Blogparade: Carpe Diem – Mehr Zeit für Fotos, mehr Zeit für Details

Dieser Beitrag ist meine Teilnahme einer Blogparade und zugleich Teil kleinen Serie über Nachhaltigkeit und Verantwortlichkeit beim Bloggen.

„Carpe Diem, nutze den Tag. Schaffe Dir Zeiträume. Schreib Momente auf, die dir viel bedeuten. Beachte Begegnungen, denen du sonst keine Aufmerksamkeit schenkst. Was hörst, schmeckst oder riechst Du? … Für was nimmst Du dir viel Zeit, für was weniger?“
Mit diesen Worten lädt Petra zur Blogparade im Totenhemdblog zur Fastenzeit. „Wenn nicht jetzt wann dann, sich der Endlichkeit ein kleines bisschen mehr bewusst werden. Sich Raum und Zeit schenken. Spielräume und Zeiträume zum Nachdenken und zum Innehalten einräumen. Während der Fastenzeit die Blickrichtung von Diät und Verzicht auf die Fülle und die eigene Endlichkeit richten. Nutze den Tag.“ Es sollte im Rahmen dieser Blogparade auch um mein kreatives Tagebuch gehen.

Carpe Diem - Baum im Winter

Ja, das klingt gut, da bin ich dabei. Das Thema ist gerade in Zeiten, in denen viele Menschen unter massiv schlechter Stimmung leiden, gut gewählt: Das Augenmerk darauf zu lenken, wie man auch unter den aktuellen Bedingungen den Tag fassen, also erfassen kann und seinem Gemüt dabei etwas Gutes tut.

Stammleser dieses Blogs wissen, dass sich meine Webseite durchaus ein kreatives Tagebuch (überwiegend Fotografie) und zugleich eine Sammlung von Beiträgen über Momente, die mir viel bedeuten, darstellt. Es geht auch um eine gewisse Achtsamkeit auf Neues oder nur auf Altbekanntes, das viel zu oft am Wegesrand mehr über- als gesehen wird. Es ist der Blick aufs Detail.

Jeder Spaziergang, derer es gerade enorm viele gibt, ist für mich voller bedeutsamer Momente: Den Kopf frei machen, frische Luft schnappen und aufmerksam hinschauen, was einen umgibt.
Immer nur auf dem Sofa sitzen ist nämlich auch keine Alternative.
Die Möglichkeiten sind begrenzt, was kein Grund ist, nicht trotzdem das Beste daraus zu machen – zumindest, es zu versuchen. Das hat wenig mit einer bedingungslos unkritischen Akzeptanz der Corona geschuldeten Maßnahmen im Lockdown zu tun als viel mehr mit der Stabilisierung des eigenen psychischen und emotionalen Gleichgewichts. Und es ist eine Entschleunigung, die zwar verordnet ist, aber doch nicht unwilllommen. Spannendes über das Spazierengehen, das wieder enorm in Mode gekommen ist, weiß übrigens der ORF unter dem Titel Die unbekannte Rolle des Spaziergangs zu berichten.

Carpe Diem - Baum im Winter, düsterer Himmel

Das letzte Jahr hat uns (zumindest mich) gelehrt, meine eigenen Ansprüche massiv in Frage zu stellen. Wie will ich meine Zeit verbringen? Was will ich tun? Was brauche ich in meiner Freizeit? Was inspiriert mich, was motiviert mich, an was finde ich Gefallen, Freude, Zerstreuung? Wie viel kommt aus mir selbst, wie viel Input benötige ich dafür von außen? Wie viel Event, Unterhaltung, Kultur, Entertainment, Veranstaltungen will ich – wie viel davon brauche ich? Und was?

Wenn gerade fast nichts möglich ist, wie fasse ich dann den Tag?

Als Blogger und wildwütiger Amateur-Fotograf bin ich da einigermaßen fein raus: Fotografieren, Fotografieren, Fotografieren. Orte aufsuchen, von denen ich mir reizvolle Motive verspreche. Und darüber bloggen, Bilder hochladen, Schönes, Spannendes, Interessantes zeigen und hoffen, dass es den Betrachterinnen und Betrachtern gefällt. Ein wenig die Hoffnung in mir tragen, dass Blogbeiträge und Bilder etwas Lebensfreude vermitteln, ein wenig daran glauben, dass da was überspringt.

Der Blick auf das, was mich umgibt hat sich verändert – auch durch die Frage, ob das, was ich sehe, ein gutes und/oder schönes Fotomotiv abgibt oder nicht. Dabei geht es mir schon lange nicht mehr darum, hemmungslos alles zu fotografieren. Es geht mir um die geänderte Wahrnehmung.
Was sieht schön aus? Was finde ich interessant, was reizvoll? Jeder suchende Blick wirft auch den Gedanken auf, was ich mit dem Bild machen will. Soll es ins Blog? Ein Beitrag dazu? Will ich es für einen flüchtigen Facebook-Pos oder einen Tweet verwenden? Und wenn: Was schreibe ich dazu? Will ich was Schönes teilen oder vor allem mit einem „Ahhh-so-schön-Foto“ Likes einheimsen?

Ich denke, Letzteres eher nicht, obwohl ich natürlich in den sozialen Medien auch auf Reaktionen hoffe. Aber es ist mehr der Wunsch, die Betrachter anzuregen, das Eine oder Andere aus einer eher ungewöhnlichen Perspektive zu betrachten und neu/anders wertzuschätzen. Es sind vor allem die kleinen Dinge, die Banalitäten im Alltag und die am Wegesrand, die mein Interesse stark auf sich ziehen und bei denen ich versuche, das Besondere, das Schöne oder Skurrile zu finden. Selbst in einem Lost Place eine leere, dreckige Flasche, Eisgebilde am Weiher oder im Sommer die Rosen im Garten. Für sich genommen ist das alles banal, alles 1.000mal gesehen. Und doch ist es enorm spannend, ein vermeintlich triviales Motiv ins Bild zu setzen, dafür nehme ich mir Zeit. Viel Zeit.
Manchmal ist es eben „nur“ ein Baum, ein Feld, ein dramatisch bewölkter Himmel und eine fremde Spaziergängerin.

Carpe Diem - Baum im Winter

Ich weiß nicht, ob die Suche nach dem Speziellen im Alltäglichen wirklich ein Carpe Diem bedeutet. Für mich jedenfalls ist es so. Denn es ist der besondere Moment des Innehaltens, des genauen Hinschauens und nicht selten des Erstaunens. Auch ein Moment der Konzentration auf, was ich dort durch die Kamera oder auch einfach nur so beobachte: Eine Blüte, ein Regentropfen, eine Meise, ein Ast, eine Erdkröte (ja, die sind auch wunderschön!), Sonnenstrahlen im Wald, eine Spiegelung im Wasser…

Und dann geht’s wieder weiter.

Carpe Diem - Baum im Winter

PS: Als sich vor einigen Tagen Twitterer nach Hansi Flicks Äußerungen zu Corona austobten, konnte ich dem ganzen Verbal-Furor nur noch eine Bemerkung beisteuern: „Geht mal raus und lüftet Eure Köpfe, Leute!“ Oder eleganter ausgedrückt: „Carpe diem!“
Denn den Tag zu nutzen, um sich fortwährend in den Sozialen Netzwerken zu empören, weil dieser oder jener dieses oder jenes gesagt hat, bringt einen weder kreativ weiter noch in ein emotionales Gleichgewicht. Finde ich zumindest.


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5 Antworten

  1. Petra sagt:

    Hallo Lutz, guten Morgen, ich freue mich, dass du uns inspirierst, den Tag zu fassen :-) … dankeschön für deinen Beitrag zur Blogaktion.

    Sehr schön: sich einfach mal auf einen Baum einlassen :-). Merci.
    Eine weiterhin gute Zeit wünscht Dir Petra

  2. Geertje sagt:

    Dies ist ein Beitrag, den ich besonders gerne las, weil er auch mein Blogging widerspiegelt. Und auch ich entscheide vorher, ob nur auf fb oder insta oder twitter oder doch auf meiner Seite Wandelsinn. Und manchmal „muss“ auf social media darauf aufmerksam gemacht werden. 🙃

  3. Ulli sagt:

    Danke. Du sprichst mir aus dem Herzen und gleichzeitig erinnerst du mich an den Zauber eines Augenblicks.
    Herzliche Grüße
    Ulli

  4. Danke, deinen Artikel habe ich gern gelesen und finde mich dort teilweise wieder, insbesondere in dem, was du über das Spazierengehen und Verweilen schreibt. Alles noch einmal neu anschauen, schönes und neues im Bekannten suchen. Die Fotos sind wunderschön!
    Herzliche Grüße
    Martina

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