Ein See, den man sich verdienen muss

Es gibt Seen, die muss man sich buchstäblich verdienen. Der Taubensee ist ganz sicher so einer. Denn dieser wunderbare, kleine Bergsee ist nur zu erreichen, wenn man einen etwa eineinhalbstündigen steilen Aufstieg in Kauf nimmt und einen ebenso langen, ebenso steilen Abstieg – rot und mittelschwer wird die Strecke beschrieben, da ist was dran. Aber vor den Erfolg haben die Götter nun mal den Schweiß gesetzt und so nutzen wir das wunderbare Sommerwetter, um am Sonntag von Kössen in Tirol aus von einem Wanderparkplatz aus hinauf auf die Alm und dann weiter zum See zu wandern. Die Schwimmsachen sind im Gepäck, ich erwarte kein ausgiebiges Schwimmvergnügen, denn der See ist nicht besonders groß und könnte als einer der höchst gelegenen Seen Deutschlands mit seiner Lage von 1.138 Metern über dem Meeresspiegel auch reichlich kühl sein.

„Auge des Chiemsees“ wird der See auch genannt, aber das ist nur zur Hälfte richtig, denn der Südteil des Sees liegt in Tirol und nur das Nordufer befindet sich auf bayerischem Boden; was im Zweifel aber egal ist, in der Grenzregion gibt man sich nicht so spitzfindig und schon gar nicht in den Bergen. Da darf der Taubensee auch gern „Auge des Chiemgaus“ genannt werden.

Tirol

Der Weg führt uns hinauf durch Wälder, oft fällt der Blick zurück auf Kössen und das Unterberghorn, das ich eigentlich nur im Winter als Skigebiet kenne und dann noch dazu meist nebelverhangen. Doch heute ist der Blick klar – die Aussicht geht weit hinein nach Tirol.

Aufstieg zum verdienen

Weiter geht es über eine Alm, dann steil bergauf zur Taubenseehütte und schon haben wir uns die erste Brotzeit mehr als redlich verdient.

Von einem nahe gelegenen Hang aus startet ein Gleitschirmflieger, der uns beim Aufstieg in einem Affentempo überholt hat. Wir sind nicht die Einzigen, die ihm bei den Startvorbereitungen zuschauen, dann hebt er ab, kreist vor traumhafter Kulisse durch die Lüfte bis er sich unseren Blicken entzieht.

Von der Taubenseehütte führt ein sehr entspannt zu laufender Weg hinunter zum See, auf den letzten Metern offenbart sich ein traumhaftes Idyll, der See liegt in einem Talkessel, auf der einen, der bayerischen Seite von steilen Felswänden umrahmt, ein schmaler Steig führt aus dieser Richtung hinüber.

Ein See zum verdienen

Natürlich sind wir nicht allein dort und natürlich sind wir nicht die Einzigen, die ihre Badesachen im Rucksack mitgeschleppt haben. Schon auf den ersten Blick über den See und die Menschen im Wasser wird klar, dass er bei weitem nicht so kalt ist, wie ich erwartet habe. Und es dauert auch nicht lange, dann bin auch ich im Wasser.

Ein See zum verdienen

Als Bergsee ohne präparierte Badeplätze sind die Einstiegstellen steinig und rutschig, moorig ist der Grund, zwischen den Steinen liegen auch reichlich Äste auf dem Grund. Da das Wasser aufgewirbelt ist, muss ich mich vorsichtig ins Wasser tasten – vor allem, da ich keine Schuhe mitgenommen habe. Dann aber, kaum, dass es etwas tiefer ist, ist das Schwimmen Genuss pur. Und das vor traumhafter „Kulisse“.

Ich könnte ewig im Wasser bleiben, so schön ist das.
Würde nicht irgendwann der Rückweg anstehen und würden die anderen nicht darauf warten, dass ich endlich aus dem Wasser komme, ich hätte noch ein paar Runden mehr schwimmen können, aber die eineinhalb Stunden hinauf wollen auch wieder hinab gewandert werden, was durchaus nicht schneller geht. Und eine kleine, zweite Einkehr auf Kaffee und Kuchen auf der Terrasse der Hütte steht auch noch auf dem Programm.

Ein See zum verdienen

So wie das Schwimmen See haben wir uns auch Kaffee und Kuchen hart erarbeitet und verdient.

Ein See zum verdienen

Auf dem Rückweg machen wir einen Abstecher zum Reifinger See, einem kleinen Baggersee bei Grassau. Das geschieht, weil alle noch mal ins Wasser wollen. Für mich dient es zudem der Vollständigkeit und um meiner Liste beschwommener Seen auch diesen hinzuzufügen. Sonst wäre ich wohl kaum hier vorbeigekommen, denn kleine Baggerseen habe ich daheim genug direkt vor der Haustür, wenn auch nicht vor der Kulisse der Hochplatte.

Und damit stellt sich die Frage, ob ich diese beiden Seen, den Taubensee vor allem, überhaupt in meine Liste aufnehmen darf. Denn ich kann sie mitnichten innerhalb einer Stunde von zu Hause erreichen – zumindest nicht unter Einhaltung des Tempolimits; und der Aufstieg kommt ja noch dazu: wie gesagt: Den Taubensee muss man sich verdienen. Im Reifinger See habe ich zudem nicht allzu lange verbracht. Erstaunlicherweise aber ist selbst der Taubensee Luftlinie nicht mal 70 Kilometer entfernt. Und damit ist er drin – auch als Halbtiroler. Erweitere ich halt mein Einzugsgebiet.
Und überhaupt: Scheiß auf die Regeln.


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2 Antworten

  1. wunderschöne Gegend !! Liebe Grüße Traudl

    NB: Ich glaube ich bin in Deine Spam-Ordner gelandet :)

  2. Sylvia Geißendörfer sagt:

    Lieber Lutz, vielen lieben Dank für deine tollen Berichte und den vielen verschiedenen Seen. Gerne stöbere ich in deinen Blog. Vielleicht wäre es an der Zeit, in 2022 eine zweite bzw dritte Liste zu erstellen z.B. Bergseen ; kleine Seen ; oder Baggerseen. Wie auch immer du dich entscheidest, ich freue mich auf deine nächsten Seen.
    Viele Grüße Sylvia

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