Morgenstund und Morgenrund

Auf die Schnelle eine Bagatelle:
Morgenstund hat Gold im Mund. So sagt man doch.
Wer in aller Herrgottsfrühe morgens mit einem Hund eine Morgenrunde machen muss, kann über solche Sinnsprüche gelegentlich nur müde lächeln. Müde gilt dabei manchmal wortwörtlich, denn die frühe Morgenstunde vor der Arbeit geht natürlich vom Schlaf ab.
Anders ist es an den Mobile Office Tagen, da ist eine Stunde im Stangerlwald allemal besser, als die gleiche Zeit im Stau der Berufspendler zu stehen.

Morgenstund gleich Hunderund

Noch ist der Wald feucht, es hat in der Nacht geregnet. Der Duft des nassen Holzes, das geschlagen am Wegesrand liegt, ist unverkennbar. So riecht Wald.

Morgenstund - Holz

Hin und wieder trifft ein Tropfen meinen Kopf, es regnet nicht mehr, aber die Blätter sind noch nass. Sie glänzen. Tropfen hängen herab, jederzeit bereit, zu fallen, ein kleiner Lufthauch genügt.

Morgenstund - Blattwerk

Nicht anders ist es bei den Blüten des allgegenwärtigen und allseits ungeliebten Drüsigen Springkrauts.

Morgenstund - Tropfen an der Blüte
Mühsam hat sich die Sonne den Weg durch die Wolken und den Morgendunst gekämpft, jetzt suchen ihre Strahlen den Weg durch die Stämme. Die Feuchtigkeit der Luft kann man regelrecht sehen. Sehen, wie an den unreifen Beeren des Schwarzen Holunders kann man sie sowieso.

Morgenstund - Beeren

Irgendwann hat es die Sonne endlich geschafft.

Wilde, stachelige Brombeerenglänzen in ihrem Licht, einige reif, andere noch lange nicht. Ich muss an die Grundschullehrerin unserer Kinder denken, nahezu paranoid panisch reagierte sie bei jedem Schulausflug in den Wald, wenn sie die wilden Brombeeren nur sah. Felsenfest überzeugt war sie, dass nur das Naschen einer Frucht geradezu zwangsläufig und unausweichlich dazu führen würde, dass das betreffende Kind sich mit der Beere den Fuchsbandwurm einfangen würde.

Es ist nur ein Beispiel von den vielen Ängsten, die sie den Generationen von Schulkindern tief einpflanzte, weil sie die Grenzen zwischen begründeter Sorgfalt und sinnvoller Vorsicht hinüber zu übertriebenen Ängsten nie richtig zu ziehen vermochte.
Lange ist das her. Unterrichtet die Frau eigentlich noch?
Sind Hornissen noch immer lebensbedrohlich?
Ich glaube, ich will das eigentlich gar nicht wissen.

Und die Morgenrunde zur Morgenstunde zu schön, um sich mit solchen Gedanken zu beschäftigen.

Die Hündin und ich genießen den Spaziergang. Hin und wieder darf sie von der Leine, empört flattert ein Vogel davon, nicht weniger empört kreischt ein Eichelhäher in der Baumkrone. Sonst ist niemand da, den sie in Angst, Schrecken oder Erregung verletzen könnte.
Also saust sie den Weg auf und ab, hüpft über Äste und umgestürzte Bäume, schnüffelt an allem und jedem und setzt selbst ein paar Duftmarken ab.
I was here!
Dass, das nur ja jeder andere Hund weiß.
Die Kratzdistel kratzt das allerdings gar nichts

Das ist wieder einmal einer der vielen Momente, bei denen ich weiß, dass ich nie mehr irgendwo wohnen möchte, wo kein Wald in der Nähe ist.  Und da sind meine Frau und ich uns absolut einig. Ob allein oder zu zweit, ob mit ohne Hund: Die Spaziergänge im Wald sind immer wieder ein Erlebnis, auch wenn man die gleiche Runde zum x-ten Mal gegangen ist.

Immer gibt es etwas am Wegesrand zu entdecken. Details nur. Jedes eine Bagatelle. Und doch kann ich mich jedes Mal aufs Neue begeistern.

Am schönsten ist es, wenn nach so vielen Regentagen, die Sonne endlich wieder zurückgekehrt ist.


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