16.04.2025 Fastenkalender (43): Panzerechse hinter Panzerglas
Manchmal bin ich richtig froh – zentimeterdickes Panzerglas trennt das Philippinen-Krokodil von mir. Zwar gehört es zu den kleineren Krokodilarten, auf Tuchfühlung möchte ich mit dem „aufgepeitschten“ Tier dennoch nicht gehen. Denn gerade erst wird es von den Tierpflegern gefüttert. Unglaublich, wie schnell Leben in dieses vorher noch träge unter der Wärmelampe liegende Panzerechse kommt.
Zoos, Tierparks, Aquarien… etc. bieten eine gute Gelegenheit, Tiere, die man wahrscheinlich sein ganzes Leben nicht zu Gesicht bekommen würde, zu betrachten und zu fotografieren. Viele stammen aus Regionen, die nicht bereisbar sind, aus kaum zugänglichen Lebensräumen und/oder sie stehen auf der Roten Liste vom Aussterben bedrohter Arten. Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob Zootierfotografie noch Wildtierfotografie ist. Dazu habe ich vor einigen Jahren ein paar Gedanken in meinem Blog veröffentlich, nachzulesen hier. So wie man ebenso trefflich darüber diskutieren mag, ob Zoos und Co. ethisch verantwortlich sind, eine Diskussion, die von Tierrechtler:innen immer wieder neu aufgemacht wird, allen Nach- und Erhaltungszuchtprogrammen zum Trotz, und auch allen Versuchen, die Tierarten, deren Lebensräume fast vollkommen zerstört sind, vom Aussterben zu bewahren. Dass im Kölner Zoo nachgezüchtete Philippinen-Krokodile zur Stärkung der Populationen wieder ausgewildert werden, wird dabei vollkommen unter den Teppich gekehrt.
Und dass die meisten aufwendig sanierten Zoos westeuropäischen Standards enorm in die Gehegegestaltung investieren, Artenzahlen verringern, um Platz zu schaffen und mittlerweile weit weg von den Freakshows vergangener Jahrzehnte sind, ebenso. Aber es ist müßig darüber zu diskutieren, denn die Dogmatiker:innen des Tierrechts sind ohnehin für keinerlei Argumente empfänglich.
So bestaune ich also die Panzerechse hinter Panzerglas, fotografiere wie ein Irrer im Gedränge und Geschiebe vor dem Gehege, denn ich bin beileibe nicht der Einzige, der Bilder macht, wenn auch einer der wenigen mit Kamera.
Und während auf der einen Seite des Panzerglases das Reptil bereits getöteten Ratten, die am Haken bewegt werden, um den Jagdreflex auszulösen, hinterher schnappt, drücken sich auf der anderen Seite die Besucher:innen rüde beiseite für das eine Bild, das sie unbedingt machen wollen: Aus der ersten Reihe, allen anderen als Fotobomber mehr oder weniger die Sicht versperrend. Und sie rücken auch nicht einen Zentimeter beiseite, wenn sie ihre Bilder gemacht haben. Warum auch? Sie haben ihre Pole Position vor dem Panzerglas schließlich ehrlich erkämpft. Und wer kann schon wissen, ob man das Beste nicht verpasst, weil man frühzeitig diesen Platz aufgibt und etwas zur Seite rückt.
So ist es eigentlich immer, wären die Panzerechsen in den Gehegen nicht voneinander durch schwere Gitter getrennt, wäre es auf der anderen Seite des Glases wohl auch nicht anders.
Alle bisher veröffentlichten Beiträge im Fastenkalender 2025 finden Sie unter der angegebenen Rubrik oder unter diesem Link.
Kommentare unter diesem Beitrag sind herzlich willkommen.
Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann
Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.