Wenn Herr P. den Löffel schwingt – Teil 1

Tag 1

Es ist wieder so weit. Herr P. schwingt nicht nur den Löffel sondern vor allem große Reden. Denn Herr P. reklamiert für sich, die weltbeste Orangenmarmelade gekocht zu haben. Das ist natürlich nicht mal die halbe Wahrheit, denn zum einen war die ganze Angelegenheit Teamwork mit Frau P., die sogar die Hauptlast der Arbeit trug, zum anderen ist das Rezept zu der Marmelade weder ein Geheimnis noch deren Umsetzung Hexenwerk. Eher ein Zeitfresser. Aber da Herr P. der Marmeladenkocher vor dem Herrn ist und sein Rezept zur ebenfalls weltbesten Marillenmarmelade mittlerweile in gedruckter Form im überaus bemerkenswerten Kochbuch Schildkrötensuppe war gestern: über 55 leckere Wildkräuter-Gerichte für Schildkrötenfreunde und Feinschmecker (Affiliate Link zu Amazon) Eingang gefunden hat, fühlt er sich gemüßigt, sich der Weltöffentlichkeit als Marmeladen-Guru zu präsentieren.Wenn Herr P. den Löffel schwingt.Dabei weiß Herr P., dass es EU-formal natürlich nicht Marmelade sondern Brotaufstrich heißt, Selbiges mit Rücksicht auf die Engländer und ihrem sehr begrenzten Verständnis, was unter dem Wort Marmelade zu verstehen ist und was nicht. Da aber Großbritannien nicht mehr Mitglied der EU ist, besteht überhaupt kein Grund mehr, nicht auch Marmelade zu all dem zu sagen, was Herr P. als solche begreifet  Ganz abgesehen davon, dass es sich hier tatsächlich mit Marmeladehandelt, auch in britisch verengter Weltsicht. Was aber hier nicht Thema ist.
Zu gestehen wäre zunächst, dass das Rezept dieser Marmelade von Chefkoch.de stammt. Dort heißt sie Orangenmarmelade Vive la France, was auch schon wieder ein Affront gegen die Kollegen von der Insel darstellt, vermutlich einer der vielen Gründe, die die Briten zum EU Austritt bewogen haben, wo doch jeder weiß, dass der Franzose der Erzrivale… lassen wir das. Aber immerhin weiß jeder, dass England das Land ist, in dem die Orangen blühen – oder eben auch nicht. Egal. Niemand nimmt sie ernst, und das ist das Kernproblem.
Während also Herr P. noch große Reden schwingt, hat Frau P. längst bei einer spanischen Crowd funding finanzierten Orangenplantage diese durch und durch unbritischen Früchte bestellt, gleich kiloweise, das spart den Versand, denn mit der Gesamtlieferung wird die Familie gleich mit versorgt. Die Orangen schmecken sensationell gut, sind wahnsinnig saftig und noch nicht zu süß – also perfekt. Kein Vergleich zu den Früchten aus der Supermarkttheke.

Frau P. ist es auch, die das Rezept herausgesucht hat, sich der Mithilfe des Gatten versichert, bevor es an einem regennassen Freitag ans Schnibbeln der Früchte geht. Zum Glück sind die Orangen kernlos, das erspart Zusatzarbeit.
Wenn Herr P. das Messer schwingt.
Jetzt schwingt Herr P. das Messer, macht sich nützlich und irgendwann landen dann fitzelig kleine Orangenstücke samt Schale (alles Bio – was sonst?) in den größten Töpfen, die der Haushalt so aufzuwarten hat.

Das Elaborat wird erst gewogen, dann kräftig geflutet. Fertig ist der erste Tag. 24 Stunden muss das Ganze nun ziehen, derweil sich Frau und Herr P. auf das Sofa niederlassen und das Wochenende einläuten.
Wenn Herr P. den Löffel schwingt.

 

Tag 2

Kaum ist ein Tag vergangen, der Samstag schon fortgeschritten, wandern die beiden Töpfe zurück in die Küche und auf den Herd. Unter Maximalleistung wird die ganze Chose aufgekocht und dann eine Stunde lang unter konstantem Rühren einreduziert. Rühren, rühren, rühren – damit nur nichts anbrennt.
Das kann man zusammen machen. Jeder rührt in einem Topf, hat die zweite Hand frei für irgendwelche Handy-Apps, sofern man diese einhändig bedienen kann. Das kann man auch alleine zweihändig machen oder im konstanten Wechsel mal in diesem dann wieder in jenem Topf. Herr P. also schwingt den Löffel, wird von der Gattin abgelöst, dann ist er wieder an der Reihe – im Teamwork sorgen die beiden dafür, dass die Masse mächtig an Volumen und an Flüssigkeit verliert. Das vermeidet Sehnenscheidenentzündungen, der Ellenbogen bleibt entspannt – wer wollte schob zugeben, dass er das Gelenk am Folgetag kaum bewegen kann, nicht in Folge eines Tennismatches sondern des Marmeladekochens?

Und weil die Orangenmasse nun wieder 24 Stunden ziehen muss, müssen Sie 24 Stunden warten, bis sie hier weiterlesen können. Herr P. findet das nur fair.


Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld.
Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.

Wenn Sie mir spontan einen Kaffee spendieren wollen, weil Ihnen dieser Beitrag gut gefallen hat, dann klicken Sie bitte auf den Kaffeebecher. Mehr dazu hier.

Wenn Sie mehr von mir und meiner grantigen Stimmungslage lesen wollen, dann empfehle ich dieses Buch: Renate und das Dienstagsarschloch , das Sie in meinem Web-Shop aber auch in jeder stationären Buchhandlung bestellen können.
Mehr von meinen Schwimmerlebnissen in Frei- und Hallenbädern, in Seen, Weihern, Flüssen und im Meer finden Sie in meinem Buch Bahn frei – Runter vom Sofa, rein ins Wasser , das Sie ebenfalls in meinem Web-Shop aber auch in jeder stationären Buchhandlung bestellen können.

Diesen Beitrag weiterempfehlen:

1 Antwort

  1. Annette sagt:

    Wow – ich liebe Orangen-Konfitüre/Marmelade/Fruchtaufstrich. Es duftet bis hier :-D

Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen