SEO SEO über alles? Und überhaupt: Wie geht es weiter?
Es wird Zeit, mal wieder nachzudenken über das, was ich hier mache, warum ich das tue und welche Perspektiven ich dabei habe. Denn es ist die Zeit, in der in Firmen die Mitarbeiterjahresgespräche stattfinden und man als Angestellter offenbaren soll, wie viele Extrameilen man in Zukunft mehr zu laufen gedenkt, wie viel Selbstoptimierung noch möglich ist, sein Arbeitspensum zu verbessern und so weiter und so weiter.
Also frage ich mich als Blogger natürlich auch – wo soll’s hingehen. Ein weiterer Auslöser ist Michael Kauschs Dampfblog-Beitrag Wie lang sollte ein Blogartikel unter SEO-Gesichtspunkten sein? , der mir wieder einmal das SEO-Thema vor Augen führt.
Denn ohne SEO ist alles nichts, aber SEO ist eben nun mal auch nicht alles. Aber viel. Enorm viel. Schaue ich in mein Ranking der erfolgreichsten Beiträge 2022, dann kann ich immer wieder nur feststellen: Der Erfolg kommt hier überwiegend durch die Suchmaschinen, ob das nun der Beitrag über Schwimmen in Naturschutzgebieten, Totenkopfschwimmabzeichen oder über Wellensittichschmuggler ist: Google treibt mir jede Menge Einmal-Leser heran. Die lesen und klicken nicht weiter.
Ja: Der Erfolg, will man denn die Klickraten als Parameter der selbigen ansehen, und genau das machen ja die SEO-Süchtigen, kommt auch über Verlinkung von Beiträgen, auch das merke ich. Auch über Spamattacken, wenn man das denn als Erfolg werten will, aber SEO toppt eben alles, auch wenn die Gesamtzahlen im Blog gegenüber dem Vorjahr nach Jahren stetigen Wachstums erstmals rückläufig waren.
Es ist müßig zu spekulieren, warum das so ist – denn insgesamt verlieren die Blogs erheblich an Bedeutung im Kanon der sozialen Medien. Es ist eben nicht mehr jedermanns Sache, Texte mit mehr als 300 Wörtern bis zum Ende zu lesen.
Manchmal kommt mir Bloggen zudem ein wenig vor wie das Leben weit draußen auf dem Land. Wer jung ist und kann, der zieht weg. Landgewächs treibt es in die Stadt, die junge Netzgeneration trieb es zu Youtube, dann zu Instagram und TikTok. Zuletzt der Hype um Podcasts, die zu konsumieren bei weitem einfacher sind als selbstständiges Lesen, aber eben dafür umso aufwendiger in der Produktion, will man sich nicht einfach nur vors Mikro setzen und irgendeinen unlustigen Unfug erzählen. Auch davon gibt es mittlerweile mehr als genug, während die Zahl hochprofessioneller Podcasts, von denen nicht wenige mit Unterstützung oder im Auftrag der Radiosender oder großer Medienhäuser entstehen.
Zurück bleiben die alten Blogger*innen, die nicht umziehen können oder wollen, die hier ihre Heimat gefunden haben, die sie nicht aufgeben wollen, die hier ihre Freunde, ihre Bubble, ihre Community gefunden haben. Auch wenn die immer kleiner wird.
Vielleicht ließe sich das auch mit Facebook vergleichen, auch dort hat der soziodemografische Wandel der Nutzer längst stattgefunden.
Klar, das gilt nicht für alle Blogs und alle Blogger: Manche im Bereich Travel, Food, DIY und Co. gehen regelrecht durchs Dach, viele haben sich der Art nach mehr zu Online-Magazinen entwickelt und sind weitaus weniger im eigentlichen Sinn Blogs, also Weblogbücher, digitale Tagebücher. Wen interessiert das heute noch? Eine Frage, die sich jedes Jahr aufs Neue stellt.
Und was heißt das nun?
Aufhören zu bloggen? Das Blog noch weiter umbauen und noch mehr danach schielen, was im Blogsegment noch funktioniert? Wohl weniger, denn irgendwann fehlt mir einfach die Expertise. DIY ist so wenig mein Thema wie Kochrezepte. Ich reise auch nicht ständig durch die Gegend (schon gar nicht eingeladen von Veranstaltern, Touristikunternehmen, Hotellerie etc.), um einen Travelblog zu initiieren. Abgesehen davon: Es gibt bereits hunderte, mal mehr, mal weniger gut gemacht. Reisen finden ohnehin schon hier statt und ich freue mich, wenn SEO Leserinnen und Leser herantreibt. Was weidlich gut „funktioniert“ bei Beiträgen, in denen es um Reiseerlebnisse/-besichtigungen geht, für das deutschsprachige Netz relativ wenig bereit hält.
2023 wird es demzufolge vermutlich eine Beitragsreihe geben, die auf einer noch anzutretenden Reise durch die Schluchten das Balkans basieren wird. So der Plan. Auch Fotografie ist entgegen aller Beteuerungen von vor einigen Jahren ein größeres Thema hier geworden, vielleicht, weil das in meinem Leben auch eine wichtigere Rolle eingenommen hat und das hier ist ja nun mal mein Weblogbuch, hier geht es letztlich um das, was mich an- und umtreibt. Daran wird sich auch nichts ändern.
Entscheidend, so hörte ich unlängst in einem Radiobeitrag, den Gedanken nach Effizienzsteigerung einfach mal beiseite zu wischen und über Suffizienzsteigerung zu sprechen. Das ist ein guter Gedanke sowohl für das Bloggen als auch für die anstehenden Jahresgespräche: Also nicht zu definieren, wie mehr, mehr, mehr geht , sondern wann es genug ist. Was nicht heißt: Ganz aufhören, wenn oder weil es genug ist, sondern „nur“ ein „nicht noch mehr“ zu definieren.
Es reicht, es funktioniert und genau dann ist es eben genug! Und das ganz im Sinne der Energie- und Ressourceneinsparung, im Sinne der Befindlichkeit und der eigenen guten Work-Life-Balance. Auch das ist eine Form der Nachhaltigkeit: Die eigenen Ansprüche runterschrauben, die Grenzen dessen zu definieren, wann man keine Extrameile mehr zu laufen bereit ist und mit den eigenen Kräften und Bedürfnissen zu haushalten.
Und das gilt in der Berufswelt wie im Bloggen. Wenn SEO-Optimierung zu Lasten der Authentizität geht, dann muss SEO eben hinten anstehen. Wenn Quoten einem zum Getriebenen machen, wird es Zeit, sich zu überlegen, was man eigentlich will, mit welcher Idee man angetreten ist und was davon noch übrig geblieben ist.
Ich richte meinen Blick nicht auf SEO sondern darauf, was ich schreiben, erzählen, an Bildern zeigen will. Und ich schaue darauf, ob es von irgendwem vielleicht gemocht wird. SEO hin oder her und rückläufigen Klickraten zum Trotz. Von dem einen werde ich mich so wenig hetzen lassen, wie von dem anderen. Auch 2023 nicht.
Und wenn neben der SEO es ein Weg ist die Beitragsfrequenz noch weiter zu steigern, um Klickraten stabil zu halten, dann werde ich auch das nicht tun. Massenhaft Beiträge schreiben? Nein!. Jeden Tag ein Foto und sonst nichts? Das kann ich auch in anderen Medien als im Blog. Das ist nicht, was ich machen will.
Also bleibt alles hier beim Alten. Und ich behaupte damit nicht, ich wäre der Alte.
Vielen Dank fürs Lesen.
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SEO, Statistiken und der ganze Kram hin oder her ;-) Vielleicht ist Bloggen einfach nur zum launigen Selbstzweck am „gesündesten“, weil es Spaß macht. Und wenn phasenweise die Lust daran fehlt, sind auch Blogpausen legitim…
Ein Artikel, der mir aus der Seele spricht ! Auch wenn wir thematisch in verschiedenen Nischen unterwegs sind, schau ich doch immer gerne bei Dir vorbei, wenn ich Dich in meiner Twitter-TL sehe. Mir geht dieses Seo, Seo, Seo – schielen nach Quote, Followern etc. auch wirklich hart auf die Nerven. Natürlich ist man davon nicht frei, es ist schon immer schade, wenn man wenig gelesen wird. Vor allem, wenn man sich damit Mühe macht und nicht nur auf Keywords etc. abzielt. Umso mehr freue ich immer über Blogger wie Dich, die die gute alte Blogkultur hoch- und viel Wissenswertes für die bereitstellen, die mehr als 300 Zeichen lesen möchten ! Auf ein neues Blogjahr. Glückauf !
Da musste ich mich doch erstmal vergewissern, ob SEO das ist, was ich beim Lesen deines Beitrags vermutete 😄.
Und ich freue mich, dass du es hier beim Alten belassen willst. Als ein Runterschrauben der Ansprüche sehe ich es gar nicht, ganz im Gegenteil. „Weniger ist mehr“ denke ich oft, wenn ich durchs Bloggiversum wandere. Die Zahl der Follower, Klicks und Beiträge beeindruckt mich jedenfalls nicht. Deshalb „entfollowe“ ich immer wieder mal Follower meines Blogs. Lieber wenige, die wirklich lesen als „große Klickmasse“. 🙃
Na Gott sei Dank. Alles andere wäre auch nicht zu akzeptieren.LG