Emma oder Jonathan – Zur Klärung der Möwenfrage
Jonathan?
Nein. Alle Möwen sehen so aus, als ob sie Emma hießen…
Wie bitte?
Zum Einen sieht diese Möwe keineswegs aus, als ob sie Emma hieße, zum anderen ist das berühmte Zitat falsch. Richtig lautet es: Die Möwen sehen alle aus, als ob sie Emma hießen. Es leitet Christian Morgensterns Möwenlied ein, das der Vollständigkeit halber hier nun ganz zitiert wird:
Möwenlied
Die Möwen sehen alle aus,
als ob sie Emma hießen.
Sie tragen einen weißen Flaus
und sind mit Schrot zu schießen.
Ich schieße keine Möwe tot,
Ich laß sie lieber leben –
und füttre sie mit Roggenbrot
und rötlichen Zibeben.
O Mensch, du wirst nie nebenbei
der Möwe Flug erreichen.
Sofern du Emma heißest, sei
zufrieden, ihr zu gleichen.
—
Ich erwähne das hier in diesem Blog aus drei Gründen. Zum einen ist mir bei der Durchsicht der Bilder aufgefallen, wie viele (schier endlos viele) Möwenbilder ich in den vergangenen Jahren gemacht und einige hier hochgeladen habe. Der Anteil der nicht hochgeladenen Bilder übersteigt das allerdings um Massen.
Zum Anderen wird das Thema (Wild-)tierfotografie im gerade begonnenen Jahr eine gewisse Rolle spielen. Es wird immer wieder Beiträge geben, was ja nichts Neues ist, in denen ich Fotos wildlebender Tiere zeige. Zumeist heimische, was mir halt so vor die Kamera läuft oder flattert. Ob nun Schmetterlinge oder eben Möwen.
Darüber hinaus wird es hier auch eine sechsteilige Serie zu diesem Thema geben. Angeregt durch ein anderes Blog, in dem das Thema der Wildtierfotografie unter ethischen Aspekten diskutiert wurde, nachdem der Blogbetreiber seinerseits auf einen Beitrag von Ellyn Kail auf der Seite Feature Shoot werde ich meinen Senf dazu absondern. Dazu später viel mehr, ich will nicht vorgreifen.
Last, but not least fiel mir unlängst wieder das Album Jonathan Livingstone Seagull von Neil Diamond in die Hände. Auch ein Möwenthema. Neil Diamond, musikalisch eigentlich eher im us-amerikanischen Schlager beheimatet, vertonte 1973 Hal Bartletts Filmadaption des Buches von Richard Bach. Beides, Film und Buch, sind hierzulande als die Möwe Jonathan bekannt, esoterischer Hardcore für Menschen auf dem Selbstfindungstrip. Denn es geht um eine Möwe, die aus dem Schwarm ausgestoßen wird, weil sie versucht, die eigene Geschwindigkeit immer weiter zu steigern und die Flugkünste zu perfektionieren.
Das geht natürlich nur im Sturzflug, was für Jonathan tödlich endet, als er auf einen Stein knallt und (Achtung Spoiler!), dann in ein anderes, höheres Bewusstsein transzendiert und Teil eines anderen Schwarms von (Super-)Möwen wird, die allesamt das gleiche tun: Ihre Flugfähigkeiten ständig verbessern, sich gedanklich angleichen und in immer höhere Bewusstseinsformen und Sphären aufsteigt.
Und irgendwann will dann Jonathan in sein altes Bewusstsein zurückkehren, um den Möwen seines vorherigen Lebens klar zu machen, dass es im Leben um mehr geht, als nur ums Fressen. Nämlich ums Leben/Fliegen an sich – was den Sinn des Lebens bedeutet.
Darauf ein Räucherstäbchen und vielleicht ein paar Sonnenglobuli!
Wohl bekomm’s.
Mit diesem Eso-Kram und der Gier nach Selbstoptimierung durch permanente Verschiebung eigener Grenzen habe ich es ja nicht so; auch nicht mit fortwährender vermeintlich selbsterkennender Nabelschau oder der Suche nach dem eigentlichen Sinn des Lebens, um dann mir von irgendeinem Fabulator (Die Möwe Jonathan ist natürlich eine Fabel) selbigen erläutern zu lassen und diesem dann nachzuhetzen.
Funktioniert bei mir nicht – nicht nach Sichtung des Films damals in den 80ern in einem Programmkino, nicht nach Lesen des Buches, das ich aus der Erbmasse meiner Mutter noch heute besitze.
Aber das Album Jonathan Livingstone Seagull habe ich gelegentlich gerne gehört: Symphonisch, pathetisch, schwelgerisch, dann wieder zart, fast kitschig, schlagerhaft, schmeichelnd. Neil Diamond eben. Perfekt für Rehstreichler.
Und schon sind sie wieder da: Die Bilder im Kopf; von Möwen. Möwen, Möwen. Und der Wurm im Ohr…
JONATHAN LIVINGSTON SEAGULL
BE
Lost
On a painted sky
Where the clouds are hung
For the poet′s eye
You may find him
If you may find him
There
On a distant shore
By the wings of dreams
Through an open door
You may know him
If you may
Be
As a page that aches for a word
Which speaks on a theme that is timeless
While the Sun God will make for your day
Sing
As a song in search of a voice that is silent
And the one God will make for your way
And we dance
To a whispered voice
Overheard by the soul
Undertook by the heart
And you may know it
If you may know it
While the sand
Would become the stone
Which begat the spark
Turned to living bone
Holy, holy
Sanctus, sanctus
Be
As a page that aches for a word
Which speaks on a theme that is timeless
While the Sun God will make for your day
Sing
As a song in search of a voice that is silent
And the one God will make for your way
—
Bleibt die Frage. Emma oder Jonathan?
Ich habe mich entschieden.
Und Sie?
Aufgenommen wurden die Fotos in Tregastel, Frankreich; auf Rügen; am Chiemsee; auf Murter, Kroatien; am Vrana See, Kroatien; Riemer See, München und auf der Il Grande, Frankreich.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Meine Nachbarin heißt auch Emma. Ist das etwa eine Möwe? Lach …
LG Jürgen
Vielleicht sollten wir dann sagen:
Die Emmas sehen alle aus,
als ob sie Möwen wären.
Hust
Für mich heißen Möwen die mir besonders gut gefallen immer Mathilde und da mache ich keinen Unterschied, weil ich eh nicht erkenne ob Männchen oder Weibchen. 😀
Ganz tolle Bilder und sehr interessant zu lesen!
Liebe Grüße von Hanne