Ich bin ein Star – lass mich hier rein

Es wird Zeit, mal wieder was aus dem Schwimmbad zu erzählen. Und etwas über Menschen. So langsam gerät das hier im Blog nämlich sonst ins Hintertreffen.

Kirby ist ein Star, oder zumindest wäre gern einer. Nennen wir ihn der Einfachheit halber Kirby. Ich kenne niemanden, der so heißt oder sich so nennen lässt, das spricht mich von dem Verdacht frei, einer Person aus meinem persönlichen Umfeld persiflieren zu wollen. Und ein Name vereinfacht Schreib- und Lesefluss enorm.

Doch von Anfang an:
Träge Mittagsstille liegt über dem Schwimmbecken im Hallenbad. Still und ergriffen geht etwas mehr als ein Dutzend Leute seiner Lieblingsbeschäftigung nach: Bewegung im Wasser. Da das Becken geleint und bestimmte Bahnenzuordnungen gelernt sind, ergibt sich folgendes Bild: Die beiden Außenbahnen werden frequentiert von Langsamschwimmern und Wasserwanderern, die im 1,35m tiefen Wasser von einem Rand zum anderen wandern, während die anderen schwimmen.
Auf den drei mittleren Bahnen befinden sich die, die etwas schneller, schnell oder sehr schnell schwimmen. Im Moment immer zu zweit. Man einigt sich: Einer links, eine rechts. Und kommt ein Dritter wird flugs Kreisverkehr eingeführt. Bemerkenswert an diesem Tag: Das Schicksal will es, dass die drei Paarungen, die so entstanden sind eher ungleichgewichtig sind. Immer ein Krauler und ein Brüstler. Wie gesagt: Es herrscht Stille und eine Friedfertigkeit in der Halle, die es zu genießen gilt.

Doch da kommt Kirby. Hager, nicht besonders athletisch, aber dem ersten Augenschein nach ein emsiger und höchst ambitionierter Schwimmer. Ausdauernd betrachtet er vom Rand aus das Geschehen im Wasser. Da will er rein, kann sich aber offenbar nicht entscheiden, zu welcher Paarung er den Dritten geben will. Die Außenbahnen kommen nicht in Frage. Verständlich.
Noch während der Entscheidungsfindungsphase beginnt Kirby mit Dehnübungen und dem Aufwärmen. Das ist gut und richtig, von mir allzuoft sträflich vernachlässigt, das weiß ich selbst.
Die Dehnübungen aber ziehen sich hin. Und sie sind zugleich ein deutliches Signal an alle im Wasser: Ich bin ein Star – lass mich hier rein. Anders kann man es beim besten Willen nicht deuten, denn ein solch demonstratives „Show“-Programm habe ich am Beckenrand noch nie gesehen. Schon gar nicht so ausdauernd lange. Nun ja: Mir soll es recht sein. Während alle im Becken hoffen und Stoßgebete gen Himmel schicken: „Bitte verschone uns, nicht der auf unsere Bahn!“ reihen sich in meiner Zählung Meter an Meter. 20 weitere Bahnen habe ich erschwommen, während Kirby noch immer dehnt. Es wikr fast so, als hoffe er, direkt vom Schwimmbad gecastet und zum Star zu werden wie weiland Carlo Pedersoli alias Bud Spencer oder Johnny Weissmueller. Was Kirby nicht weiß: Casting-Leute klappern keine Provinzhallenbäder mehr ab. Und sein mangels Masse auf 1mm heruntergeraspeltes Resthaupthaar disqualifizieren ihn schon per se.
Haben Sie schon mal einen Tarzan mit Glatze oder Toupet gesehen?
Na eben.
Bei Kirby reicht es nicht mal zum Werbegesicht für Edle Tropfen in Nuss – dazu ist er nicht genug Gentleman.
Mittlerweile bin ich bei knapp 30 Bahnen, die Kirby am Beckenrand stehend verbringt.

Als er endlich fertig ist, stiefelt er zurück zur Sporttasche, fischt seine Schwimmbrille, seine Earplugs und den Pullbuoy heraus. Statt nun flugs ins Wasser zu hüpfen (doch ein Tarzan?) nestelt er geschlagene weitere 10 Bahnen an seiner Schwimmbrille herum, popelt die Earplugs rein, wieder raus, wieder rein. Legt den Pullbuoy nieder, hebt ihn wieder auf, legt ihn wieder hin und…
Dehnt weiter. Seht, schaut. Korrigiert wieder die Brille, geht weg, kommt wieder (auch Tarzan muss mal), richtet die Brille zum wie vielten Mal?
So wird das nichts Kirby.

Längst habe ich mein Pensum erledigt, das Becken verlassen und komme geduscht zurück zu meiner Tasche, da sehe ich Kirby endlich im Wasser. Kraulend. Immerhin. Wenn auch atemberaubend gemütlich. Sein gutes Recht.

Na also.
Geht doch.
Warum nicht gleich so?


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