Die nächste Empörung: Stein des Anstoßes

Auch diese Empörung war vorhersehbar, vielleicht auch ein klein wenig provoziert. Schon wieder nach dem clownnasigen Turm des Erdinger Frauenkircherls liefere ich einen Grund zum Unmut in der Facebookgruppe Traumhaftes Bayern. Aber es blieb wenig Zeit und Raum für digitale Erregung, denn nach erster Eskalation sperrte ich die Kommentarfunktion.

Auslöser war jetzt das Bild vom Münchner Jacobsplatz, dass ich in die Gruppe einstellte.

Oberfränkin Jacqueline L. reagierte umgehend: „In der Gruppe sollte eigentlich, wie der Name sagt, traumhaftes Bayern gezeigt werden. Was die Aufnahme damit zu tun hat, erschließt sich mir nicht.“

Das konnte nicht unbeantwortet bleiben. Also erwiderte ich: „Weil München zu Bayern gehört (sogar Hauptstadt ist),
weil der Jacobsplatz, an dem das Foto entstanden ist, im Herzen von München liegt, weil es in Bayern hunderte traumhafter Orte gibt, und wir Bayern nicht auf den kleinsten Teil, nämlich die Alpen reduzieren sollten. Und weil ich diese Woche drölfzigtausend mal die Kirche in Ramsau hier gesehen habe und es noch viele andere Sakralbauten gibt, die man auch mal zeigen kann. Dieser gezeigte zum Beispiel.“

Weitere Personen klinkten sich ein. Die Debatte, was traumhaft an und in Bayern ist, nahm Fahrt auf – wie zu erwarten, reicht es im sehr begrenzten Horizont mancher Zeitgenoss:innen nur für die Berge, ein Barockkircherl und/oder einen See davor. Das finde ich eine sehr verkürzte, enorm engstirnige Sicht auf das Traumhafte von Bayern, die ich gelegentlich wage, zu hinterfragen. Jedes Mal mit gleichen Ergebnissen. Nicht selten kommt dann von Accounts wie dem von Magnus M., die sich hinter einem Fakenamen und einem Fakeprofilbild (Russell Crowe in der Rolle des Gladiators) verstecken, Dummzeug als Kommentar. Gekommen, um zu pöbeln. Mehr nicht.

Einräumen möchte ich, dass Jacqueline die Architektur (und/oder das Foto) als ganz und gar nicht traumhaft empfindet. Sie weiß nicht, dass es sich dabei um die Münchner Synagoge handelt, wie sie unumwunden zugibt, als sich Robert W. zu Wort meldet: „Was bitte ist an der Tatsache, dass München fast 80 Jahre nach der Shoah wieder eine Synagoge hat, NICHT traumhaft und wunderschön? Dass Menschen jüdischen Glaubens sich trauen, im Land der Täter und in der ‚Hauptstadt der NS-Bewegung‘ ihre Religion zu leben? Was bitte?????“

Ich hatte es absichtlich nicht erwähnt, das gebe ich zu. Nicht als Falle, um mich nachher über die zu mokieren oder zu amüsieren, die das Gebäude nicht kennen, wie mir Alexander K. unterstellt. Ich war einfach davon ausgegangen, dass es bekannt genug ist.

Ins gleiche Horn wie Jacqueline stößt die Amerikanerin Gisela B. mit unterfränkischen Wurzeln: „Diverant, Unusual yes, Traumhaft NO!!!“

Mich stört daran nicht, dass sie ein Problem mit der Architektur hat, mich stört bei ihr wie bei Jacqueline (und anderen), dass sie die ausschließliche Deutungshoheit darüber beanspruchen, was von Bayern als traumhaft gilt und was nicht, was also in dieser Gruppe, in der beide noch nicht ein einziges Bild beigesteuert haben, veröffentlichungswürdig ist und was nicht.

Das Schlusswort, bevor ich die Kommentarfunktion deaktiviere, kommt von Siegfried R.: „…es gibt auch außergewöhnliche Architektur in Bayern, die man als traumhaft empfinden kann… besonders wenn sie in der Landeshauptstadt von Bayern steht und sich der Bayrische Himmel darin spiegelt… oder besteht Bayern nur aus Seen und Bergen??? Also hier in Oberbayern haben wir auch schöne Städte, die ganz besonders den Charme von Bayern prägen… international!!!!“

So nämlich!


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1 Antwort

  1. wuschol sagt:

    Empörung ist sowieso für ganz andere Sachverhalte und Anblicke eine angemessene Reaktion, Freude an Unterschieden, am Ungewohnten, an dem, was man nicht jeden Tag sieht, an dem, was man nicht schon in- und auswändig kennt, solche positiven Reaktionen oder wenigstens offene und neugierige Haltungen finde ich viel sympathischer. Ich bleibe weiterhin gespannt, was es so alles zu sehen gibt im schönen und unschönen Bayern.