Ein milder Wintertag – Achtung: ein lyriklastiger Beitrag

Ein milder Wintertag überschrieb Annette von Doste-Hülshoff ein Gedicht, das mir Ende Januar in der Wochendbeilage unserer Zeitung entgegen flatterte. Und selten hat ein Gedicht auf das gepasst, was in diesen Tagen draußen vor der Tür stattfand.

An sich habe ich es nicht so mit dem literarischen Schaffen dieser Autorin, vielleicht liegt es allerdings auch daran, dass ich sie nicht richtig entdeckt und in der lang zurückliegenden Schulzeit zu wenig mit ihr konfrontiert wurde. Das mutet sonderbar an, stammt sie doch wie ich aus dem Westfälischen, da hätte man doch…
Hat man aber nicht. Den Knaben im Moor musste ich mal irgendwann auswendig lernen, wohl genau in der Zeit, in der heranwachsende Knaben auf alles Lust verspüren – außer auf Gedichte und die dann auch noch auswendig zu lernen. Sei’s drum – lange her.

Das Gedicht vom Meer milden Wintertag korrespondiert auf wundersame Weise mit einem Zufallsbesuch an einem solchen an einem kleinen Weiher und ein paar Fotos, die ich dort auf dem Weg nach Erding gemacht habe. Also rücke ich einfach beides in diesem Beitrag zusammen und zitiere Annette von Droste Hülshoff in voller Länge.
Poesie und Pictures, Lyrik und Lichtbilder.

So etwas habe ich in meinem Blog noch nie getan, aber irgendwann gibt es für alles ein erstes Mal.

Ein milder Wintertag

Ein milder Wintertag - Schwengel vom Schilf

An jenes Waldes Enden,
Wo still der Weiher liegt
Und längs den Fichtenwänden
Sich lind Gemurmel wiegt;

Ein milder Wintertag - die Schwillach

Wo in der Sonnenhelle,
So matt und kalt sie ist,
Doch immerfort die Welle
Das Ufer flimmernd küßt:

ein ,milder Wintertag am Weiher

Da weiß ich, schön zum Malen,
Noch eine schmale Schlucht,
Wo all die kleinen Strahlen
Sich fangen in der Bucht;

Ein milder Wintertag - blauer Himmel, blaues Wasser

Ein trocken, windstill Eckchen,
Und so an Grüne reich,
Daß auf dem ganzen Fleckchen
Mich kränkt kein dürrer Zweig.
Ein milder Wintertag am Weiher

Will ich den Mantel dichte
Nun legen übers Moos,
Mich lehnen an die Fichte,
Und dann auf meinen Schoß

Ein milder Wintertag - harte Kontraste

Gezweig‘ und Kräuter breiten,
So gut ich’s finden mag:
Wer will mir’s übel deuten,
Spiel ich den Sommertag?

Ein milder Wintertag - Lichtreflexionen

Will nicht die Grille hallen,
So säuselt doch das Ried;
Sind stumm die Nachtigallen,
So sing‘ ich selbst ein Lied.

Ein milder Wintertag - vertrocknete Gräser

Und hat Natur zum Feste
Nur wenig dargebracht:
Die Lust ist stets die beste,
Die man sich selber macht.
Ein milder Wintertag - Totholz im Wasser

Faszinierend finde ich später beim Sichten der Bilder auf meinen Rechner einmal mehr, dass an den besonders milden Wintertagen die Kontraste umso härter, fast brutal werden. Das Blau des Himmels, das Blau, das sich im Wasser spiegelt, das Beige-Braune vertrockneter Gräser, die Schwärze des Holzes.

Entstanden sind die Bilder an einem winzigen Biotop ab einem Weiher ganz im Sempttal. Das ist fernab von Annette von Droste-Hülshoffs münsterländischen Heimat; aber immerhin inmitten eines Moosgebiets, also einer Sumpflandschaft. Der Teich, der kaum 120 Meter Durchmesser hat, wird von Süden her durch den kleinen Fluss Schwillach gespeist, der im Norden wieder heraus fließt, bevor er rund eineinhalb Kilometer weiter in die Sempt mündet, die ihrerseits bei Moosburg in den mittleren Isar-Kanal mündet – und der wieder vor Landshut der Isar ihr Wasser zurückgibt.

Dieses kleine Biotop inmitten eines Landschaftsschutzgebiets ist als solches kaum zu entdecken. Es liegt inmitten der Felder, eingsäumt von wenigen Bäumen. Man möchte kaum glauben, dass man hier schlagartig der profanen Welt entfliehen kann, dass man sich zumindest während eines kurzen Spaziergangs an einen ganz anderen Ort denken kann. Dabei sind die Felder so nah, dabei ist das Neubaugebiet der Gemeinde Wörth kaum mehr als 500 Meter entfernt.
Aber wenn man es nur etwas geschickt anstellt, dann ist zumindest auf den Fotos kaum etwas davon zu entdecken, dann könnte man fast meinen, man sei sonstwo fernab jeglicher Zivilisation.
Dem ist natürlich nicht so – aber für eine kleine Alltagsflucht an einem milden Wintertag reicht’s. Mit oder ohne Lyrik.
Das kann jeder halten, wie er will.

Dieses, eher ernüchternd wirkende Foto zeigt übrigens das Biotop in seiner vollen Größe.


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4 Antworten

  1. Ein schönes Gedicht an einem warmen Wintertag. Morgens um 6 Uhr schon 11° Plus.

  2. MarilynBoymn sagt:

    Hello. And Bye.

    Edit: Bye. And Hello. LP

  3. Mountunorway sagt:

    Edit: Leere Bot-Kommentare sind die besten, da muss niemand den Mist lesen

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