Spaziergänge (#22): Dorfen hat die Isen schön

Eine unsichtbare Grenze verläuft zwischen unserem Dorf und Isen, unserem östlichen Nachbardorf. Das macht sie nicht weniger unüberwindlich, zumindest nicht für die hiesigen Alteingesessenen. Wer auf dieser Seite der Grenze lebt, orientiert sich Richtung Erding, wenn es um Einkauf, Schule, Freizeitaktivitäten geht. Auf der anderen Seite orientiert man sich Richtung Haag oder Dorfen. Schier undenkbar, dass einer der Hiesigen sich freiwillig nach Dorfen begibt, es sei denn, der Hausarzt überweist einen zu einem dortigen Facharzt.
Als „Zugroaste“, die wir nach zwanzig Jahren immer noch sind, können wir das nur schwer nachvollziehen. Dorfen ist ein nettes kleines Städtchen, hat schöne Restaurants, ein (zur Zeit leider geschlossenes) liebevoll geführtes Programmkino, einen wunderbaren Veranstaltungssaal für Kleinkunst und Kabarett mit ganz hervorragendem Programm.

Es gibt ein paar wirklich schöne Ecken in dem kleinen Städtchen, vielleicht sollte ich mal demnächst durch Dorfen schleichen und Bilder einer typischen bayerischen Kleinstadt machen, die nicht aufgmaschelt ist wegen der Touristen, keinen musealen Charakter hat oder sich zu einem überpreistem Heil- und Kurort stilisiert. So ein kleiner Spaziergang mit der Kamera durch Dorfen wäre auch mal eine Idee.

Einstweilen beschränken wir uns auf einen Spaziergang von Dorfen nach Oberdorfen, mit Abstecher zur Wallfahrtskirche Maria Dorfen. Es geht an der Isen entlang, einigen ihrer Seitenarme und ich muss sagen: Dorfen hat die Isen schön.

Zumindest in Dorfen sind der Fluss, sein Tal und die umliegenden Wiesen, die zum Teil Überflutungsgebiete sind, wunderschön.

Das ist nicht überall der Fall, denn der größte Teil des einst so wunderschönen Isentals ist durch den barbarischen Ausbau der A 94 aufs Gröbste ruiniert. Was nicht heißt, dass ich per se etwas gegen die A 94 habe – nur ist die Trassenwahl wieder Vernunft und Verstand von der CSU durchgeboxt worden, eine andere Trasse wäre behutsamer mit der sensiblen Landschaft umgegangen und wäre entschieden billiger gewesen. Aber was weiß ich schon davon? Und was schert es die CSU, die ja seit Langem gerade in verkehrspolitischen Entscheidungen Leuchtturmqualität beweist?
Eben.
Oder eben auch nicht!

Und so führt uns unser Sonntagsspaziergang zu einem Reststück naturnaher Isen, dem Fluss, der munter durchs Tal mäandert, immer wieder gen Osten, dem Inn entgegen.

Viele Menschen sind an diesem Sonntag unterwegs. Sie alle scheinen nach den ersten beiden Regentagen seit Wochen besonders begierig nach Sonne und besonders klarer und frischer Luft.

Offenbar ist Dorfen noch nicht so groß, dass man einander nicht grüßt, wenn man sich entgegenkommt. Und so grüßen sich Spaziergänger, Hundegeher, Jogger, Inliner, Radlfahrer, Angler… wer eben alles an einem Sonntag den Weg entlang dem Seitenarm bis Oberdorfen nimmt, um hernach zwischen den Feldern am eigentlichen Fluss entlang zurückzulaufen oder fahren. Wieder einmal nötigt es mir einige Geduld ab, Bilder so zu machen, als sei ich allein auf weiter Flur.

Natürlich habe ich ganz und gar nichts gegen andere Spaziergänger. Ich muss das immer wieder mal erwähnen, fast so , als müsse ich mich erklären, kein kategorischer Menschenfeind zu sein. Nur auf Bildern mag ich sie eben nicht. Zumindest nicht auf solchen, in denen Gegend zu sehen sein soll.
Gegend – nichts als Gegend.

Kurz vor der Rückkehr nach Dorfen macht der Weg einen Schlenker, entfernt sich vom Fluss. Aber ein Trampelpfad führt mich über eine Wiese bis direkt heran an das Ufer. Ein paar Bäume nur, noch dazu einige umgestürzt, eine kleine, verkrautete Lichtung. Eine winzige Insel. Ein murmelnder Fluss. In der Ferne der Turm von Maria Dorfen.
Wieder einmal habe ich für ein paar Minuten, in denen ich am Ufer stehe, schaue, Fotos mache, das Gefühl, einfach ganz woanders zu sein. Fernab von allem. Alles ist scheinbar unendlich weit weg: Arbeit, Alltag, Corona, CSU… einfach alles. Sogar die Autobahn.

Wer braucht in solchen Momenten schon andere Spaziergänger?


Eine Liste aller Beiträge der Serie Spazieren statt schwimmen gehen samt Verlinkung finden Sie auf der Unterseite Die Serien dieser Seite im Überblick.


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1 Antwort

  1. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg und der sieht traumhaft aus.
    LG Jürgen

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