Alle Kameras auf mich gerichtet

Museums-und Ausstellungsbesuche sind unglaublich bereichernd und inspirierend. Aber sie lehren auch Demut. So zum Beispiel die Ausstellung Münchner Freiheiten, die wir uns im Haus der Fotografie in Burghausen angesehen haben. Jedes Bild der Fotografin Ursula Zeidler ein Meisterwerk. Stundenlang könnte ich sie betrachten und studieren – Anregungen holen, um später stümperhaft zu plagiieren.
Wer die Gelegenheit hat, diese oder eine andere Ausstellung von Zeidler zu besichtigen, sollte die Chance nutzen. Zwar möchte man selbst ein wenig schamvoll im Boden versinken, wenn man meint, ganz akzeptabel fotografieren zu können, doch ist diese Verlegenheit schnell verflogen. Dann überwiegt das Lernen
Münchner Freiheiten portraitierte Zeidler: Die Münchner Theresienwiese wiesnlos, also ohne Oktoberfest im Zeitraum von April 2019 bis 2021, urbanes Leben vor, während und mit Corona.
Wer nicht ins Museum gehen will, dem sei der Katalog (hier zu bestellen) wärmstens empfohlen.

Nun ist es nicht nur ein Akt kolossaler Unhöflichkeit und Unverfrorenheit, Bilder von Fotografinnen oder Fotografen abzufotografieren und diese im Netz zu veröffentlichen:  Es ist schlicht Urheberrechtsverletzung. Und ein abfotografiertes Foto ist zudem eine wissent- und willentlich in Kauf genommene Verhunzung des Originals. Daher erlaube ich mir nur diesen extrem flüchtigen Eindruck der Sonderausstellungsfläche und empfehle ansonsten die Bilder der Ausstellung im Original oder im Katalog zu betrachten.

Aber:

Im ersten Stock des Hauses der Fotografie gibt es einen spannenden Einblick in der Geschichte der Fotografie – nichts spektakulär Neues, wenn man sich für das Thema interessiert. Faszinierend aber ist die Sammlung von über 600 Kameras in den Schaukästen.

Viele Kameras habe ich fotografiert – irgendwie sind sie alle auf mich (und natürlich auf alle anderen Besucher, derer nicht allzu viele an diesem Sonntag in der Ausstellung waren) gerichtet.

Und dann entdecke ich doch sogar noch ein paar alte Bekannte. Zu sehen sind auch Kameras, mit denen mein Vater viel fotografiert hat. Jede Menge Leicas, die berühmte Rollei 35 und die Minox, sein ganzer Stolz.

Harmonisch, als seien sie Best Friends steht die Minox neben dem ukrainischen Nachbau.

Und dann erspähe ich die Ritsch-Ratsch-Klick-Kamera.. Sie war der unerreichbare Traum meiner Kindheit. Was hätte ich die gerne gehabt. Cooler ging’s nicht.

Aber sie blieb ein Traum.
Vollends aus dem Häuschen  bin ich, als ich die Canon A1 entdecke. Einst ein weiterer, ebenso unerreichbarer Traum, als ich mich dem Abi näherte. So oft ich auch mein gespartes Geld zählte, ich hätte sie mir niemals leisten können. 998 DM hat sie gekostet. Wie oft habe ich vor dem Schaufenster des Fotogeschäfts in Hagen gestanden und gerätselt, ob nicht doch ein Weg dorthin führen könne…

Nein – es gab keinen. Und ein gebrauchtes Gehäuse, wie sie im Seitenfenster des Geschäfts angeboten wurden, war auch nicht zu bekommen. Damals nicht, heute schon: Die Neugier treibt mich – bei Ebay ist die A1 heutzutage für zwischen 35 und 100 € zu haben, je nach Zubehörpaket. Geradezu lächerlich. Aber der Traum ist ausgeträumt – Analogfotografie, von so manchem noch liebevoll betrieben, ist für mich kein Thema mehr.

Heute steht die A1 also im Museum. So ist das nun mal.
Später, am Kiosk an der Burg zu Burghausen entdecke ich ein Schild, das mir einen weiteren Flashback beschert.

Erinnern Sie sich noch? Kein Kiosk, Ticketschalter für Ausflugsboote oder Minigolfplätze, Zeitschriftenladen, keine Drogerie in den Urlaubsregionen, an dem nicht Filme angeboten wurden.  Mein Gott – Filme! Wie lange habe ich keinen mehr in eine meiner Kameras gelegt.

Vorbei.
Verweht.
Nie wieder.

 


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3 Antworten

  1. Inga sagt:

    Das schaut interessant aus. Danke für den Tipp 😊. Nach Burghausen werde ich es vor Ausstellungsende wahrscheinlich nicht mehr schaffen, aber vielleicht bestelle ich mir den Katalog.
    Gut auch, dass du auf das Urheberrecht hinweist. Ich bin oft völlig baff, wenn ich sehe was da alles aus Austellungen geposted wird. Ich frage immer brav, wenn die Möglichkeit besteht, dass Rechte tangiert sind und natürlich wird das dann oft abgelehnt. Ist aber für mich in Ordnung, Künstler müssen auch leben …

    • zwetschgenmann sagt:

      Ja, sehe ich genauso und habe ähnliche Erfahrungen gemacht. Skurril wird es aber, wenn man ein Millionen Jahre altes Fossil fotografiert, fragt, ob man das Bild veröffentlichen darf und es dann heißt, das sei aus Urheberrechtsgründen nicht erlaubt. Hallo? Urheberchte an einem Fossil?

  2. Colemannet sagt:

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    Edit: Noch mal zum Mitschreiben, Hase. Das ist kein Store, das ist ein Museum. Da kann man außer Eintrittskarten und Ausstellungskatalogen nichts kaufen. Verstanden? LP

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