Schwimmen gehen in Zeiten von Corona? (#03): Zurück im Chlor
Das Chlor hat mich auch zurück. Denn nun haben auch in Bayern die ersten Freibäder wieder geöffnet. Bekanntlich dauert im Freistaat alles etwas länger und so hinken die Freibäder ihren regulären Öffnungen etwa sechs Wochen hinterher. Corona und der oberste Zuchtmeister Söder wollten das so. Viele Schwimmer aus anderen Bundesländern haben bereits in den einschlägigen Facebook-Gruppen von ihrer Rückkehr ins Chlorwasser berichtet, ein wenig neidisch war ich schon, denn Freiwasser ist eben letztlich auch nur eine Schönwetteralternative. Zumindest für mich.
Das Frohnleichnamswetter ist für einen Wiedereinstieg ins chlorige Wasser optimal: Der Morgen noch regnerisch, am Mittag hellt es auf 17 °C, die sich auf 20 °C steigern halten die großen Besucherströme vom Freibad fern, von begrenztem Zutritt wegen Corona ist an diesem Tag also nichts zu spüren.
Ich fahre nach Taufkirchen, das erste Freibad im Landkreis, das schon wieder geöffnet hat. Für die anderen kam die Ankündigung, nun dürften sie wieder, zu kurzfristig.
Seit zwei Tagen fahre ich die Schwimmtasche spazieren, dazu den Neo für den Besuch im Weiher. Einen Moment grüble ich, ob ich auch im Freibad den Neo überstreife, ich bin ja doch ein kälteempfindliches Pienzchen. Aber als ich Günther auf dem Parkplatz treffe, stellt sich die Frage nicht mehr. Lerneffekt von Corona: Ich bin erstaunlich schnell motivierbar, etwas zu tun, aber noch schneller, etwas nicht zu tun.
Lieber schwimme ich also etwas weniger, dafür nur in Jammer. Der Neo bleibt im Kofferraum. 23,5 °C steht auf der Kreidetafel als Wassertemperatur. Geht schon. Wie sähe das auch aus. Vor Günther? Und den anderen.
Am Eingang fülle ich einen Besucherzettel aus, dann öffnet sich das Drehkreuz. Alles wie immer. Zumindest fast.
Das große Becken ist geleint, je zwei Bahnen. So ist es im Moment in allen Freibädern, und das hat immense Vorteile. Kein Kreuz- und Quer, nimmt schwimmt oder springt einem plötzlich vor die Nase. Kein Kampfkrauler wird mir auf den Versen herumprügeln und ich werde selbiges keinem Omabrüstler antun.
Sechs Leute sind im Wasser, gleich sind es acht. Also schwimmt jeder auf einer Bahn hin und auf der gleichen zurück.
Das fühlt ich falsch an – und das ist es auch. Denn an sich ist Kreisschwimmen gefordert, was aber mein Mitschwimmer auf der Bahn und ich geflissentlich ignorieren. Der Andere schwimmt Brust und Rücken, ich müsste öfter überholen (keine Ahnung, ob das hier erlaubt ist) oder hinter ihm auf freier Strecke wenden, um an ihm vorbeizukommen. Es kommt auch keiner, um uns alle zu disziplinieren – das regelt sich selbst.
Denn später, als es voller wird, schalten alle sofort auf Kreisschwimmen um. Nun ja: Nur auf einer Bahn nicht. Wenig überraschend: Das ist genau die Kategorie Leute, die auch sonst auf Kollisionskurs bleibt, die das Prinzip nicht verstehen können oder wollen. Der Anspruch „Platz da – meine Bahn“ scheint sich in manchem Schädel so sehr verkrustet zu haben, das es nicht mehr rausgeht aus dem Kopf.
Ansonsten aber ist alles wie immer. Ich möchte allerdings nicht wissen, wie es sein wird, wenn wir 10 ° höhere Temperaturen haben werden und das Besucherlimit erreicht sein wird.
Oft werde ich das diesen Sommer nicht erleben – denn bei solchen Temperaturen und Völkerscharen bin ich ohnehin lieber im Weiher. Im Gegensatz zum Freibad ist dort nämlich auch die Zahl der Personen, die sich gleichzeitig im Wasser aufhalten dürfen, nicht limitiert und es steht ganz sicher niemand am Rand, der einem den Zutritt erst gewährt, wenn ein anderer aus dem Wasser gekommen ist. Darauf wird es nämlich im Freibad an heißen Tagen zwangsweise hinauslaufen. Vielleicht auch auf die Debatte, wer denn jetzt als Nächstes dran ist, ob die Bahnen nach Tempo sortiert werden usw. usw. – eben all das, was man sich so auf der 50-Meter-Bahn durch den Kopf gehen lassen kann.
Statt einfach abzuwarten, wie es sein wird.
Und sonst?
Aufs Klo darf man nur mit Gesichtsmaske, die warmen Duschen sind gesperrt. Was einigermaßen ätzend ist, das gebe ich gerne zu. Denn nach geraumer Schwimmzeit wird es dann doch kalt und eine heiße Dusche wäre was Feines, um den Körper wieder aufzuwärmen.
Aber da kann eine Thermosflasche mit heißem Tee auch helfen. Und die steht bereit.
Schlückchen Rum vielleicht noch rein?
Prost.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Langsam darf man sich auch Gedanken machen, ob das eine oder andere nicht übertrieben ist. Beispiele gibt es genug. Dafür reicht hier der Platz nicht.
LG Jürgen