Schwimmen gehen in Zeiten von Corona (#07): Geisterstimmung
Geisterstimmung im Hallenbad: Der Gong ertönt, normalerweise folgt jetzt die Durchsage, dass ein Kind seine Eltern verloren hat, jemandem sein Spindschlüssel abhanden gekommen ist und dieser gefunden wurde oder gleich die Aquagymnastik beginnt. Dieses Mal ist es anders. „Der Bereich von Nichtschwimmer- und Babybecken hat die Kapazitäten überschritten.“ Einige Eltern mögen bitte der Durchsage der Schwimmmeisterin folgend, mit ihren Kindern diesen Bereich verlassen. „Vielen Dank für ihre Kooperation!“‚
Es kooperiert aber niemand an diesem nasskalten Dezembersonntag, so dass die Eltern ein weiteres Mal aufgefordert werden müssen. Dann erst leert es sich dort, wo es eigentlich gar nicht so voll ist – zumindest nicht im Vergleich zu den Sonntagen vor der Pandemie.
Es herrscht eher Geisterstimmung im Schwimmbad seit in Bayern für Kultur- und Sportveranstaltungen die 2g+ Regel gilt: Rein darf nur, wer genesen oder geimpft ist – und wer einen zertifizierten Schnelltest hat, der nicht älter als 24 Stunden ist. Alternativ kann man sich an der Kasse einen Selbsttest kaufen und den vor Ort durchführen. Sonst bleibt das Drehkreuz versperrt. So aber darf ich passieren und gehöre zu den glücklichen hundert Leuten, die sich zeitgleich im Erdinger Hallenbad aufhalten dürfen.
Die Meisten davon – Sie ahnen es – sind Familien mit kleinen Kindern, die sich im und am Nichtschwimmer und Babybecken aufhalten. Als ich um 14.40 Uhr das Schwimmerbecken verlasse, ist zeitweilig einfach niemand drin. Es hat eine Atmosphäre, wie man sie sonst nur kurz vor Saisonende im Frühling kennt, wenn es draußen wirklich warm ist und einfach niemand mehr ins Hallenbad geht.
Ja, man kann darüber streiten, ob diese Verschärfung im Tests sinnvoll und zielführend ist, zumal die Ansteckungswahrscheinlichkeit im Schwimmbad äußerst gering ist – so hat es das RKI über den Nachvollzug der Infektionsketten im Oktober 2021 eruiert. Man kann das aber auch lassen, es nützt nämlich wenig – immerhin haben in unserem Landkreis die Hallenbäder (also das eine) noch auf, anderswo ist schon wieder alles dicht, weil in einigen Regionen des Freistaats die Inzidenzen gigantisch hoch und die Impfquote der Bevölkerung eher niedrig sind.
Ja, man kann über so vieles streiten oder zumindest debattieren – zum Beispiel, ob dieses medial omnipräsente Thema nicht allen mittlerweile dermaßen an den Nerven zerrt, dass man es nicht mehr hören kann oder will. Warum es also hier im Blog auch zur Sprache bringen?
Zumindest da ist die Antwort einfach: Weil ich es kann, weil ich es will, weil es mein Blog ist und ich die Inhalte bestimme. Und es ist mir wichtig. Gemeinsam gegen Corona funktioniert aber nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen und uns mit den Gegebenheiten arrangieren, gern auch kopfschüttelnd oder die Zähne zusammenbeißend. Aber dann eben seinen Beitrag leistend, damit das Ganze irgendwann mal ein Ende haben wird. An mir/uns jedenfalls liegt es nicht.
Mit einem Test-Zertifikat, das wir uns am Samstag holen, weil wir in München im NS-Dokumentationszentrum die ungemein beeindruckende Ausstellung „Fotografie und Dynamit“ über John Heartfield anschauen wollen und spontan darauf beschließen, noch ins Kino zu gehen (beides Kulturveranstaltungen, beides 2g+) und meinem sonntagvormittäglichen Schwimmbad habe ich das Bestmögliche aus dem Test herausgeholt. Ein wenig Planung und man kommt geimpft und getestet, überall, wo geöffnet ist, auch rein. Derweil die Spritzenschisser mittlerweile fast überall draußen bleiben müssen, was ich persönlich gar nicht mal so schlecht finde: Kein Gedränge in der Ausstellung, entspannte Stimmung im Kino und im Hallenbad kaum mehr als ein halbes Dutzend Leute im Schwimmerbecken, die Sportbahn für mich ganz alleine und – Oh Wunder! Das hatte ich Ewigkeiten nicht – mein einstiger Lieblingsspind ist auch frei.
So schwimme ich vollkommen für mich alleine Bahn um Bahn, was zwar enorm angenehm ist aber eben auch für diese Geisterstimmung sorgt.
Viele, die ich früher oft getroffen habe, habe ich ewig nicht gesehen – manche Gäste kommen gar nicht mehr, denn es ging ihnen nie ums Schwimmen sondern um die Nutzung der Dampfbäder, die natürlich gerade geschlossen sind, und um das gesellige Zusammenkommen. Anderen, die bei 2g noch da waren, kommen auch nicht mehr. Es ist ihnen wohl zu umständlich, sich vor dem Schwimmen einen Test zu holen, insbesondere, weil die meisten Teststationen absolut nicht kompatibel mit den normalen Arbeitszeiten geöffnet haben, so dass man extrem früh Feierabend machen müsste, um erst zum testen und dann zum schwimmen zu gehen, oder eben vor Ort einen Test kaufen, der den Eintrittspreis quasi verdoppelt.
Ich weiß es nicht.
Es mag zig Gründe geben, nicht mehr schwimmen zu gehen – aber eben auch einen, der für Hallenbadbesuche trotz Geisterstimmung wie auch für die angesichts der aktuellen Corona-Lage geltenden Regeln und deren Einhaltung spricht: Die eigene Gesundheit.
Vielen Dank fürs Lesen.
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