Challenge 2017 (Teil 9): Wenn es Nacht wird…
Der Reiz des Schwimmens bei Vollmond ist riesig.
Mit Schwimmen hat das Ganze freilich weniger zu tun, aber es ist unglaublich faszinierend, unter dem silbrigen Schein des Mondes in das dunkle, fast schwarze Wasser zu steigen und eine vorher festgelegte Strecke zu schwimmen, sofern man seinen Weg überhaupt findet.
Zwar sind nüchtern betrachtet die Herausforderungen, nachts schwimmen zu gehen, nicht wesentlich anders als tagsüber, trotzdem ist es ein kolossaler Unterschied. Es geht, das liegt in der Natur der Sache, ums Sehen und Gesehen werden, bzw. Kaum-mehr-was-sehen und Gar-nicht-mehr-gesehen-werden. Selbst wenn der Mond vom Himmel leuchtet, ist es nachts im Wasser nicht nur schwer, sich zu orientieren, es ist auch enorm schwer, einen Mitschwimmer im Auge zu behalten.
Das Ufer verschwimmt zu Konturen, Start und Zielpunkte sind kaum mehr auszumachen, wenn sie nicht besonders markant sind. Die kleine Unterwasserkamera scheitert nahezu bei jedem Bild.
Und ob man es zu verhindern sucht oder nicht: Von der sonst so gewohnten Souveränität im nassen Element geht Einiges verloren. Was sonst so vertraut ist, zeigt sich düster, fremd, etwas bedrohlich. Man fühlt sich dem Wasser irgendwie noch mehr ausgeliefert als sonst. Und da Kopfkino liefert die entsprechenden Bilder.
Für das diesjährige Vollmondschwimmen wählen Herbert und ich den Kronthaler Weiher, den wir bestens kennen. Potentielle Gefahrquellen gibt es nicht: Weder Schiffsverkehr, der uns übersehen könnte noch Strömungen oder Strudel. An Wassergeister oder nachtaktive Untiere, die uns unvermittelt bedrohen können, glauben wir nicht. Wir gehen vollkommen auf Nummer Sicher.
Das gilt übrigens auch für die Planung. Da wird nichts dem Zufall überlassen. Mondkalender werden studiert, allerlei esoterischer Unfug, der bei der Google-Suche plötzlich auf dem Bildschirm war, wird weggeklickt und dann wissen wir: Vollmond ist am Montag, 07. August 2017 – genau um 20.11 Uhr. Da ist es aber noch hell, werden wir also, bis wir im Wasser sind, eine Winzigkeit vom vollen Mond nicht sehen. Der geht sowieso in unserer Region erst um 20.31 Uhr auf, also neun Minuten nachdem die Sonne untergegangen ist. Noch bevor es dunkel wird, „krabbelt“ der Mond samt partieller Mondfinsternis am Firmament hoch. Wir sehen ihn auf der Hinfahrt über den Feldern. Am Weiher aber bleibt er, als wir uns am Südufer umziehen, hinter der Baumkante in Deckung.
Von den Fehlern des Vorjahres lernen wir auch gleich, nur um das noch zu erwähnen. Also schwimmen wir im Neoprenanzug, nachts ist es immer schon kälter gewesen als draußen. Das hätte es zwar nicht unbedingt gebraucht, das Wasser ist angenehm warm, aber nun ist das auch nicht mehr zu ändern.
Statt der getönten Schwimmbrille bin ich dieses Mal mit der klaren Aquasphere Vista am Start. Alles andere wäre ja auch vollkommen bescheuert, so, als führe man nachts mit Sonnenbrille durch die Stadt. Dass die Enden der Silikonriemen kreuz und quer abstehen, ist ein ästhetischer Minuspunkt, aber die Riemchen in die Halterung zu fummeln ist mir jetzt auch zu blöd. Wir wollen endlich schwimmen.
Und das machen wir nur zu zweit. Niemand ist im Wasser. Auf der Liegewiese lagern noch immer ein paar Teenager, die uns kostenlos mit irgendetwas, was sie wohl Musik nennen würden, beschallen. Auf einer Bank sitzt ein Pärchen, intensiv mit sich selbst beschäftigt. Ein paar späte Radfahrer, sogar ein Nachtjogger, aber niemand schwimmt.
Außer uns.
Wir orientieren uns an dem Scheinwerfer des Kieswerks, sein Licht ist eines der wenigen am Ufer. Wir halten direkt darauf zu.
Vom Wasser ist dann endlich auch der Mond in seiner vollen Größe und Schönheit zu sehen. Fotografieren lässt sicher der Lump hingegen kaum, zumindest nicht mit meiner kleinen Kamera. Die ist vollkommen überfordert. Na gut, dann ist das eben so, dann eben ein mieses Bild. Hauptsache ist, der Mond ist drauf:
Wieder beweist es sich, wie wenige Züge ich im Dunkel brauche, um vollkommen vom Kurs abzukommen. Im Zickzack nähern wir uns dem Kieswerk und dem Ufer davor.
Schaffen wir es, auf dem ersten Teilstück, noch einigermaßen parallel zu schwimmen, verlieren wir uns schließlich doch. Immer wieder halte ich an, versuche, Herbert auszumachen, aber er ist einfach nicht mehr zu sehen. Manchmal hört man das Plätschern seiner Schwimmzüge, dann wieder nichts. Er hält auch immer wieder an und schaut sich nach mir um, keine Chance. Klar: Wir könnten uns jetzt anhand von Rufen versichern, dass wir noch da sind und wo wir sind: Aber Geplärr übers Wasser würde jetzt den ganzen Schwimmabend kaputt machen. Also lassen wir das.
Wir haben ja ausgemacht, wie wir schwimmen wollen, die Orientierung kann man im Weiher nicht wirklich verlieren, nach spätestens 500 Metern ist man an irgendeinem Ufer, dem man nur folgen muss. Keine Gefahr. Für niemanden.
Wir treffen wir uns am Ende am Südufer bei unseren Taschen wieder. Eine Dreiviertelstunde waren wir im Wasser. Mit schwimmen hatte das – wie eingangs erwähnt – nicht allzu viel zu tun. Aber das sollte es auch nicht. Es sollte etwas Besonderes sein, nicht nur stupides Bahnen schwimmen, nicht nur Kilometer im See kloppen. Es sollte Spaß machen und uns wieder mal beweisen, wie großartig Vollmondschwimmen ist.
Hat bestens funktioniert.
Wir sind ja so eventsüchtig…
Alle Aufgaben im Überblick:
Erledigt: 5.000 am Stück, Fremdes Hallenbad, Erster im Erdinger Freibad, Fremdes Freibad, Tegernsee statt Ammersee, Langbürgner See, Chiemsee Extratour, Vollmondschwimmen, 4 neue Seen: Notzinger Weiher, Bibisee, Starnberger See,
Noch offen: Jahressoll 455 km / Rollwende üben / 4 neue Seen – einer noch / Chiemsee-Querung / Drei Badehosen wegschmeißen / Goldene Stunde
Vielen Dank fürs Lesen.
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Die Bilder sind doch schön und die besten Bilder hast du eh im Kopf. Schöner Text, da werde ich gleich wehmütig …