Eines Morgens, in aller Frühe

Der Wetterbericht verspricht beste Voraussetzungen: Morgens Nebel, dann Sonnenschein. Die Nächte sind kalt, das Wasser in den Seen und Weihern, Bächen und Flüssen noch relativ warm – der Nebel steigt auf über den Gewässern wie über den Feldern. Das ist, was ich länger schon mal zu fotografieren versuchen wollte.
Dann beginnt der freie Freitag eben heute sehr früh – aufstehen statt weiterschlafen, rein in die Klamotten, die Kamera geschnappt und ab zum… ja wohin eigentlich?
Schon am Vorabend habe ich die Optionen durchgespielt und mich fürs nah gelegene Schwillachtal samt Wörther Weiher entschieden.
Noch ist es nicht hell, noch dämmert es, als ich das erste Mal anhalte. Auf der anderen Seite des Tals ragt der Turm der Filialkirche St. Ottilia in Taing hinter den Bäumen hervor. Unten an der Schwillach steht der Nebel über den Wiesen.

Taing - Kirche im Nebel

Der Tag bricht an. Es ist, man möge es mir verzeihen, ein wenig ein Jehi Or Moment (יהי אור): Es werde Licht!

Baum auf dem Feld morgens

Mit dem Tag beginnen die Arbeiter am Weiher, die die alte Hütte der Wasserwacht entfernt haben, ihr Tagewerk. Sie sind irritiert, als ich in den Parkplatz einbiege. So früh am Morgen? Was will der wohl hier?

Na was wohl? – Ganz sicher nicht in den Biergarten des Kiosks, von dem ich nicht mal weiß, ob für den nicht ohnehin die Saison endgültig gelaufen ist. Vermutlich nicht, noch stehen die Möbel bereit für Gäste.

Morgens am Biergarten, zusammengestellte Tische und Stühle

Über dem Weiher steht der Nebel, genauso habe ich mir das gewünscht.

Mit zunehmend feuchten Füßen, denn natürlich habe ich nicht daran gedacht, die wasserdichten Wanderstiefel anzuziehen, spaziere ich durchs taunasse Gras am Ufer entlang. Aber wenn die Füße erst mal nass sind, ist es auch egal. Nicht ärgern. Fotografieren.

Wörther Weiher morgens

Wörther Weiher morgens

Morgens - Bäume im Frühnebel

Wörther Weiher morgens

Mein Weg führt mich zu dem Teich, einem Naturschutzgebiet gleich neben dem Schwimmweiher. Empört ob der morgendlichen Störung noch vor dem richtigen Wachwerden, fliegen die Stockenten davon in den hinteren Teil des Weihers, der mehr Schutz und Ruhe verspricht.

Auch hier nebelt es. Es ist eine mystische Stimmung, die schließlich von zwei sich anbellenden Hunden auf ihren Morgenrunden, dann vom einsetzenden Lärm der Bauarbeiten am Weiher nebenan unterbrochen und schließlich empfindlich gestört wird. Ich hole mir Earplugs aus der Tasche und passender Musik übers Handy hole ich mir die Mystik zurück.

Von der kleinen Brücke schaue ich zwei Enten hinterher, die die Schwillach hinab schwimmen – unbeeindruckt von allem in entspannter Gemütlichkeit und trauter Zweisamkeit. Schon allein für diesen Moment hat sich das Aufstehen und Herkommen gelohnt.

Und dann kommt sie, die Sonne, hinter Wörth steigt sie empor und erstrahlt alles.

Und es ward Licht (ויהי אור).

Jetzt wird es Zeit, zum Weiher zurückzukehren, um die Bilder zu machen, für die ich hergekommen bin: Morgens die Sonne, das Wasser und der Nebel. Das geht eben nicht nur wie oft gezeigt an den großen Seen, das geht auch an den kleinen Baggerweihern daheim im Kiesland.
Ich stelle mich auf die Liegewiese am Westufer und warte, fotografiere schließlich wie ein Irrer und kann mich nicht satt sehen.

Wörther Weiher morgens

Die Bilder fangen die Stimmung nur unzulänglich ein. Das ist ihr Nachteil. Ihr Vorteil: Alles, was „stört“, ob Baukran, Hochspannungsleitung und Srommasten, das alles verschweigen sie.

Im Glitzern der Morgensonne kräuselt sich plötzlich das vorher glatte Wasser. Was ist da los?

Unbemerkt von mir sind zwei Frauen gekommen und ins Wasser gestiegen. Ich war zu fokussiert auf die Sonne und habe nichts Anderes mehr wahrgenommen. Die Morgenschwimmerinnen ziehen ihre Bahn im kalten Wasser, das macht kleine Wellen. Fotobombing kann und will ich ihnen nicht vorwerfen, wie könnte ich auch? Aber die spiegelglatte Wasseroberfläche hat mir zum Fotografieren deutlich besser gefallen.
Also packe ich den Objektivdeckel auf die Kamera, es wird ohnehin Zeit, heimzukehren. Und ich habe ja, was ich wollte.
Sogar mehr als das. Und es war gut.


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