Sonntag, das ist… (06) dem Herrn mit der roten Kehle zuschauen

Sonntag, das ist, wenn ich am Computer sitze, eigentlich etwas für diesen Blog schreiben möchte, aber plötzlich vollkommen abgelenkt werde. Ein Herr mit roter Kehle starrt zum Fenster herein aus dem ich hinaus auf den Garten vor dem Haus schaue.
Kreuzen sich unsere Blicke? Das weiß ich nicht. Ich bemerke aber, dass Herr Rotkehlchen sehr angestrengt und konzentriert ist bei dem, was er tut. Er hockt in der Blutpflaume, deren Stämme und Geäst mittlerweile vom Efeu überzogen ist, das den heimischen Vögeln Futter, Schutz, Versteck und Nistmöglichkeiten gibt. Es hat Jahre gedauert, bis es soweit war, aber jetzt ist im Efeu im Winter eigentlich immer was los.
Familie Amselowsky wohnt eine Etage über dem Ast, auf dem das Rotkehlchen sitzt und Herr Amselowsky ist eifrig dabei, die schwarzen Beeren des Efeu zu vertilgen. Das macht das Rotkehlchen nervös, so viel Unruhe, wippende Äste und dann noch der Typ hinter der Scheibe, der langsam seine Kamera in Position bringt.
Eventuell ist das ein wenig zu viel für den Piepmatz.
Aber auf der Terrasse vor dem Haus, direkt unter dem Fenster und wegen der Überdachung leider nicht einsehbar, hängt unser Vogelfutterhäuschen. Dort ist ein beliebter Treffpunkt für Kohl- und Blaumeisen aus der Nachbarschaft. Die Meisen streiten wenig zimperlich und bisweilen mächtig rabiat um jeden Sonnenblumenkern, dabei lassen sie viel Futter fallen, was wiederum die Spatzen aus der Hecke gegenüber freut. Die nämlich kommen dann scharenweise angeflogen und picken auf, was die Meisen auf die Erde befördert haben. Gelegentlich schauen auch Amselowskys vorbei, aber die aktuelle Futtermischung vom Edeka sagt ihnen nicht so sehr zu. Da bleiben sie lieber bei den Efeubeeren.
Der Herr mit der roten Kehle checkt die Lage, dann setzt er von seinem Zweig aus zum Flug an, rauscht schnell zum Vogelhäuschen, holt sich ein paar Körner und kehrt wieder zur Blutpflaume zurück. Das Ganze wiederholt sich, bis die Amsel über ihm so viel Hektik verbreitet, dass er Reißaus nimmt.
Wie könnte ich anders, als dem Geschehen zuzusehen? Rotkehlchen sind bei uns im Garten eher seltene Gäste, jahrelang habe ich gar keine gesehen. Aber jetzt eben wieder das eine, das ich beobachte. Das freut mich und wärmt mein Gemüt.
Also muss der Blogtext, den ich eigentlich schreiben wollte, warten.
Prioritäten – sie sind so wichtig. Auch sonntags.


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1 Antwort

  1. Nati sagt:

    Bei uns sind es Tauben die das herab gefallene Futter von der Wiese futtern. So bekommt jeder etwas ab der sich in unserem Garten heimisch fühlt.

    P.S. Warum muss ich jedes Mal beim Kommentieren alle Daten von mir eingeben?
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