Eine Seefahrt die ist lustig (Teil 2): Renate und Gudrun

Wie lustig diese Seefahrt auf dem Comer See, von der ich bereits geschrieben habe, werden würde, wurde mir in dem Moment klar, als Renate und Gudrun das Boot besteigen. Das ist wie ein Sechser im Lotto. Die närrischen Amerikaner Burt und Pamela waren ja schon großartig. Aber mit Renate und Gudrun wird es erst richtig schön…Seefahrt
Ich erkenne sie auf den ersten Blick: Renate in schweren Wanderstiefeln, ebenso ihre Freundin. Beide tragen Cargohosen, Funktionshemden eines Kaffeerösters, die klimafunktional sind und darüber Jacken: Renate eine Schwarze aus Fleece, Gudrun eine lilafarbene Softshelljacke.  Beide sind bestens mit Wanderrucksäcken, kleiner Kamera und Handy ausgestattet. Da kann ja nichts mehr schiefgehen. Alle Klischees sind erfüllt, und als die beiden auch noch anfangen, sich zu unterhalten, spitze ich die Ohren, um nur ja nichts zu verpassen. Zwar ist mir ebenso unbegreiflich, warum man sich auf einem Linienboot mit Bummel in dem netten Städtchen Bellagio so anziehen muss: Aber bitte. Amerikaner verkleiden sich als Ranger, Renate und Gudrun eben als Globetrotter. Entsprechend werden sie dann eben aus der Masse der überwiegend gut gekleideten Italirner herausfallen und für jedermann als Trampel-Touristen erkennbar sein…
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Obwohl sie Renate und Gudrun ihre Männer nicht dabei haben, verspricht das Duo allerbeste Unterhaltung zu liefern. Ob sie allerdings ihre Göttergatten nur im Hotel zurückgelassen haben oder im Herbst eine Weibertour unter Freundinnen machen (ja, so nennen manche Frauen das!), weiß ich nicht – aber ich vermute es.
Kaum sind sie an Bord, wird detailliert besprochen, was man in welcher Reihenfolge in Bellagio ansteuern wird. Dazu hat Gudrun alle wichtigen Informationen aus dem Reiseführer abfotografiert. Gemeinsam starren sie auf ihr Handy, lesen und beratschlagen, welchen Park man sich zuerst vornehmen wird.
Mich erinnert das an einen Theaterbesuch, da saß ein Mann vor uns, der hatte die Seiten aus dem Opernführer kopiert und raschelte fortwährend in den kleinen Umbaupausen mit den zusammengefalteten Zetteln, die er sich immer aus der Sakko-Tasche zog, um zu lesen, wie es im nächsten Akt weiter geht.
Da sind Renate und Gudrun technisch gesehen schon viel weiter. Die Seiten sind schnell abfotografiert, der schwere Reiseführer muss also nicht mitgeschleppt werden… und wer hat heute noch einen Fotokopierer zur Hand, wenn er einen braucht?
„Gar nicht mal so dumm“, denke ich. Fortan werden wir das auch tun: Milano, Bergamo, Vigevano… Klick, Klack. Fertig. Das Schleppen hat ein Ende. Danke für den Tipp. Ist ja nicht so, als seien wir nicht lernwillig.
Nach ausgiebiger Planung will Gudrun schnell noch ein Foto machen. Das hinter ihnen liegende Ufer ist so schön, und dann hat sie auch gleich das Hotel mit drauf und kann es den Daheimgebliebenen später schicken, wenn sie in Bellagio ein WLAN-Cafe finden.
Mehrfach wechseln sie die Plätze, Jaken werden an- dann wieder aus- und dann wieder angezogen.
„Bei dem Wetter weiß man gar nicht…“ legt Gudrun los.
„Zwiebel“, fällt ihr Renate ins Wort. „Von der Zwiebel lernen. Garderobe immer in Schichten.“
Es ist nicht so, dass Gudrun das nicht auch so gewusst hätte. Ihr wird warm, sie zieht ihre Jacke wieder aus.
„Aber wenn Du schwitzt, dann lass sie besser an. Sonst erkältest Du dich am Ende noch, und…“
Bevor Renate ihr belehrendes Verslein zu Ende bringen, dass dann möglicherweise der ganze Urlaub versaut sein könnte, wenn Gudrun verschnupft und in Folge dessen kurzatmig ist, hat diese ihre Jacke abgestreift.
„Ach was!“ unterbricht sie Renates Ausführungen und damit ist das Thema erledigt Es gibt sie also noch, die Widerworte. Renate ist von daheim allerdings anderes gewohnt.

 

„Gudrun hebt die kleine Digitalkamera.
Gegen die Sonne?“ Renate ist nicht überzeugt. „Also ich glaube ja nicht, dass das was wird…“ Mehr sagt sie nicht dazu, nicht schon wieder will sie von Gudrun Contra bekommen. Das verkraftet sie nicht.
Aber Gudrun lässt sich nicht beirren. Sie schießt eine ganze Reihe Bilder – wohl um Renate zu beweisen, dass sie eben doch nicht immer Recht hat. Mit der Hand beschattet sie das sich ein wenig, sonst kann sie ja auf dem Display überhaupt nichts mehr erkennen.

 

Ich habe keine Ahnung, ob Gudruns Bilder etwas geworden sind. Aber ich hoffe es sehr für sie…
Später am Abend werde ich auf der Rückfahrt auch gegen die Sonne fotografieren. Nicht aus Trotz gegen Renate. Denn ich weiß, dass das was wird. Man muss eben die Kamera nur richtig einstellen. Und mit einer Spiegelreflexkamera mit Sucher bin ich sowieso im Vorteil. Da lohnt sich auch die ganze Schlepperei.
Zur Not, liebe Gudrun, kannst Du Dir ja einfach das Bild hier herunterladen.

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