Der Berg von Fröttmaning – Teil 1: Die Arena und Heiligkreuz zu Füßen
Fröttmaning wäre das erste, was der Besucher von München erblickt, wenn er sich der Stadt von Nürnberg her kommend auf der A9 nähert. Fröttmaning allerdings gibt es nicht mehr. Einst war es ein kleines Dorf auf dem Weg von München nach Freising. In den 30er Jahren wurde es von der rasant wachsenden Stadt eingemeindet, Freimann zugeschlagen und in den 50ern wurde es dem Erdboden gleich gemacht.
Fröttmaning musste weichen, weil München Platz für seinen Müll brauchte. Und so nähert sich der von Norden kommende Autofahrer als allererstes den Mülldeponien sowie den Fröttmaninger Berg, der nun nicht aus Müll wie bei Wikipedia falsch angegeben sondern aus dem Klärschlamm der benachbarten Kläranlage besteht. Als nämlich die Betreiber nicht mehr wussten, wohin damit, der Schlamm aber auch wegen der Schwermetallbelastungen nicht mehr einfach auf die Felder gekippt werden konnte, wurde er mit Kalk vermengt, zu einem Hügel geschichtet und so deponiert. Seit knapp 20 Jahren ist Schluss damit, der Schlamm wird heutzutage verbrannt und dann zur Verdichtung und Abdichtung des Hügels genutzt. Denn der ist immer noch wasserdurchlässig, Regen schwemmt nach wie vor die Inhaltstoffe ins Grundwasser und die nahe gelegene Isar aus. Aber daran wird gearbeitet..
Schon von weiter Ferne kann man das 68 Meter hohe Windrad auf dem Gipfel des künstlichen Berges – lange Zeit war es das Einzige, fast ein Symbol des Trotzes der von der SPD regierten Stadt gegen die hartnäckige Windkraftfeindlichkeit der CSU-Landesregierung. Seit einem halben Jahr gibt es sogar ein weiteres schräg gegenüber. Es steht auch an der A9, auch auf einem Deponiehügel, es thront auf dem Müll.
Seit Dezember komme ich regelmäßig über das Autobahnkreuz A9/A99, durch die lichten Bäume ist mir schnell die eine kleine Kirche und ein Park aufgefallen – beides direkt an der Rampe, der Überleitung von der einen auf die andere Autobahn. Als ich im Netz lese, dass man den Fröttmaninger Berg „besteigen“ kann und von dort aus eine wunderbare Aussicht auf München hat, entschließe ich mich, nach Feierabend dort vorbeizufahren und mir das Ganze aus der Nähe und durch das Kameraauge anzuschauen, denn mit Schwimmen gehen nach Feierabend ist es ja noch immer nichts.
Ich bin sehr überrascht, wie viel es dort zu entdecken gibt.
Natürlich – wie sollte es anders sein – am anderen Ende der Brücke über die Autobahn die 2005 eröffnete Allianzarena, eines der jüngsten Wahrzeichen der bayerischen Landeshauptstadt. Die Arena in der Optik eines überdimensionalen gestrandeten Gummibootes ist auch von der Autobahn von Norden aus zu sehen.
Was noch?
Da wäre der eher unauffällige Gedenkstein für den unglückseligen Mechaniker Heinrich Hannecker, von dem wohl niemand heute irgendetwas mehr wüsste, wäre er nicht 1909 an genau dieser Stelle vom Pferd gefallen. Seine Freunde haben den Gedenkstein errichtet. Im Norden von München schien das vor rund hundert Jahren Usus zu sein, in der Garchinger Heide steht ein Pendant, ebenfalls zur Erinnerung an einen tödlich verunfallten Reiter.
Es sind Vorläufer der heute am Straßenrand stehenden Kreuze für die Unfalltoten im Straßenverkehr. Nur, dass es davon viel, viel mehr gibt.
Im äußersten Norden des kleinen Parks liegt die alte Heiligkreuz-Kirche. Sie ist mein erstes Ziel, das ich mir näher anschauen will. Im 8. Jahrhundert wurde die Kirche schon erwähnt, die Bausubstanz, wie sie sich heute präsentiert, stammt aus dem 11. Jahrhundert. Es ist das letzte und einzige Gebäude des Weilers Fröttmaning, das noch existiert. Die Kirche beließ man als Einzige im Dorf, der Rest wurde abgerissen, um der ständig wachsenden Deponie Platz zu machen.
Leider ist sie nicht geöffnet, vielleicht habe ich bei einem späteren Besuch, den ich mittlerweile eingeplant habe, mehr Glück. Zumindest der Friedhof ist nicht abgesperrt, so schlendere ich zwischen den Gräbern einmal um das spätromanische Bauwerk herum, bewundere, wie liebevoll es in Stand gehalten wird und lasse meinen Blick über Gräber, Grabsteine und Grabkreuze schweifen. Friedhöfe finde ich immer spannend. Ob nun sehr modern wie in Riem oder uralt wie in Dortmund-Syburg.
Es könne ein wunderbarer Ort der Muße, des Friedens und der Besinnung sein, oder ein Ort, in dem man der Phantasie freien Lauf lassen könnte, wäre nicht der fortwährende Lärm der nahen Autobahn.
Friedhöfe sind auch ein Ort des Erinnerns und Gedenkens, wüsste man nur wer unvergessen bleibt und wer in Frieden ruhen soll. Mich beschleicht das Gefühl, dass da jemand für die ganze Familie schon eine Gruft in Vorbereitung hat und die Namen später nur flugs ergänzt werden müssen.
Nahe der Kirche, direkt an der Autobahnüberleitung steht ein alter Opferstock. Hier brausen die Fahrzeuge in nicht mal mehr 20 Metern hinter der Sammelstelle für Almosen vorbei, fast meint man, noch ein zwei Schritte, dann fahren sie einem über die Füße, ein Maschendrahtzaun verhindert allerdings, dass man zu weit geht. Sonst könnte man, sofern ortsansässig den nächsten Namen für einen Grabstein liefern
Ich persönlich halte es trotz dieses zauberhaften Ortes für sehr wahrscheinlich, dass Spiritualität oder Kontemplation, so man diese hier in Fröttmaning suchen will, zu finden ist…
Vielen Dank fürs Lesen.
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klar die Aufnahmen kommen einem schon sehr bekannt vor ! Wer hat die Allianz-Arena noch nie von der Autobahn so gesehen ? Vermutlich keiner !
Das hier aber mal ein Ort gestanden ist, das wusste ich auch nicht ! Ist aber ja auch in der 50ern verschwunden. Interessant mal zu lesen !