine, haut dann das Curry drauf, als nächstes die Sauße und am Ende die Pommes. Das kritische Ruhrpott-Auge in meiner Twitter-Gefolgschaft bemerkt all diese Fehler sofort.

Mein Gott – lernen die hier das denn nie?
Wo sind die guten alten Zeiten hin, da man nach der Schule in der Hohenlimburger Currywurstbude dabei zusehen konnte, wie der Wirt die Wurst mit der Zange aufnahm, über die Schale hielt und diese dann mit einer langen Papierschere händisch in ein knappes Dutzend Stückchen schnitt? Die Wurststücke fielen in die Pappschale, Sauße drüber, Pommes daneben, Curry über die Wurst, ein Klaks Majo. Zack die Waldfee. Fertig. Mahlzeit.

Vielleicht sollte ich, wenn mich wieder die Gier nach Currywurst überkommt, beim nächsten Mal zum Minigolfplatz am Kronthaler Weiher fahren (sofern der überhaupt geöffnet hat). Da wissen sie nämlich, wie ’ne Currywurst serviert wird. Auch, wenn’s wieder nur ’ne Rote ist.

Currywurst am Kronthaler

Nah dran – immerhin.

 


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4 Antworten

  1. Da haben wir etwas gemeinsam. Stelle mir eine Badewnne voller Currywurst hin und ich springe rein. Lach …

  2. Currywurst mag ich auch und unser kleiner Supermarkt hat eine Currysoße, die ist wirklich lecker. Hergestellt von der besten Pommesbude, die jetzt ja kaum Zulauf hat und somit ihren Umsatz ein bisschen aufbessert. Sollte ich noch mal rüberhuschen?

  3. Lieber Lutz,
    auch mir geht es wie dir, die Weisse wird arg vermisst. Auch in Franken gibt es weder Münchner Weisswurst, noch Ruhrpott Currywurst.
    Was die Currywurst angeht, steht und fällt die mit der Sauce. Meiner Meinung nach liegt das ganz grundsätzlich an der Tatsache, dass kaum ein Imbiss mehr Schaschlik anbietet und ohne Schaschlik, keine gute Sauce! Da hilft es auch nicht, viel Majo, Ketchup oder Curry in welcher Reihenfolge auch immer zu zugeben. Auch wenn ich noch niemals so ein Buden-Schaschlik gegessen habe, ich vermisse auch das.

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