Bretagne (#1) – Ein Fragment vom Kanal

In loser Folge wird es hier im Blog in den kommenden Wochen ein paar Urlaubsimpressionen aus der Bretagne geben. Da müssen Sie jetzt wohl oder übel durch. Heute der erste Teil:

Es soll ja Leute geben, die durchschwimmen den Ärmelkanal. Von Dover nach Calais oder in umgekehrter Richtung…

Kann man machen – machen einige. Ich nicht.  Ich halte es für vermessen, überhaupt mit dem Gedanken zu spielen, dass ich so etwas tun könnte oder wollte. Andere Leute sind, das erwähnte ich hier bereits, für mich kein Maßstab.

Also steige ich auch nicht in Calais in den Ärmelkanal sondern in Perros-Guirec. Das liegt rund 480 Kilometer weiter westlich in der wunderschönen Bretagne. Wenn man dort vom Plage de Trestaou streng nach Norden schwimmt, kommt man theoretisch in Salcombe in der Nähe von Plymouth wieder ans Ufer. Nur rund 155 Kilometer später eben, und das auch nur, wenn man die Luftlinie einält.

Auf derlei Experimente verzichtend, steige ich trotzdem am Plage de Trestaou ins Wasser. Gut genährt mit bretonischer Küche (Austern, Galette mit Käse und Schinken, ein Viertel Muscadet) habe ich entschieden, Plymouth Plymouth sein zu lassen und nur ein kleineres Teilstück dieser Strecke zu schwimmen.
Austern in der Bretagne

Niemand hat gesagt, dass man es im Urlaub immer übertreiben muss. Also lasse ich das einfach. In der Nähe des Strandes liegt eine kleine schroffe Insel, ein paar Felsen nur, die aus dem Wasser ragen, das ist mein Ziel. Es ist unendlich schwer zu schätzen, wie weit das ist, ich weiß auch nicht, ob wir gerade Ebbe oder Flut haben, ob das Wasser kommt oder geht und ob es Srömung gibt.
Ich weiß nur, der Strand ist von geradezu karibischer Schönheit, das Meer von unfassbarer Bläue, die Austern waren köstlich, wie Gott in Frankreich eben. Aber  jetzt MUSS ich ins Wasser.Karibisch wie in der Bretagne
Die Frage, ob mit Neoprenanzug oder ohne erübrigt sich, einige Menschen tragen welche, eine Minute Brandung an den Füßen sagt mir: Frag nicht weiter. Rein in die Pelle.
Die Boje umgeschnallt, die kleine Kamera angegurtet.
Und dann rein ins Wasser, das, wie ich später am Strand lese zärtliche 16° C Wassertemperatur zu bieten hat.
Da ist er wieder, dieser Geschmack vom Salz im Mund und in der Kehle. Es wäre gelogen, hätte ich gesagt, das habe ich ein Jahr lang  vermisst.
Das Meer schon – aber seinen Geschmack eben nicht.  Im Ärmelkanal - im Neo
Das Meer zieht sich zurück, es ist Ebbe, ich spüre den Sog des Wassers kaum, schwimme mit ihm, nähere mich der Insel. Zunächst peile ich allerdings die äußerste gelbe Boje an. Sie markiert die Grenze des von der Wasserwacht beaufsichtigten Gebiets. Das geht schneller als gedacht. Ich halte mich links, hier sind viele weiße Bojen, ein paar Segelschiffe sind daran befestigt, sie wiegen sich leicht in der schwachen Dünung. Als ich auch diese erreiche und die Insel relativ nah ist, ändere ich meinen Weg. Doch zur Insel. Das wäre ja gelacht, das letzte Stückchen schaffe ich auch noch.

Eine kleine Insel - Ziel eines kleinen Schwimms

Später werde ich nachmessen, wie weit sie vom Ufer entfernt ist und ich werde erfahren, dass es Luftlinie mal schlappe 550 Meter sind.
Zwei Kormorane und ein paar Möwen beobachten argwöhnisch, was der Neuankömmling da macht. Der wird doch nicht…Kormorane auf Hab Acht

Nein, wird er nicht. Er macht erst ein paar Bilder, dann macht er kehrt.
Die Insel umschwimme ich nicht, irgendwie ist mir das trotz schwacher Brandung nicht ganz geheuer. Ich weiß nichts von Ströumungen und Strudeln. Vor dem Meer habe ich Respekt. Und zwar einen großen. Auch davon schrieb ich hier schon. Das Meer ist und bleibt eben die Königsdiziplin.
Hach
Es entsteht ein ganzer Schwung Bilder, viele über, einige unter Wasser.
Ich weiß nicht, ob die französische Wasserwacht, die ihre Station genau in der Höhe der Insel hat, mein drolliges Treiben mit dem Fernglas vom Strand aus beobachtet. Später sehe ich die Bay Watcher mit ihren knallroten Shorts (warum nur haben die alle rote Hosen?) und gelben Trikots auf der Promenade stehen, das Fernglas vor Augen, unablässig die Leute bobachtend.
Das schafft ein gutes Gefühl.
Sie müssen auch mich gesehen haben – die Schwimmboje ist einfach zu auffällig, um nicht wahrgenommen zu werden.
Hach - auch unter Wasser

Der Rückweg ist schnell bewältigt, zwar zieht die Ebbe noch immer das Wasser vom Strand, aber davon ist beim Schwimmen kaum etwas zu spüren. Wie gesagt: Der direkte Weg sind ja nur 550 Meter. Selfie im Ärmelkanal Wasser
Das soll es für den ersten Schwimmausflug im Meer 208 dann auch gewesen sein.
Wie gesagt: Den Kanal sollen andere durchschwimmen – von Dover nach Calais oder von Perros-Guirec nach Salcombe. Ich kann mich derweil ja ein wenig hinlegen und meine Knie in bewegungsloser Starre beobachten. Das mache ich ohnehin viel zu selten und schließlich muss ich mit meinen Kräften haushalten, es wartet nämlich noch der alte Zöllnerweg von Perros-Guirec hinüber zum Leuchtturm Phare de La Pierre Rouge… doch davon ein anderes Mal mehr. Und dann kommen  noch weitere Notizen aus der Bretagne.
Knie am Strand

 


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