Spaziergänge (#44): Mann mit Hund am See mit Wald
Mann mit Hund – das kann gut gehen, das kann aber auch zu Konflikten führen. Nämlich dann, wenn der Mann (in diesem Fall ich) seine Kamera mit dabei hat, der Hund zumindest teilweise an der Leine geführt werden muss und beide vollkommen unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wo Mann und wo Hund stehen bleiben wollen. Der Mann zum Fotografieren, der Hund, um die überall am Wegesrand hinterlassenen Nachrichten anderer Hunde erschnüffeln will.
So etwas artet in Grundsatzdiskussionen aus, so etwas führt dazu, dass an den jeweiligen Leinenenden mal gezerrt und gezogen wird, mal trotzig die Position behauptet und stehen geblieben wird.
Warum stehen bleiben, hier gibt es nichts zu fotografieren?
Warum stehen bleiben, hier gibt es nichts zu erschnüffeln?
So an einem schönen Herbsttag am Egglburger See südlich von Ebersberg und dessen Forst.
Weil beide zu ihrem Recht kommen sollen, die Wiesenbrüterzeit vorbei und der Abschnitt durch das eigentliche Naturschutzgebiet eher kurz ist, einigen wir uns auf leinenloses Laufen überall da, wo es möglich ist. Also fast überall.
Das ist ein angemessener Kompromiss, wie ich finde und die Hundedame sieht das offensichtlich genauso.
Also starten wir beim Wirtshaus zur Gass . Noch ist dort nichts los. Die Tische werden vom herabgefallenen Laub befreit, ein kleiner Hund läuft herum, interessiert sich aber nicht die Bohne für uns und wir uns auch nicht für ihn, was heißt: Ich sowieso nicht, aber Lilu eben auch nicht.
Der Hund quittiert dieses Desinteresse mit demonstrativer Missachtung uns gegenüber, offen gestanden ist mir das so am allerliebsten.
Der Weg führt uns zunächst durch Feuchtwiesen hinüber zur St. Michael Filialkirche, die auf einem Hügel über dem See thront, umgeben von alten Buchen und einem kleinen Friedhof. Auch dort möchte ich ein paar Bilder machen, die hier zu sehen sind.
Zwar spazieren und walken einige Leute auf dem gleichen Weg, aber hinauf zum Friedhof und zur Kirche gehen die wenigsten, ich zögere, ob ich den Hund anleinen oder freilaufen lassen soll. Zerrt er an der Leine, nervt das beim Fotografieren (s.o.), aber anbinden will ich ihn auch nicht während ich die Kirche umrunde und die wenigen Gräber nach geeigneten Bildern absuche.
Fast entfährt mir ein „Scheiß der Hund drauf!“, als ich das schmiedeeiserne Tor öffne und den Friedhof betrete. Denn schwupps ist die Hundedame auf dem Gelände.
Und genauso schwupps auf der anderen Seite gleich wieder draußen.
Östlich von der Kirche stehen ein paar Kühe auf einer Weide am Hang. Sie tragen Glocken, die eigentlich Schellen sind, weil sie nicht gegossen sondern geschmiedet wurden – was aber ein anderes Thema ist.
Hund und Kühe sind sich suspekt. Der Hund, jetzt angeleint, sucht den größtmöglichen Abstand zu den Rindviechern, die Kühe zuerst auch, kommen dann aber wieder zurück zum Zaun.
Die Schellen läuten, es ist fast ein wenig alpin, ländlich idyllisch bis zur Kitschigkeit.
Zwischen Biobauernhöfen führt der Weg zum See, Schafe geben in der Ferne laut. Landleben pur unter der Oktobersonne.
Ein wenig bedauere ich ja diejenigen, die hunderte von Kilometern jedes Jahr anreisen, um hier in der Gegend Urlaub zu machen, welchen Aufwand die betreiben müssen, um die Berge zu sehen, die Seen, Kühe und Schafe.
Ein wenig bedauere ich auch die Städter, die 25km weiter westlich in München leben und sich jedes Wochenende bei schönem Wetter in Blechlawinen hinaus ins Umland quälen, um auch etwas von Idylle und Natur abzubekommen. Dann aber, wenn sie das Umland Outback nennen, wovon schon öfter hier die Rede war, denke ich mir: Dann bleibt doch einfach in Neuperlach, Milbersthofen, Neuhausen, Schwabing oder sonstwo in der Stadt…
Oder fahrt alle Richtung Oberland oder zum Starnberger See.
Hier ist es zwar auch schön, aber eben nicht so überlaufen. Und das ist gut so.
Immer wieder kommen mir Leute entgegen, überholen mich andere, weil zwischen der Hündin und mir noch längst nicht ausdiskutiert ist, wo wir stehen bleiben und wie lange.
Der Egglburger See ist eben doch auch irgendwie eine Rennstrecke für Spaziergänger, Hundeführer, Radler und Nordic Walker im Ebersberger Landkreis.
Ja logisch: Ich bin ja auch da.
Als wir endlich zum See kommen, geht es nur noch langsam voran, zu viele Motive, zu viele Fotos, die gemacht werden können, aber auch zu viele Stöckchen, auf denen man rumkauen kann, zu viele Markierungen anderer Hunde und in was man sonst noch so seine feuchte Nase stecken kann.
Aber es pressiert ja nicht – wir haben Zeit, die Sonne scheint und die Laune ist zu gut, um sie sich durch Trietschelei verderben zu lassen. Niemand hetzt uns zwei. Wir haben es nicht eilig, wir müssen keine Strecke machen, es wird auch nicht kalt, wenn man stehen bleibt.
Es gibt Pilze an den Bäumen zu fotografieren…
…und diesen einen entdeckt Lilu, schnüffelt an ihm und schaut mich an, als wolle sie mir sagen: „Schau mal den hier. Den MUSST Du unbedingt auch fotografieren!“
Da hat sie Recht.
Aber den Egglburger See eben auch.
Und zwar auch genau von der Stelle aus, von der ich ihn im Dezember 2020 auch schon mal fotografiert habe. Damals unter Schnee und Eis, heute mit noch grünen Wiesen und sich verfärbendem Herbstlaub. Samt St. Michael.
Vielen Dank fürs Lesen.
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