Im Lavapool von Porto Moniz (Madeira #1)

Wild brüllt der Atlantik gegen die Nordküste der Insel Madeira. Das Thermometer zeigt an der Küste kaum 16°C, in den Bergen der Insel fällt es auf 4°C herunter. Regen hängt in der Luft. Das ist nicht gerade das, was man unter Sommerurlaub versteht, aber es ist schließlich auch Ende November, da darf es schon mal ein paar Grad kühler sein. Wärmer als daheim ist es allemal.
Auf dem Urlaubstagesprogramm steht eine Fahrt in den Norden der Insel, nach Sao Vicente in die Lavahöhlen und weiter über Seixal und Porto Moniz. An Baden im Meer ist schon allein wegen der meterhohen Brandung nicht zu denken, ohnehin besteht der Großteil der Küste aus steilen Basaltfelsen und Kliffen. Aber selbst in der „geschützten“ Bucht von Seixal würde der Seegang einen nicht nur erst von den Füßen, sondern danach wohl unweigerlich mit sich reißen. Die Wellen sind meterhoch. Blaue Flecken wären wohl das Harmloseste, was einem zustoßen könnte.


Einige Kilometer weiter gibt es in Porto Moniz die berühmten Lavepools, eine Ansammlung kleiner Becken im scharfen Fels, die unablässig von der Brandung gefüllt werden. Allerdings hindern Mauern das Ablaufen des Wassers. Diese Becken laden zum Schwimmen ein und sind sommers die Attraktion der Nordküste. Jetzt, im November ist es gähnend leer im Wasser.
Hier möchte ich zumindest ein kleines Ründchen schwimmen.
Ich bin allerdings nicht der Einzige, der seine Badesachen eingepackt hat und in den Pool steigt. Ein paar Deutsche teilen sich mit mir das Vergnügen. Das Ganze vollzieht sich unter dem neugierigen und etwas verwunderten Blick von Heerscharen alter Leute, die zwei TUI-Ausflugsbusse gerade dort abgesetzt haben. Die Rentner-Urlauber zücken die Kameras, schlendern die Promenade auf und ab und suchen verzweifelt etwas, womit sie sich beschäftigen können, bevor der Bus sie nach einer knappen Stunde wieder aufsammelt.

Den alten Leuten muss ziemlich langweilig sein. Viel zu sehen gibt es in Porto Moniz nicht, ein winziges Meerwasseraquarium, ein paar Souvenirläden, ein paar Restaurants – und eben ein paar Verwegene, die im November in einen mit Meerwasser gefüllten Pool steigen.
Also mich, denn die anderen sind bereits schon wieder im Gehen.

Kalt ist das Wasser nicht, ich bin überrascht. Rund 20°C schätze ich. Schnell ist die Garderobe abgestreift, die Badehose inmitten des Touristengeschwaders angezogen. Menschen, dick eingepackt in Softshell- oder Fleecejacken mit Halstüchern, beobachten mich kritisch.
Nicht lange zögern, der Wind ist unangenehm frisch.Und wenn man so viele Zuschauer hat, gibt es grundsätzlich kein Zögern. Und ein Zurück erst recht nicht.
Also schnell ins Wasser. Ein paar kräftige Züge, schon bin ich an der Mauer, hinter dem die Brandung unaufhörlich brüllt, hochspritzt und frisches Wasser in den Pool schleudert. Ich habe das Becken für mich allein, allerdings ziehe ich auch ganz allein die Aufmerksamkeit aller herumstehender Leute an, die nach Schwimmern Ausschau halten. Ein paar Urlauber mögen mich insgeheim beneiden. Meine Frau, die auf mich wartet, erzählt mir später, dass ein Mann sich fürchterlich geärgert hat, keine Schwimmsachen mitgenommen zu haben.
Andere mögen mich für bekloppt erklären, mich interessiert weder das eine noch das andere.
Ich schwimme hin und her. Mal über, mal unter Wasser . Und überall stehen Leute mit Kameras und starren auf die Brandung.
Es gibt einige Buchten zwischen den Lavafelsen, unter mir wimmeln einige kleine Fische. Es ist schwer abzuschätzen, wie tief das Wasser ist. An einigen Stellen kann man stehen, an anderen ist es bestimmt vier oder fünf Meter bis zum Grund.
Schnell aber hat man alles erkundet und abgeschwommen. Also drängt es mich zurück an die Mauer. Dort noch stehen. Zwei oder dreimal sich von der Gischt ansprühen lassen. Im nahegelegenen Naturbad kann man sich auf die Mauer setzen und von der Brandung in den Pool schleudern lassen. Auf das Vergnügen verzichte ich hier.
Es reicht, wenn mich die Gischt von der Mauer wegdrückt.
So sehr ich es auch versuche, es gelingt kein Bild. Der Akku der Kamera gibt den Geist auf, es wird Zeit. Wir wollen weiter.
Während ich mich abtrockne, werde ich unablässig von Leuten gefragt, ob das Wasser nicht zu kalt ist.
„Nein“ antworte ich.Oder „No, it’s really warm.“ Je nachdem, in welcher Sprache man mich gefragt hat.
„Dann sind Sie sicher abgehärtet“, meint einer Frau und nickt anerkennend, derweil ich mich mit dem Handtuch trocken reibe.
Ich nicke, aber relativiere. „Ich schätze, 20° hat das Wasser bestimmt.“
Aber sie glaubt mir nicht. Nie glaubt mir einer was.
Herrgottnochmal, dann probiert es doch selbst aus Leute.
Wie hieß es noch, als Ihr jung ward unentwegt: „Pack die Badehose ein…“
Hättet Ihr doch auch machen können…


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2 Antworten

  1. Çilem sagt:

    Sehr schön geschrieben… Sicher ein Erlebnis für sich.

  2. Whowww….beeindruckende Fotos und ein toller Bericht.
    Gefällt mir – Beides.
    LG von Rosie

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