Laissez faire am Moosacher Weiher
„Da geht nix. Vergiss es!“ Die Geste, die der Mann mir entgegenwirft, als er vom Parkplatz am Großen Pullinger Weiher herunterkommt und auf den ich gerade abbiegen will, ist eindeutig.
Dann eben nicht. Gedacht hatte ich mir das schon, es ist Sonntag, fast Mittag, ich bin einfach zu spät dran, denn der Parkplatz ist winzig. Schon jetzt stehen recht am Straßenrand Auto an Auto, viele verbotswidrig, Rettungswege freizuhalten ist nicht jedermanns Sache. Etwa einen Kilometer weiter, an der Einfahrt zum Parkplatz a Kleinen Pullinger wiederholt sich das Ganze. Auch hier schieben sich schon leicht angenervte Autofahrer aneinander vorbei.
So kommt es, dass ich unverhofft und ungeplant noch einmal knapp zwei Kilometer weiter fahre. Dort liegt etwas versteckt der Moosacher Weiher. Nicht groß, nicht spektakulär, daher ziemlich unattraktiv für die Meisten. Auf dem Zettel hatte ich ihn ohnehin und so fülle ich eben heute die Liste der von mir zum Schwimmen besuchten Seen, Weiher und Flüsse Oberbayerns um einen weiteren auf. Das ist dann Nr. 97.
In seiner Längsausdehnung bringt er es auf etwas über 200 Meter, etwas breiter als 100 Meter ist er, für ein paar Schwimmrunden reicht’s allemal. Da der Weiher kein öffentliches, reguläres Badegewässer ist, gibt es dort auch weder Regeln noch Verbote. Erlaubt ist, was gefällt. Davon wird reichlich Gebrauch gemacht. An dem kleinen Kiesstrand mischen sich Nackte und Bekleidete, wer will, badet oder schwimmt nackt, wer nicht will, der eben nicht. Eine Familie hat einen Hund dabei, was sonst fast überall rigoros verboten ist. Jeder toleriert die anderen, was bleibt einem auch anderes übrig?
Am Nordufer hat sich eine Gruppe jüngerer Leute niedergelassen. Die Burschen klettern hinauf in die Bäume und lassen sich unter lautem Geschrei und Getöse von den überhängenden Ästen ins Wasser fallen: Einer nach dem anderen, wieder und wieder. Man hört quer über den Weiher, welche Gaudi sie dabei haben.
Am Kiesstrand toben zwei Kinder mit ihrem Hund am und im Wasser, ein Pärchen macht Brotzeit, die Bierflaschen ploppen. Eine Frau liegt mit verstöpselten Ohren in der Sonne, zwei alte Damen plaudern über das Erlebte der Woche, ein anderes Paar ist in die Wochenendausgabe der Süddeutschen vertieft.
Hin und wieder bellt der Hund, hin und wieder rufen die Kinder ihren Eltern etwas zu. Die Ermahnung des Vaters, etwas ruhiger zu sein, scheint so unbegründet wie fruchtlos. Die Kinder kreischen und quietschen vergnügt weiter. Und niemanden, einfach niemanden, stört das.
Ich kraule meine Bahnen, muss nicht aufpassen, mit Paddelbrettern zu kollidieren, die gibt es im Moosacher nicht. Auch einige andere schwimmen im Weiher, aber eher kurz, denn das Wasser ist erstaunlich frisch. Die Bäume, die das Ufer umsäumen, beschatten eben auch einen Teil der Wasseroberfläche. Weiden haben ihren Samen abgeworfen, überall auf der Wasseroberfläche treiben die kleinen Haarflieger, was auch nicht jeder mag.
Meine kleine Olympus schmuggle ich aus dem Rucksack heraus mit ins Wasser, ich möchte nicht unbedingt, dass diejenigen, die hüllenlos in der Sonne liegen, sehen, dass ich eine Kamera in der Hand habe und vielleicht auf falsche Gedanken kommen, sie wären möglicherweise (m)ein Fotomotiv.
Meine Experimente mit der Kamera gehen auf der anderen Seite des weiter. Unterwasserfotos, denn das Wasser ist relativ klar, nur gibt es eben hier keine besonderen Motive . Egal. Und ich versuche mein Glück mit Spritzwasser. Niemand nimmt Notiz von dem Typen, der irgendwo in einer Ecke im Weiher wie ein Blöder Wasser durch die Gegend spritzt.
All das ist Laissez faire in Reinkultur. Es kann so einfach sein.
Vielen Dank fürs Lesen.
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