Sa Dragonera – Unter Dinos oder Reptiloiden?
Langsam nähert sich das Boot. Es kommt von der kleinen, unbewohnten Insel Sa Dragonera, die etwas mehr als 2 Kilometer von uns entfernt liegt.
Eine knappe Viertelstunde wird die Überfahrt von San Elm aus dauern, wir sind auf dem Weg zur Dracheninsel, einem Eiland, knapp 3 Quadaratkilometer groß, seit 1995 als Naturpark ausgewiesen, Wohnort einer großen Population endemischer Reptilien, der Podarcis lilfordi giglioli.
Spätestens bei der Überfahrt, als das Boot über die Wellen schaukelt und die Brandung unermüdlich gegen die Felsküste der Insel anrennt, müsste gemäß meinem Kopfkino John Williams den Taktstock heben und den Soundtrack vom allerersten Jurassic Park anstimmen. Kino versaut oder befruchtet unsere Phantasie enorm – einmal mehr merke ich das, während der alte Seebär an Deck sich mit Bekannten angeregt auf spanisch unterhält.
Und schon ist aus Sa Dragonera Isla Nublar oder Isla Sona geworden – denn irgendwie sind wir ja auch auf dem Weg zu den Drachen. Ich kann es kaum erwarten, den ersten Saurier zu sehen.
Die „Saurier“ in Miniaturform erwarten uns, kaum dass das Boot angelegt hat. Sie beäugen uns mit neugierigen Blicken. Zwar ist laut Infotafeln die Fütterung der Reptilien verboten, aber wie so oft ignorieren viele Besucher das und so spekulieren die etwa fingerlangen Echsen auf etwas Fressbares. Denn sie sind – so informieren die Tafeln weiter – durchaus omnivor, was heißt: Sie fressen Insekten aber auch Blütennektar. Würde man ihnen Früchte anbieten, würden sie diese auch nicht verschmähen. Ganz offensichtlich werden sie auch oft genug gefüttert.
Ein Wanderweg führt und schnell vom kleinen Bootsanleger weg ins Innere der Insel, ein alter „Rapunzel „-Turm ragt über die Bäume, danach geht es Richtung Norden vorbei an Gestrüpp und Kiefern.
Hin und wieder gibt es Ausblicke hinunter zum Meer, die winzige Insel Sa Mitjana liegt unter uns.
Möwen kreisen kreischend über den steilen Felshängen von Sa Dragonera und der ungleich bekannteren und viel größeren Nachbarinsel Mallorca.
Unentwegt huscht es zu unseren Füßen – die Dragonera-Eidechsen, die es nur auf dieser Insel gibt, huschen zwischen die Steine, wenn wir ihnen zu nahe kommen.
Zwischen den Sträuchern lassen sich immer wieder Möwen auf Steinen nieder.
Das Gebüsch lichtet sich, gibt wieder den Blick frei – hin und wieder wurden auch Aussichtspunkte angelegt. Es ist ein Traum.
Über der felsigen Steilküste Mallorcas hängen Wolkenfetzen. Die Sonne sticht auf uns herab. Eigentlich könnte John Williams jetzt Jurassic Park in Endlosschleife laufen lassen. Das sind jetzt echt Bilder wie aus dem Kino. Nur eben noch viel viel größer als Cinemascope auf einer Riesenleinwand. Und es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit um Klassen besser als der (wie man hört) neueste Teil des zum x-ten Mal wieder aufgekochten Leinwand-Franchises.
Unser Ziel erreichen wir an der Nordspitze der Insel. Es ist ein 1910 gebauter Leuchtturm, daneben eine kleine Plattform, die auch eine beliebte Stelle zum Pausieren und zum Picknicken darstellt.
Hier wimmelt es von Echsen, sie sind nicht scheu, im Gegenteil. Sie lassen sich willig fotografieren, krabbeln über die Füße und lassen sich auch von Hand füttern, wie wir bei einer Gruppe von Kindern, die von ihren Müttern begleitet werden, beobachten können.
Es kommen mehr und mehr, ich weiß gar nicht, welche ich zuerst fotografieren soll. In einem Reiseführer habe ich gelesen, man solle darauf achten, dass alle Taschen verschlossen seien, damit man nicht aus Versehen eine Eidechse im Rucksack oder Picknickbeutel mit von der Insel schleppt. Angesichts dessen, was hier passiert, halte ich diesen Hinweis für keineswegs aus der Luft gegriffen.
Immer wieder versuchen die Kinder, die Echsen von der Picknickdecke zu verscheuchen. Die Tiere weichen nur kurz zurück und nähern sich sofort wieder, und das von allen Seiten.
Das ist der Moment, in dem ich an Peter Stomare in Vergessene Welt – Jurassic Park II denken muss, der sich, als er sich von seiner Truppe entfernt, plötzlich zahlreichen kleinen Sauriern gegenüber sieht. Der Größe nach ist er ihnen vollkommen überlegen, trotzdem machen die kleinen, „putzigen“ Tierchen kurzen Prozess mit ihm. Denn sie sind in der Überzahl und nähern sich von allen Seiten.
Ja: Ich weiß. Mauereidechsen, zu denen die auf Sa Dragonera beheimateten Tiere der Art nach gehören, sin vollkommen harmlos. Aber ein Ansturm auf die Picknick-Gesellschaft, und wenn es nur darum geht, ihnen das Essen abzuluchsen, wäre jetzt ein ganz großes Happening.
Das bleibt natürlich auch. Das ist auch besser so – für die Tiere und ihren Ruf.
Aber Kopfkino ist eben Kopfkino. Und wer weiß: vielleicht stecken in den Echsen ja keine Dinos sondern Reptiloiden. Und von denen hört man ja noch weniger Gutes als von Velociraptoren.
Ich sollte mehr trinken – sonst nimmt der Sonnenstich noch bedrohlichere Formen an und ich fange wirklich an zu phantasieren…
Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld.
Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.
Wenn Sie mir spontan einen Kaffee spendieren wollen, weil Ihnen dieser Beitrag gut gefallen hat, dann klicken Sie bitte auf den Kaffeebecher. Mehr dazu hier.Wenn Sie mehr Bilder von mir sehen wollen, dann empfehle ich das Fotobuch Im Süden – Bilder eines guten Jahres, das Sie in meinem Web-Shop aber auch in jeder stationären Buchhandlung bestellen können. Ebenfalls dort erhältlich sind die grantigen Geschichten Renate und das Dienstagsarschloch und das Buch von meinen Schwimmerlebnissen in Frei- und Hallenbädern, in Seen, Weihern, Flüssen und im Meer Bahn frei – Runter vom Sofa, rein ins Wasser , Alle Bücher sind auch über die ISBN in der stationären Buchhandlung bestellbar.