Als Tourist daheim (#16): Eine Ochsentour / Teil 1
„Es ist schon wieder alles so belastend…“
So notierte ich in der Mittagszeit während meiner Ochsentour bei FB in mein Profil und garnierte das Ganze mit diesem Bild:
Belastend ist in diesem Fall nicht ganz das richtige Wort. Anstrengend trifft es wohl eher. Und das poste ich, derweil die Servicekraft mir eine Portion Käsespätzle serviert und ein frisches und kühles Radler bringt.
Was könnte daran belastend/anstrengend sein?
Immerhin sitze ich zwischen lauter Ausflügler:innen und Urlauber:innen auf der Sonnenterrasse des See-Restaurants am Eibsee. Das ist also eigentlich Urlaub, den ich nicht habe, sondern nur einen freien Tag, den ich intensiv nutze.
Konkret heißt das: Ich habe den ersten Teil einer kleinen Ochsentour hinter mir, aber eben einen weiteren noch vor mir. Das macht mich zum Getriebenen (selbst Schuld!), aber ich möchte den Eibsee anschließend zu Fuß umrunden, was etwa zwei Stunden oder etwas mehr in Anspruch nehmen wird. Danach möchte ich noch…
Aber von Anfang an.
Der Plan:
Diese Ochsentour ist zumindest bei derzeitiger Planung mein vorletzter Ausflug an mehrere oberbayerische Seen, ohne meinen Schwimm- aber mit dem gefüllten, neuen Fotorucksack. Im Herbst war ich am Spitzing, im Winter am Walchen- und am Kochelsee, dann habe ich fünf Seen im Karwendelgebiet und weitere fünf im Chiemgau besucht und zwischendurch war ich auch an ein paar andere Seen. Davon war hier zu lesen.
Mit der Runde in der Zugspitzregion und der letzten noch kommenden werde ich alle großen, bekannten und besonders beliebten Seen Oberbayerns fotografiert haben. Noch fehlen drei, die ich aber bereits auf dem Zettel habe. Danach mache ich den „Sack zu“. Was ich wollte, was ich brauche, werde ich dann zusammenhaben.
Geschwommen bin ich noch längst nicht in allen, das werde ich später nachholen. Denn beides geht nicht zusammen: Schwimmen, Seeumwanderungen und Fotosessions, An-, Weiter- und Abfahrt nehem ist zu viel Zeit in Anspruch, viele Seen bei einer Tour anzusteuern. Was ich jetzt erledigen kann, das tue ich, wenn ich bis zum August alles an Bildern zusammenhaben will, was ich zu brauchen meine.
Außerdem bringen mir diese Touren schöne Erlebnisse und führen mich in die komfortable Situation, jetzt über viele Herbst-, Winter- und Frühlingsbilder zu verfügen, was später noch wichtig werden wird.
Mein Fernziel bei dieser Ochsentour ist der Eibsee bei Grainau, das ist der von mir am weitesten entfernte See in Oberbayern. Da gerade die B2 Richtung Garmisch-Partenkirchen baustellengesperrt ist und auch der Geroldsee noch aufs Fotografieren wartet, habe ich mir diesen Plan gebastelt. Alles an einem Tag, schön nacheinander:
- Stopp am Sylvensteinspeicher für ein paar Bilder, da war ich im Sommer bereits zum schwimmen
- Vorder- und Hinterriss an der Isar entlang mit mehreren Fotostopps
- Geroldsee samt Umrundung
- Badersee samt Umrundung
- Eib-, Frillen- und Untersee (die direkt daneben liegen), natürlich mit Umrundung
- Riessersee samt Umrundung.
Die Kamera ist aufgeladen, die Anfahrt verkürzen mir zwei hoch interessante Podcastfolgen, ein Autobahnstau und das lästige Durchqueren von Orten ohne Umfahrung bringen mich von Anfang an ein wenig aus dem Zeitplan, von dem ich ohnehin nicht weiß, ob ich ihn einhalten kann. Ich habe keine Ahnung, wie schnell oder weniger schnell ich an den Seen bin und wie lange ich jeweils für die Spaziergänge brauchen werde, vor allem mit der Kamera in der Hand.
Das Wetter ist nicht ganz optimal, es ist leider ein wenig diesig, der Himmel ist leicht bewölkt, das sind nicht die besten Bedingungen, aber immer nur ein postkartenkitschig blauer Himmel mit ein paar Schäfchenwolken entspricht ja nun auch nicht der Wirklichkeit.
1. Sylvenstein-Speicher
Hier war ich bereits im Sommer zum Schwimmen, es war die Nummer 100 der Freiwasser, vorab spazierte ich am Ufer entlang und brachte ganz viele Fotos mit. Das heißt, dass ich bei meinem ersten Stopp meute Motive, die ich bereits vor die Kamera genommen hatte, noch einmal wiederhole: Da wäre der Blick von der Brücke Richtung Westen…
…und nach Osten.
Verpasst, warum auch immer, habe ich aber im vergangenen Jahr, auf die kleine Aussichtstelle hinaufzusteigen und die Brücke selbst zu fotografieren: Das ist ein Klassiker, ein oft geschossenes und gepostetes Foto, nun endlich auch von mir.
Am Badeplatz halte ich spontan auch noch mal an. Die Intuition erweist sich als gut, als ich die Badeinsel unten im Wasser liegen sehe. Ein Dutzendmal fotografiere ich sie. Obwohl es auch anderswo aufgenommen sein könnte und nicht eindeutig zum Speichersee zuordnungsfähig und damit der Gefahr der Beliebigkeit ausgesetzt ist, bin ich schon beim ersten Stopp mehr als zufrieden. Die Tour hat sich für mich schon jetzt gelohnt.
Die gleiche Badeinsel habe ich bereits Sommer fotografiert, auch damals menschenleer, herausgekommen sind jetzt zwei vollkommen verschiedene Bilder vom genau gleichen Motiv.
2. Die Isar am Vorderriss
Von der kleinen Ortschaft Fall am Sylvenstein führt eine Mautstraße an der Isar entlang nach Wallgau. 6 Euro kostet der Passierschein, der einen Tag lang gültig ist, also auch für die Rückfahrt genutzt werden kann (und wird).
Die Strecke wollte ich immer schon mal fahren. Es gibt viele Parkplätze, von denen aus man zum Fluss gelangt und an der Isar spazieren gehen kann. Immer wieder nutze ich welche und marschiere hinunter zum Fluss. Es ist eine urtümliche, eine wilde, wunderschöne Landschaft, die zum Erkunden einlädt – wenn man denn Zeit dafür hat. Heute ist es nur eine Stippvisite, ein anderes Mal werde ich weniger gehetzt herkommen.
Mal liegen die Parkplätze direkt am Fluss, mal führt ein Pfad auf eine kleine Anhöhe mit phantastischem Ausblick über das Tal. Ich kann gar nicht anders, als immer wieder zu halten und sinniere ein erstes Mal, ob die Ochsentour vielleicht etwas übertrieben ambitioniert ist und ich irgendwo etwas streichen könnte…
Mehrmals spaziere ich am Ufer der Isar entlang. Trampelpfade führen durch Heide und Wiesen und kleine Kiefern.
Überall blüht zu meinen Füßen der stengellose Kalk-Enzian. Mit Nachforschungen zur Pflanze im Netz versuche ich vergeblich, einem grässlichen Ohrwurm abzuwehren; leider erfolglos.
Also knalle ich ein Bild ins Netz, samt Textzeilen. Wenn es mir gelingt, nur einer/m Anderen auch diesen Ohrwurm einzupflanzen, bin ich wenigstens nicht der einzige, der das Grauen durchstehen muss.
Also jetzt Alle:
…ja, ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian
Wenn beim Alpenglühn wir uns wiedersehn
Mit ihren ro-ro-ro-roten Lippen fing es an
Die ich nie vergessen kann
Der Kies knirscht unter meinen Wanderschuhen, auf der Südseite der Isar stehen überall Schilder, dass das Betreten der Kiesbänke gerade zum Schutz der Bodenbrüter verboten ist.
Der wilde Fluss macht heute einen sanften, friedlichen Eindruck, murmelt und plätschert vor sich hin – aber er kann auch ganz anders, vor allem hier, wo er den Platz dazu hat.
Von einer Anhöhe aus, sehe ich in der Ferne mein Ziel:
Ich hole die etwa 35 Kilometer entfernte Zugspitze schon mal mit dem Tele heran. Das Bild mahnt mich, aufzubrechen. Ich muss weiterkommen, so schön es hier auch ist, so gern ich mich auf der kleinen Anhöhe auch auf den großen Stein setzen und einfach nur schauen und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen möchte.
Aber dafür bin ich nicht hergekommen. Ich habe erst zwei Stationen absolviert, und dabei nicht mal die, die besonders zeitintensiv sind.
Notiz an mich: Noch mal herkommen!
Teil 2 der Tour: Geroldsee und Badersee – hier
Teil 3: Eibsee, Frillensee und Riessersee – hier
Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld.
Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.
Wenn Sie mir spontan einen Kaffee spendieren wollen, weil Ihnen dieser Beitrag gut gefallen hat, dann klicken Sie bitte auf den Kaffeebecher. Mehr dazu hier.
In meinem Webshop finden Sie ganz neu und exklusiv das neueste Fotobuch Freie Schnauze – Weideschweine von Ursula Zeidler, ein wunderbares Buch für alle, die Schweine lieben.
Außerdem sind ab sofort dort auch ihre bisherigen Fotobücher Paare, Münchner Freiheiten – Zwei Jahre Theresienwiese April 2019-April 2021, Augenblicke, und einfach Kinder verfügbar.Weiterhin sind im Webshop auch erhältlich: Mein Fotobuch Im Süden – Bilder eines guten Jahres, die grantigen Geschichten Renate und das Dienstagsarschloch und das Buch von meinen Schwimmerlebnissen in Frei- und Hallenbädern, in Seen, Weihern, Flüssen und im Meer Bahn frei – Runter vom Sofa, rein ins Wasser .
Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Guten Morgen, ich staune sehr, was du dir für einen Tag vorgenommen hast! Und erfreue mich an deinen Bildern.
Herzliche Motagmorgengrüße, Ulli