Eine Seefahrt die ist lustig… (Teil 1): Burt & Pamela

Erinnern Sie sich?

Eine Seefahrt, die ist lustig,
eine Seefahrt, die ist schön,
ja da kann man manche Leute
an der Reling knipsen seh’n.

Ein altbekanntes Kinderlied, dass ich ein wenig auf die heutigen Zeiten angepasst habe.
Es geht mir nicht aus dem Kopf, seit ich vor ein paar Tagen eine solche unternommen habe.

Natürlich war das keine Hochsee-Seefahrt sondern nur eine Binnensee-Seefahrt. Knapp zwei Stunden schippert das Linienschiff vom Anleger Torno hinauf nach Bellagio über den Comer See. Das ist ein willkommener Tagestrip, man sieht viel Gegend… Sehr viel Gegend. SeefahrtUnd darum ist es auch so voll auf dem Boot. Zwar ist das ein ganz normaler Linienverkehr, der dem einen oder anderen das Herumgegurke mit dem Auto um den See erspart, das Gros der Mitreisenden aber sind Touristen.
So wie Burt und Pamela aus Lincoln, Nebraska/USA.
Ich habe keine Ahnung, wie es in Lincoln, Nebraska aussieht, wie die Städte dort so sind, wie die Landschaft und wie die Menschen. Aber Burt und Pam wissen im Gegenzug auch nicht annähernd, wie es am Lago die Como in Italien aussieht, wie die Städte so sind, ob es überhaupt welche gibt, und wie die Landschaft in der Lombardei beschaffen ist. Überhaupt wissen die beiden wenig bis gar nichts von Europa. Aber sie reisen hin. Und das macht den Unterschied zu mir aus – ich nämlich reise nicht nach Amerika; und schon gar nicht nach Nebraska. Leider aber ist das Bild, das Burt sich von Europa gemacht hat und nachdem er seinen Koffer gepackt hat, gänzlich falsch.
Europa ist zwar grün und bewaldet, aber alles hält sich in zivilisierten Grenzen. Es gibt überall kleine Städte, selbst am Fuße der Alpen und an dem Ufer des Comer Sees. Von Wildnis keine Spur.
Das hat Burt unterschätzt. Anders ist nicht zu erklären, warum er aufgetakelt wie ein Nationalpark-Ranger, der sich gleich quer durch die Sumpfwälder Floridas schlagen wird, das Schiff besteigt und sich direkt vor mich und seine Frau Pamela direkt neben ihn setzt.

„Das kann ja lustig werden“, denke ich. Und das wird es auch.
Pam, die fortwährend ihre Ray Ban Sonnenbrille rauf und runter schiebt, hat kaum Platz genommen, da geht das Geschnatter schon los. Amerikanerinnen sind Weltmeisterinnen im hysterischen Gekreische und haben nicht selten die passende Stimme dazu – eine schrille:
„Oh – look at this. How beautiful“, entfährt es ihr in einer Lautstärke, die alle umsitzenden Leute aufhorchen lässt; inklusive der kanadischen Reisegruppe etwas weiter vorne an Deck. Pam stört das nicht. Sie ist voller Überschwang und das muss raus.

„Take a picture“, kreischt sie ihren Ranger an, der das iPhone zuckt und eifrig tut, wie ihm geheißen.
„Amazing… beautiful… great“, lobt sie eins ums andere Mal das pittoreske Panorama auf dem See. Sie hat nicht unrecht, das muss ich zugeben. Aber wir alle – inklusive Burt – hätten das auch von ganz allein bemerkt. Es ist einfach schön da.
Vollkommen aus dem Häuschen aber ist Pamela, als das Schiff kurz vor Tremezzo die Villa del Balbianello passiert. Das Gebäude ist nicht ganz unbekannt – es hat als Kulisse mehrerer Filme herhalten müssen, unter anderem wurde dort James Bond – Casino Royale gedreht. Und es war in Star Wars II – Angriff der Klonkrieger zu sehen.  Aber Pam ist anderer Ansicht, was es mit dem Gebäude auf sich hat.


„I am totally sure. This is his house…“ zupft sie den stoisch in die Gegend starrenden Burt am Ärmel. „Take a picture, take a picture“ ruft sie langsam der Schnappatmung verfallend. Dann aber wird sie ruhiger. Burt fotografiert, was das Zeug hält (so wie ich auch).
„I guess, George is not at home“ kommentiert sie enttäuscht und mir wird schlagartig alles klar. Pam glaubt, soeben an George Clooneys Domizil vorbeigeschippert zu sein.

Ob sie wohl geglaubt hat, dass Clooney just in dem Moment, in dem das Boot an seinem Domizil vorbeifährt, nur in Shorts bekleidet den Rasen mäht oder sich gerade einen Kapsel-Kaffee auf die Liege bringen lässt?
Das ist natürlich Unfug. Erstens tut ein Clooney sowas nicht und zweitens ist sein Haus in Laglio, und da sind wir schon lang dran vorbei.
Das hätte sie mit ein wenig Googlen auch allein rausfinden können. So wie Burt auch hätte Google befragen können. Dann hätte er sich vielleicht sein Urwald-Outfit sparen können und sich modestly dressed aufs Boot begeben können.
Aber warum?
Auf der Terrazza des Grandhotels Tremezzo rennen ja auch seine Landsleute wenig angemessen mit kalkweißen, staksigen Beinen, die aus schlabbrigen schwarzen Shorts ragen, auf und ab und betätigen sich sportelnd – eben so gar nicht clooney-like; aber eben auch gar  nicht dschungelaffin.

Nun ja – Ranger wie Brurt braucht es hier jedenfalls nicht.  Clooney zieht sich sicherlich auch weder in dschungelgrün noch schlabberhosig an, wenn er beim Macellaio seine Wurst holen geht.

A propos Clooney
Woher ich so genau weiß, wo Clooneys Villa ist?
Ich habe Google bemüht. Oder was glauben Sie, warum wir mit dem Boot über den See gefahren sind? So lustig ist ja eine Seefahrt auch nicht, dass ich ich stundenlang zwischen Touristen quetsche. Da kann man ja schon mal hoffen, dass George just in dem Moment… – lassen wir das.

Kaum an Land in Bellagio, schießt Burt den Vogel ab.
„Girl, follow me to the map.“ Mit markigen Worten zieht er seine Pamela zu einem großen Stadtplan direkt am Anleger.  „I’ll give you a little education to minimize yor questions.“
Was für eine Ansage – doch ein Ranger! Und was für einer. Und ein Charmebolzen noch dazu.

In Teil 2 treffen wir auf dem selben Dampfer Renate und Gudrun. Endlich. Demnächst in diesem Blog.

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