Ich bin ein Perverser und ein Sadist

Jetzt ist es raus: Ich bin ein Perverser und ein Sadist. Zumindest in den Augen so mancher Follower auf der Twitterspielwiese der sozialen Medien. Und ja: Ich habe es selbst provoziert. Denn am 17.05. pünktlich um 6.59 Uhr entließ ich diesen Tweet in die Weltöffentlichkeit:

7 Uhr. Los geht’s.

Immerhin verzichte ich fünf Ausrufezeiten. So peinlich, pervers oder sadistisch bin ich dann doch nicht.

Dann den Startknopf gedrückt und auf die Sekunde genau um 7 Uhr fräste sich der kleine Elektromäher durch über 20cm hohes Gras. Es war ein Kampf. Natur vs. Zivilisation, der menschliche Wille zu einem raspelkurzen Rasen vs. das ungesteuerte, hemmungslose und vor allem explosionsartige Wachstum auf der winzigen Wiese vor dem Haus.
Als Rasenmähermann (Cineasten verstehen die Anspielung) tobe ich mich vollkommen aus; ganz ohne Drogen, ohne Pierce Brosnan als Mentor, ohne tödlichen Cypersex oder Aggressionen.
Als ich vierzig Minuten später den Kampf gegen das wuchernde Grün beendet habe und zurück ins Haus zum Duschen, Frühstücken und Home Office kehre, hat Twitter ganze Arbeit geleistet.

Was augenzwinkernd gemeint war. Die harmloseren Repliken lassen eine gewisse Anteilnahme für die Nachbarschaft mitschwingen. Andere antworten sogar sehr konstruktiv:

Gleichzeitig belehrt man mich auf Facebook, ob ich nicht dem Gras mit einer Sense zu Leibe rücken wollen oder verweisen auf den mähfreien Mai.
Die Rückmeldungen waren natürlich provoziert – morgens um 7 Uhr mit dem (allerdings eher geräuscharmen Elektro-) Rasenmäher über die Wiese zu schrappen, ist zwar rechtlich in Ordnung, wird aber von den einen als typisch deutsch, von den anderen als Affront gegenüber der langschläferischen Nachbarschaft verstanden. Wobei all diejenigen, die Letzteres annehmen, von den tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort gar nichts wissen: Weder, dass noch vor 6 Uhr die Müllabfuhr bereits lautstark die Biotonnen geleert hat, noch das nebenan in der Werkstatt schon gearbeitet wird und Motorräder donnernd auf die Tankstelle fahren, der Berufsverkehr durchs Dorf rollt, seit über zwei Stunden die Hähne um die Wette schreien usw. usw.
Und langschläfernde Nachbarn, die sich vom sanften Summen und Brummen des Mähers gestört fühlen könnten, haben wir auch nicht. Womit ein erster Teil nachgereichter „Rechtfertigung“ erledigt ist, der zweite schließt sich an, dass der Löwenzahn ausgeblüht ist und für Bienen hunderte von Blüten im Beet nebenan zur Verfügung stehen. Und doch frage ich mich, warum ich überhaupt irgendwelche Erklärungen abgebe. Einfach einen raushauen nach der Devise „Ich will Twitter brennen sehen“ und dann genüsslich mit dem Frühstück die Reaktionen verfolgen.

Ich liebe dieses Spiel in den sozialen Medien mit kleinen, ironisch gemeinten Provokationen – und ich denke, ich kenne die Grenzen des Sag Postbarem im Netz.

Ich bin eben doch ein zumindest kleiner Sadist und ein Perverser.
Nur ein Sadist mähr morgens den Rasen

 

Und jetzt stören Sie mich nicht weiter. Ich muss mähen. Viel mähen…


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