Im Mühldorfer Hart – Was nachzutragen wäre

Was noch nachzutragen wäre zur Mühldorfer Hart:

Ja, ich rechne damit, wenn ich die Beitragsreihe über den Mühldorfer Hart, das KZ-Außenlager, den Bunker, das Massengrab und das mörderische Treiben der Nationalsozialisten im Hart veröffentliche, dass sie Reaktionen hervorruft. Spätestens, wenn sie über meine Stammleserinnen und -leser hinaus mehr Publikum erreichen, wird es zwangsläufig sein, dass es Kommentare geben wird, die mir nahelegen werden, einen Schlussstrich zu ziehen, Kommentare, wie sehr den Schreibern und Schreiberinnen das am A…h vorbeigeht, Kommentare aus dem rechten Lager – vor allem aber Whataboutism, man möge doch auch nicht die Verbrechen von… und überhaupt… und gegen die Deutschen… und so weiter. Diese Kommentare ärgern oder provozieren mich zwar weniger, als sie es beabsichtigen, aber sie zeigen mir doch, dass ich das Ganze nicht umsonst geschrieben habe:
Denn ich suche den Weg, Öffentlichkeit für das Thema der Verbrechen im Nationalsozialismus zu gewinnen, die direkt vor unserer Haustür geschehen sind – weil ich es wichtig finde und nicht nur, weil ich ein paar mehr Klicks als normal auf meinem Blog registrieren möchte.

Eine der reichweitesten Facebook-Gruppen, in die ich den Link hineinsetze, nennt sich Traumhaftes Bayern – Dreamlike Bayern. Sie hat fast 40.000 Mitglieder, die sich überwiegend darin gefallen, die schönsten, hochglänzenden Seiten des Freistaats zu präsentieren: Aufgmaschlt, lederhosig, geranienbalkoniert, jodelnd, bergig, idyllisch. Das ist auch in Ordnung so – man erfreut sich als Hiesiger der Heimat und als Bayernurlauber und -fan weltweit schielt man sehnsuchtsvoll auf die Bilder, wie schön es in Bayern so ist. Ganz Bayern ein Freilichtmuseum. So ungefähr.
Und dann kommt so einer  wie ich und besudelt das Nest:

Manchmal ist Bayern weniger traumhaft, dafür eher alptraumhaft. Aber das gehört auch zur Geschichte und zur unserer Heimat und sollte bei all der romantisierenden Verklärung Bayerns nicht verschwiegen werden.

Das Bild zeigt die Ruinen eines ehemaligen Bunkers im Mühldorfer Hart östlich von München, es könnte ein großartiger „Lost Place“ sein, wäre die Geschichte dahinter nicht enorm beklemmend.
Was Furchtbares in diesem Wald geschah, findet Ihr, wenn Ihr Euch dafür interessiert, in einer kleinen Serie in meinem Blog. Ich habe den Wald, den Bunker und die beiden Gedenkorte dort besucht. Der Link zur Serie in den Kommentaren.

Keine 10 Minuten später belehrt mich ein anderes Gruppenmitglied, Filip . B., dass es ihm wurscht ist, was früher irgendwo passiert ist. Und das sollten wir Deutschen bitteschön genauso halten. Es ist sein gutes Recht, das so zu sehen, ohne Frage. So wie ich es als das meine ansehe, solche Themen immer wieder öffentlich zur Sprache zu bringen.

 

Für und wider

Von Katharina T kommt ein Kommentar (Screenshot unten), der mein Herz erwärmt, nicht allein wegen (aber auch) des spendierten Kaffees. Ihre Worte zollen  Anerkennung und Wertschätzung, wie ich sie mir gewünscht habe. Aber sie zeigen mir vor allem, dass es Menschen gibt, die meine Intention nachvollziehen können, sowohl, was die Beitragsserie an sich betrifft als auch die Idee, diese ausgerechnet in dieser FB-Gruppe zu verlinken, in der ein durch und durch klischiertes Bayern gezeigt wird.
Meine Beitragsserie hatte also, das sehe ich auch an den Kommentaren hier im Blog, durchaus für andere eine gewisse Bedeutung.

AfD-Fangirl Steffi A. (im gleichen Screenshot) hingegen empört und verabschiedet sich aus der Gruppe, droht es zumindest an. Denn sie sieht in dem Beitrag Hetze, vermutlich gegen ihre Partei. Ein Blick auf ihr öffentliches Facebook-Profil bestätigt, dass sie sich politisch bei der AfD ansiedelt, womit verständlich ist, dass ihr meine Äußerungen zu dieser Partei und ihren Funktionären nicht passt.
Einen Moment sinniere ich, auf Steffi A.s Kommentar zu antworten, aber ich lasse es. Es führt zu nichts.. Bei diesem Nachklapp hier zögere ich, ob ich ihren Namen im Screenshot anonymisieren soll oder nicht. Ich denke, jede/r hat alles Recht der Welt, sich coram publico zu diskreditieren und zu blamieren. Eine Wortmeldung bei Facebook ist eine Äußerung im öffentlichen Raum, zudem zitierfähig.
Dann allerdings lasse ich Milde walten und schwinge den Photoshop-Pinsel über den Namen und verpixle ihr Foto.

Spontan fällt mir dieses „Das wird man wohl noch sagen dürfen“, das der rechte Rand der Gesellschaft fortwährend skandiert, ein. Es gilt offenbar nur, wenn eine kritisierte Äußerung rechtslastig genug ist. Alles andere ist „Hetze“. Und dann verzieht man sich in der Schmoll- und Opferrolle. Auch das ist hinlänglich bekannt, aber Steffi A. darf sich trotzdem sich gerne empören und verflüchtigen.
Ach wäre es doch immer so, dass die braune Brut sich sofort empört verkrümelt und zurückzieht, wenn ihnen einer mit Wahrheiten, An- und Widerstand gegen ihr faschistisch-rassistisches Gedankengut kommt. Eigentlich ist das eine sehr schöne Erfahrung.

„Das gehört nicht hierher!“

Ich erwartete auch, Stimmen, dass solche Themen dort nicht hingehören, fühlte mich aber schnell durch viele Daumen-Hoch und tränende Smilies bestärkt und bestätigt. Trotzdem höre ich auch das.
Stefan J. zum Beispiel merkt an, solche Themen hätten in dieser Gruppe nichts zu suchen, was ich anders sehe. Mit der Bemerkung, auch das KZ Dachau „hätte hier (Anm.: gemeint ist die FB Gruppe) nichts verlorn“ gibt er mir einen gewaltigen Schubser, endlich mal wieder nach Dachau zu fahren, die Gedenkstätte zu besuchen, eine Fotostrecke für mein Blog anzufertigen und dann diese in dieser Gruppe auch zu posten.  Er hat mich geradezu herausgefordert. Davon wird am 29. April hier zu lesen sein, am Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers.

Es amüsiert mich übrigens ein wenig, dass die FB-Mäkelfritzen ganz gleich in welcher Gruppe es noch immer nicht verstanden haben, dass jede Interaktion, jeder Kommentar, und wenn er noch so flach ist, den FB Algorithmus noch mehr befeuert. Sie machen den Beitrag relevanter für alle, der wird noch prominenter gezeigt, womit genau das Gegenteil des Beabsichtigten erreicht wird.
Mir soll mir recht sein, denn es verschafft mir zumindest ein paar Tage wesentlich mehr Seitenzugriffe, um die es mir – wie bereits erwähnt – aber nicht geht. Denn so steil wie die Zugriffskurve auch ansteigt, sie fällt auch wieder auf Normalmaß zurück. Von dem mörderischen Treiben der Nationalsozialisten im Mühldorfer Hart aber wissen jetzt mutmaßlich ein paar Menschen mehr.
Und das ist gut so.

Und hiermit verspreche ich hoch und heilig,  demnächst auch wieder Schokoladenseitiges von Bayern in einem meiner nächsten Posts in der FB-Gruppe zu liefern.

Hier alle  Beiträge zum Nachlesen:

In der Mühldorfer Hart (Teil 1): Im Wald
In der Mühldorfer Hart (Teil 2): Am Lager
In der Mühldorfer Hart (Teil 3): Am Bunker
In der Mühldorfer Hart (Teil 4): Am Grab

Nachtrag 1: Ein Kommentar
Nachtrag 2: Seine der Hoffnung – Auf dem KZ Friedhof in Burghausen

 


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4 Antworten

  1. Kurt Schaller sagt:

    Hallo Lutz
    Großartig wie du immer wieder das Thema aufgreifst und nicht nachläßt.
    Ich bewundere deine Nerven, dass du dich auf Diskussionen in FB Gruppen einläßt. ich habe großen Respekt wie du das duchhälst.
    Mir sind die Diskussionen in den Schildkrötengruppen ja schon zu suspekt, so dass ich mich keiner anderen Gruppe anschliesen werde.
    Mach weiter so und die Welt ist ein Stückchen freundlicher.
    Ich freu mich schon auf den Bericht aus Dachau, für mich ebenfalls eine traumatische Erinnerung.
    LG Kurt

    • Lutz Prauser sagt:

      Lieber Kurt, ich danke Dir für das Feedback. Es ist immer gut zu wissen, dass man nicht allein da steht mit seinen Gedanken, seinem Standpunkt. Offen gestanden diskutiere ich nicht mehr allzu viel mit solchen Leuten, ich zeige weiter unbeirrt Bilder und rechne damit, aus der einen oder anderen Gruppe genau deshalb irgendwann mal rausgeworfen zu werden.

  2. Naya sagt:

    Das Leben und die Welt ist nicht nur Sonnenschein, und daher finde ich es auch gut und richtig, wenn du neben den vielen tollen und wunderschönen Bildern eben auch andere Aspekte zeigst. Vor allem auch solche wie diesen hier, den einige leider nur zu gern vergessen würden. Was an Grauen vergessen wird, wiederholt sich viel leichter, wenn es denen, die sonst vielleicht gemahnt, gebremst oder umgedreht wären, zu spät auffällt, welcher Weg da eingeschlagen wurd.

    Von daher auch von mir danke, daß du auch solche Serien wie über den Mühldorfer Hart schreibst und verbreitest, und danke, daß du dich von hetzenden Kommentaren davon nicht abhalten läßt.

    Gerade diese Mischung aus Schönheit, aus Nachdenklichem und aus spitzer Feder ist es, die deinen Blog für mich so spannend und lesenswert machen!

  3. Oje, Facebook ist schon ohne das Faschisten und Nazi-Gschwerl ein finsterer Ort, der Hetze und Aufgeregtheit zu seinem Geschäftsmodell gemacht hat. Eine Plattform auf der sich überwiegend nur noch eine „Boomer-Gesellschaft“ erregt, weil ihnen langsam sowohl die Privilegien, als auch die moralische Überlegenheit abhanden kommen. Es ist lange her, als sich dort noch harmlose Nerds wie wir, über unsere Hobbys austauschten. Mir fehlt inzwischen der Nerv und der Humor für diese Plattform. Chapeau, dass du dir das noch antust.