Im November im Kiesland

„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!“
Gibt es eine kalenderspruchartige Weisheit, einen klugscheißerischen Spruch, den man mit erhobenem Zeigefinger daher reden kann, der in diesen Tagen im November noch öfter rausgehauen wird?
So überstrapaziert er ist, so wahr ist er trotzdem.
Also lass ich ihn auch mal los.
Ohnehin geht er mir dauernd durch den Kopf, als ich nach einem Termin in München auf dem Weg nach Erding, den ich stauumfahrend Überland absolviere, spontan in Moosinning bei den Kronthaler Kiesgruben anhalte.

Es regnet gerade mal nicht, ich habe die Kamera dabei. Ein kleiner Spaziergang ist höchst  willkommen, auch wenn ich natürlich stadtfein garderobiert nicht gerade bestens ausgestattet bin für einen Weg durch Laub und den Matsch der vergangenen Starkregentage. Also: Augen auf, wo man so hintritt.
„Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung!“ Ha ha ha.

Auf der Suche nach geeigneten Bildmotiven treffe ich an einem der Weiher auf zwei Angler, denen so gar nichts beißen will.
„Alles nur kleine Fische!“ winkt einer auf die Frage, ob er schon was gefangen habe ab. „Die habe ich gleich wieder hinein geworfen. Aber weiter vorne steht ein Hecht!“ deutet er auf einen der Winkel des Weihers. „Aber der will einfach nicht beißen!“
Missmutig haben die beiden angefangen, ihre Sachen zusammenzuräumen. „Es wird wohl nichts mit frischem Fisch heute!“ Den Scherz, er könne sich ja auf dem Heimweg beim Edeka an der Fischtheke eindecken, spare ich mir wohlweislich.
Ich erinnere mich, dass mein Opa mal beutelos vom Jagdausflug heimkam, beim Feinkosthändler einen ganzen Hasen kaufte, von dem er behauptete, er habe ihn selbst geschossen, blöderweise aber den Preiszettel vergessen hatte, zu entfernen.  Der Spott hallte jahrzehntelang nach.

Als ich mich von den Anglern gerade verabschiede, tritt ein anderer Mann hinzu. Man kennt einander, begrüßt sich, plaudert eine Weile, ich folge dem Trampelpfad um den Weiher. Auf einem der vielen Stege wage ich ein Foto, rutsche auf dem nassen, schmierigen und zum Teil mit Laub bedeckten Holz fast aus. Die richtige Schuhwahl ist eben auch so ein Thema. Das schafft outdoor Trittsicherheit, indoor aber Schweißfüße und kräuselt die Augenbrauen der Gesprächspartner.

Der andere kommt mir plötzlich entgegen, er muss den Weiher entweder in anderer Richtung im Galopp umrannt haben oder ist mit dem Auto gefahren. Ich mutmaße letzteres.
Er zündet sich eine Zigarette an und prüft den Biberverbiss an einigen Bäumen. „Trotz Drahtschutz!“ flucht er und schimpft wüst über die Tiere. Das ist kein Angebot zum Gespräch, zumindest verstehe ich das nicht so und marschiere weiter. Der Wind frischt auf, wirbelt Blätter wie Wassertropfen von den Bäumen, es wird zunehmend ungemütlicher.
Da ich gerade mit der Kamera dabei bin, Spätherbst- bzw. Frühwinterfotos zu machen, mache ich bei der Gelegenheit gleich auch ein paar Bilder für Facebook, fürs eigene Profil. fürs traumhafte Bayern und die Bankerl zum Verweilen Gruppe.

Dann noch eines für #JedeWocheEinFoto zum wenig griffigen Thema Tiefenunschärfe. zur Veröffentlichung auf Bluesky und X.

Während die „Tiefenunschärfe“ gern und oft geherzt wird, das Bankerl noch mit Wohlwollen betrachtet wird, findet sich das Weiherhüttenbild beim Publikum im traumhaften Bayern mal wieder kaum Beachtung, weitaus weniger als im eigenen Profil, denn natürlich zeigt es wieder mal nur einen Kiesweiher und nicht das Voralpenland. Egal.

Es ist sowieso alles eitel und Haschen nach Wind. Und ebender weht die Blätter von den Bäumen in die Weiher. Kalt wird’s. Zeit, weiterzukommen.

„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.“
Rainer Maria Rilke

 


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